Georg Wilhelm Müller (SS-Mitglied)

Georg Wilhelm Müller (* 29. Dezember 1909 in Königshütte, Oberschlesien; † 30. April 1989 in Hamburg), häufig G.W. Müller genannt, war ein deutscher nationalsozialistischer Studentenführer, Propagandist, SS-Oberführer und enger Mitarbeiter von Joseph Goebbels.

Georg Wilhelm Müller in der Uniform eines SS-Oberführers im November 1944

Leben

Nach dem Abitur am Kaiser-Friedrich-Gymnasium (heute Heinrich-von-Gagern-Gymnasium) in Frankfurt am Main studierte er seit 1929 Jura an den Universitäten in Rostock, Marburg und Kiel, ab 1930 in Frankfurt.[1] Seine nationalsozialistische Tätigkeit verhinderte eine angestrebte soldatische Laufbahn.[1] Er wurde am 29. Dezember 1927 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 74.380). Zuvor war er seit 1926 in der SA aktiv, verließ die SA jedoch Ende 1930 zugunsten der SS (SS-Nr. 3554).[1]

Als Führer des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes an der Universität Frankfurt am Main und ab 1933 als selbsternannter „Führer der Studentenschaft“ war er maßgeblich für die Nazifizierung der Universität 1933 verantwortlich. Der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund hatte zuvor die Universität Frankfurt als „Hochburg jüdischer Frechheit und marxistischer Unverschämtheit“ bezeichnet,[2] und Müller ging deshalb besonders fanatisch vor, um die „verjudete und liberale“ Universität Frankfurt rigoros zu säubern.[3] Unter anderem wurden Studenten zwangsweise in die SS oder SA eingegliedert. Müller beklagte, dass die Mehrheit der Frankfurter Studenten zum Zeitpunkt der Machtergreifung „indifferent oder marxistisch“ waren.[4] Im Mai 1933 organisierte Müller zudem Aktionen gegen jüdische Anwälte am Oberlandesgericht Frankfurt am Main[3], wo er seinerzeit Rechtsreferendar war.

Von 1934 an machte er Karriere in der Pressearbeit der NSDAP, zunächst als Pressereferent bei der Gauleitung Hessen-Nassau. Joseph Goebbels schrieb am 27. November 1936 in sein Tagebuch über ihn: „Heißt zwar Müller, aber macht einen guten Eindruck.“[5] Anfang Dezember 1936 wurde er persönlicher Referent von Goebbels im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda (RMVP) und galt als besonders enger Vertrauter seines Chefs. Müller galt als „fanatischer Nationalsozialist“[6] und als „besonders strammer alter Kämpfer.“[7]

Müller stehend bei Pressegespräch von Vidkun Quisling (rechts), Berlin, 14. Februar 1942

Während des Zweiten Weltkrieges war er von April 1940 bis März 1945 Leiter der Hauptabteilung für Volksaufklärung und Propaganda im Reichskommissariat Norwegen, zunächst als Ministerialrat und ab 1943 als Ministerialdirigent.[8] Er wurde 1943 Oberführer der Allgemeinen SS und war Untersturmführer der Waffen-SS.[9] Im März 1945 wurde Müller aus Norwegen abberufen „um als Sonderbevollmächtigter Goebbels zum Stab des neuen Oberbefehlshabers West, Albert Kesselring, zu stoßen“.[10]

Nach Kriegsende wurde Müller im Juni 1945 in Hamburg verhaftet, nach Oslo überstellt und danach interniert. Gegen Müller wurde ein Verfahren durchgeführt, da er „sich zahlreicher Delikte gegen die norwegische Zivilbevölkerung schuldig gemacht“ hatte. Müller wurde freigesprochen, da seinerzeitige NS-Kollegen aus Furcht vor Vergeltungsaktionen die Aussage verweigerten.[11] Nach Deutschland rücküberstellt wurde er 1948 aus dem Internierungslager Fallingbostel entlassen. Im August 1948 wurde er bei der Entnazifizierung als Mitläufer eingestuft.[12] Er war nach dem Krieg als Geschäftsmann in Hamburg tätig[13], seine genaue Tätigkeit ist unbekannt.[12]

Er war verheiratet mit Lotte Müller, die ebenfalls überzeugte Nationalsozialistin war.

Auszeichnungen

Werke

  • Joseph Goebbels und Georg Wilhelm Müller (Hrsg.): Wetterleuchten: Aufsätze aus der Kampfzeit, 2. Band „Der Angriff“. Zentralverlag der NSDAP., F. Eher Nachf., München 1939
  • Georg Wilhelm Müller: Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda. In: Schriften zum Staatsaufbau, Heft 43. Junker und Dünnhaupt, Berlin 1940, 40 Seiten

Literatur

  • Petra Bonavita: Die Karriere des Frankfurter NS-Studentenführers Georg-Wilhelm Müller. In: Nassauische Annalen, 115, 2004, S. 441–460
  • Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 379.

Einzelnachweise

  1. Bernd Heidenreich, Sönke Neitzel: Medien im Nationalsozialismus. Verlag Ferdinand Schöningh, 2010, ISBN 978-3-506-76710-3, S. 70–80
  2. Frankfurter Wissenschaftler zwischen 1933 und 1945, S. 240
  3. Medien im Nationalsozialismus S. 70
  4. Gerda Stuchlik: Goethe im Braunhemd: Universität Frankfurt, 1933–1945. Röderberg-Verlag, 1984, S. 123
  5. Goebbels Tagebücher [Reuth], Bd. 3, S. 1013
  6. Hannes Lewalter: „Der Kampf ist hart. Wir sind härter!“ – Die Darstellung deutscher Soldaten im Spiegel der Bildpropaganda beider Weltkriege und die Konstruktion des „Neuen Helden“. Dissertation, Universität Tübingen 2010, S. 181 (DNB)
  7. Wilfred von Oven: Wer war Goebbels?: Biographie aus der Nähe, S. 312, Herbig, 1987
  8. Norsk krigsleksikon 1940–1945. Cappelen, Oslo 1995, ISBN 82-02-14138-9, S. 280, urn:nbn:no-nb_digibok_2010113005006 (Zugriff nur mit IP-Adresse aus Norwegen)
  9. Robert Bohn: Reichskommissariat Norwegen: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft. Oldenbourg Verlag, 2009, ISBN 978-3-486-59608-3, S. 63 (google.de [abgerufen am 10. Januar 2020]).
  10. Robert Bohn: Reichskommissariat Norwegen: »Nationalsozialistische Neuordnung« und Kriegswirtschaft. Oldenbourg Verlag, 2009, ISBN 978-3-486-59608-3, S. 120.
  11. Stein Ugelvik Larsen: Ahndung des Unvorhersehbaren. Die strafrechtliche Aufarbeitung deutscher Kriegsverbrechenin Norwegen. In: Norbert Frei (Hrsg.): Transnationale Vergangenheitspolitik. Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Wallstein, Göttingen 2006, S. 388f.
  12. Petra Bonavita: Nichtarier werden gebeten, den Hörsaal zu verlassen. In: Forschung Frankfurt 1-2004. Goethe-Universität Frankfurt am Main, Februar 2004, abgerufen am 10. Januar 2020.
  13. Oddvar Munksgaard, Sven Dysthe: Gestapo-kameraten. Gyldendal Norsk Forlag, Oslo 1973, S. 178
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