Georges Oltramare
Georges Oltramare (genannt Géo Oltramare[1]; * 17. April 1896 in Genf; † 16. August 1960 ebenda) war ein Schweizer Politiker der rechtsextremen Union nationale.
Biografie
Georges Oltramare betrieb Jura-Studien in Genf, war als Steuereinnehmer in Bukarest, als Journalist und im Pressedienst des Völkerbundes tätig. Er schrieb für die Genfer Zeitung La Suisse und war von 1923 bis zu ihrem Verbot 1940 Herausgeber der Satirezeitschrift Le Pilori. Im Jahr 1927 erhielt er für seinen Roman Don Juan ou la solitude den Welti-Preis von 3000 Franken.[2] 1930 gründete er die faschistische Partei Ordre Politique National,[3] diese fusionierte 1932 mit der etwas weniger rechts positionierten Union de défense économique zur Union nationale. Ihre Agitation war antisemitisch und antimarxistisch.[3] Das erklärte Ziel war ein autoritäres und korporatistisches System.[3] Mit Grauhemden und Baskenmützen wurde durch Genf paradiert.[3] Eine von ihm organisierte Veranstaltung führte zu den Unruhen von Genf 1932. Von 1933 bis 1936 gehörte er als Gründer der Union nationale dem Genfer Grossrat an.
Im Juni 1934 beteiligte er sich mit Eddy Bauer von der Gruppe Ordre national neuchâtelois an der Demonstration der Ligue des patries romandes in Yverdon.[1] Von 1936 bis 1938 war Oltramare mehr als zehnmal zu Besuch bei Benito Mussolini. 1940 liess er sich im besetzten Paris nieder, wo er zunächst die Leitung einer von der deutschen Besatzungsmacht herausgegebenen Zeitung übernahm und danach auch im Radio und für andere Zeitungen tätig wurde. 1944 floh er mit der Vichy-Regierung an den Exilstandort Sigmaringen. Am 21. April 1945 wurde er von den Alliierten festgenommen und an die Schweiz ausgeliefert.
Der rechtsextreme Oltramare wurde 1947 vom Bundesgericht wegen Vergehen gegen die Unabhängigkeit der Schweiz zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt; 1950 verurteilte ihn ein Gericht in Paris in Abwesenheit wegen Kollaboration zum Tode.
Oltramare wurde auf dem Friedhof Petit-Saconnex in Genf neben seinen Eltern und seinem Bruder begraben.
Familie
Sein älterer Bruder André Oltramare (1884–1947) war Altphilologe, sozialdemokratischer Politiker und Lebenspartner der Philosophin Jeanne Hersch.
Literatur
- Mauro Cerutti: Oltramare, Georges. In: Handbuch des Antisemitismus, Band 2/2, 2009, S. 598 f.
- Jean-Noël Cuénod: De l’assassinat de Sissi à l’acquittement de Mikhaïlov: un siècle de procès à Genève. Genf 1999.
- Michael Gautier: Georges Oltramare. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Maria Keipert (Redaktion): Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945. Herausgegeben vom Auswärtigen Amt, Historischer Dienst. Band 3: Gerhard Keiper, Martin Kröger: L–R. Schöningh, Paderborn u. a. 2008, ISBN 978-3-506-71842-6, S. 406 f.
Weblinks
- Publikationen von und über Georges Oltramare im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- Raymond Spira: «Ce soir à 20 heures les Fascistes…» – Les événements du 18 septembre 1934 à La Chaux-de-Fonds (= Collection Découverte. Nr. 1). Éditions Alphil, Neuchâtel 2014, ISBN 978-2-88930-004-4, S. 25.
- Minerva-Zeitschrift, 1927, Seite 268.
- Christian Koller: Vor 90 Jahren: Die «Blutnächte» von Zürich und Genf. In: Sozialarchiv Info. Nr. 2/2022. Schweizerisches Sozialarchiv Zürich, ISSN 2673-9542, S. 46–58, hier S. 52.