Gerda Luft

Gerda Luft, geb. Goldberg (* 20. April 1898 in Königsberg; † 12. Mai 1986 in Tel Aviv),[1] war eine deutsch-israelische Journalistin und Schriftstellerin, die 1924 von Deutschland nach Palästina auswanderte und in Israel eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens wurde.

Leben vor der Auswanderung

Als jüngstes Kind von fünf Geschwistern verbrachte Gerda Luft in Königsberg ihre Jugend. Dort besuchte sie die Volksschule und die Luisenschule, das erste Mädchengymnasium in Ostpreußen.[2] Ihre Eltern stammten aus Galizien, wo ihr Vater in einem „streng orthodoxen“, jiddisch sprechenden Haushalt aufwuchs und ihre Mutter auf einem der großen Güter, die „wohlhabende Juden in Galizien besaßen“.[3] Der zunehmende Antisemitismus im zaristischen Russland war der Grund für die Flucht nach Ostpreußen. Dort arbeitete der Vater schließlich als selbstständiger Kaufmann.[4] Nach dem Abitur studierte sie an der Königsberger Universität Medizin und wollte Ärztin werden.[5] 1919 ging sie nach Berlin. „Ohne Geld, ohne Menschenkenntnis, ohne Verbindungen und mit einem grenzenlosen Vertrauen in die Zukunft“ war ich bereit, „zu arbeiten, zu lernen und zu genießen“.[6] In Berlin lernte sie Viktor Chaim Arlosoroff kennen, einen jungen Dichter, der Nationalökonomie studierte und Anhänger des Zionismus war.[7] Noch vor dem Physikum wechselte Gerda Luft ebenfalls zur national-ökonomischen Fakultät und studierte Nationalökonomie.[8] Bei Werner Sombart begann sie mit einer Doktorarbeit über den „Begriff des Fortschritts“. Die Arbeit wurde von Sombart angenommen, jedoch verzichtete sie auf das Doktorexamen und den Doktortitel, weil „akademische Titel ein bourgeoises Vorurteil seien“.[9] 1919 heiratete sie Arlosoroff. Im gleichen Jahre wurde ihre Tochter Schulamit geboren.[10] In Peine bei Hannover absolvierte sie auf einem Landgut eine landwirtschaftliche Ausbildung zur Vorbereitung auf die Auswanderung nach Palästina (Hachscharah).[11]

Leben nach der Auswanderung

Nach fünf Semestern Medizin, sechs Semestern Nationalökonomie und acht Monaten landwirtschaftlicher Ausbildung ging es 1924 mit der 4½ Jahre alten Tochter und Chaim Arlosoroff nach Palästina.[12] Ein zufälliges Treffen mit Pinchas Rosen, damals noch Felix Rosenblüth,[13] Ende 1924 begründete ihre Karriere als Journalistin. Pinchas Rosen konnte sie für den Job als Palästina-Korrespondentin für die Jüdische Rundschau überzeugen.[14] Vierzehn Jahre lang beeinflusste sie wesentlich das Palästinabild der deutschen Zionisten.[13] Es folgte die Scheidung von Arlosoroff und die Heirat mit Zwi Luft. 1931 kam ihr Sohn Eli zur Welt.[15] Mit dem Ende der Jüdischen Rundschau – 1938 von den Nazis verboten – und dem Ende der Jüdischen Welt-Rundschau 1940 begann ihre Mitarbeit an dem noch jungen Mitteilungsblatt.[13] Bis zu ihrem 60. Lebensjahr arbeitete sie für die Jerusalem Post und „noch fast ein Jahrzehnt weiter“ für die Neue Zürcher Zeitung. Außerdem war sie für den Hessischen Rundfunk in Frankfurt und den Rheinischen Merkur in Köln tätig.[16] Eine weitere und wichtige Station war die Tätigkeit als Korrespondentin für den London Economist.[17] Für die Arbeiterzeitung Davar schrieb sie viele Jahre Buchbesprechungen.[18]

Veröffentlichungen

  • Heimkehr ins Unbekannte. Eine Darstellung der Einwanderung von Juden aus Deutschland nach Palästina vom Aufstieg Hitlers zur Macht bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, 1933–1939, mit einem Vorwort von Willy Brandt, Peter Hammer-Verlag, Wuppertal 1977, ISBN 3-87294-106-2.
  • Mitgestalter Israels: Die Jeckes. Was Israel den Juden aus Deutschland verdankt, in: MERIAN Israel, Hoffmann und Campe, Hamburg 1978, ISBN 3-455-27812-4.
  • Chronik eines Lebens für Israel. Edition Erdmann in K. Thienemanns Verlag, Stuttgart 1983, ISBN 3-522-65090-5.

Einzelnachweise

  1. Renate Heuer: Bibliographia Judaica: Verzeichnis jüdischer Autoren deutscher Sprache. Band 4. Kraus, München 1996.
  2. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 12
  3. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 13
  4. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 15.
  5. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 45f.
  6. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 49.
  7. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 51f.
  8. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 57.
  9. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 70
  10. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 58.
  11. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 64ff.
  12. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 71f.
  13. Walter Gross: Die Doyenne der israelischen Journalistik. Gerda Luft zum 80. Geburtstag; in: MB (Mitteilungsblatt), Wochenzeitung des Irgun Olej Merkas Europa, 21. April 1978, S. 15.
  14. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 104
  15. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 131
  16. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 186.
  17. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 171.
  18. Gerda Luft: Chronik eines Lebens für Israel, 1983, S. 162.
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