Georg Wilhelm Henkel

Georg Wilhelm Henkel (* 13. November 1861 in Breitenworbis; † 11. Januar 1934 in Bad Orb) war ein deutscher Lehrer, Kirchenmusiker und Komponist.

Georg Henkel

Leben, Werdegang, Familie

Henkel wurde als fünftes von zwölf Kindern des Bauern und Schöffen Johannes Henkel (1822–1898) und seiner Ehefrau Maria Anna Petri (1829–1906) in Breitenworbis im thüringischen Landkreis Eichsfeld geboren. Auf seine Erziehung hatte seine Mutter großen Einfluss; sie war Enkelin des Lehrers und Organisten Andreas Josef Adam. Seine musikalische Begabung führte Georg Henkel zum Lehrerseminar in Heiligenstadt. Dort spielte die musikalische Erziehung eine große Rolle. „Die zukünftigen Volksschullehrer sollten befähigt werden, Kantoren- und Organistendienste auszuüben“.[1] Ein Schwerpunkt dieser musikalischen Erziehung mögen die Präludien und Fugen Bachs gewesen sein. „Im Nachlass Henkels befindet sich ein Band Präludien und Fugen von Johann Sebastian Bach. An handschriftlichen Eintragungen ist zu erkennen, dass sich Henkel, wohl während seiner Ausbildung in Heiligenstadt, mit diesen Werken befasst haben musste, z. B. Präludium und Fuge in D-Dur.“[1]

Henkel heiratete am 29. September 1884 in der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein die ebenfalls aus dem Eichsfeld stammende Elisabeth Kohl (16. Mai 1855 – 24. März 1919). Das Ehepaar hatte insgesamt sechs Kinder. Georg Henkel starb am 11. Januar 1934 in Bad Orb.

Berufliche Tätigkeit

Unmittelbar nach der Ausbildung in Heiligenstadt trat Henkel 1881 seine erste Stelle als „katholischer Volksschullehrer“[1] an der bereits 1835 gegründeten Volksschule in Eschwege an. Dort war er fünf Jahre tätig. Von Eschwege zog er im Mai 1886 zurück in seinen Heimatort Breitenworbis und dann weiter nach Fulda. Hier unterrichtete er „an einer Schule dicht bei der Severikirche“.[2] Da er eine kirchenmusikalische Laufbahn anstrebte, besuchte er 1887 die Kirchenmusikschule in Regensburg. Danach bewarb er sich, am 4. August 1887 (erfolglos) um eine Stelle als Chorleiter beim Domkapitel in Fulda. Nach dieser Absage musste er sich weiterhin dem Schuldienst widmen. Wohl noch Ende 1887 oder Anfang 1888 erhielt Georg Henkel an der Volksschule in Bad Orb zunächst eine Vertretung, später eine feste Stelle. Das Lehrergehalt besserte er mit Klavierunterricht auf. Spät, erst nach 30 Jahren Wartezeit, erhielt Georg Henkel 1919 auch noch die Organistenstelle an der St. Martinskirche in Bad Orb. Die Pfarrer in der Zeit waren Adolf Dehler und Alfons Maria Lins[3]. Jetzt gründete er den ChorCäcilia“.[4] Damit begann auch musikalisch eine ganz neue Schaffensphase.

Musikalisches Schaffen

Ehrentafel für Georg Wilhelm Henkel

Seine ersten musikalischen Spuren hinterließ Georg Henkel in Eschwege, wo er wahrscheinlich in der katholischen Kirche die Orgel spielte.[4] Ein weiterer Hinweis findet sich zum Zeitpunkt der Einweihung eines Neubaus der katholischen Schule in Eschwege, am 24. Oktober 1883. Bei diesem Anlass trug Henkel „mit anderen zur musikalischen Unterhaltung bei“.[4] In den ersten Jahren entstanden vor allem kleinere Klavierkompositionen und Lieder für Sologesang mit Klavierbegleitung.[5] Wegen seiner Dirigententätigkeit kamen dazu bald auch Lieder für Männerchöre. Diese weltlichen Kompositionen sind meistens im Musikverlag von Carl Gottlieb Röder in Leipzig veröffentlicht worden. Manchmal benutzte er dabei das Pseudonym „Georg vom Eichenfeld“ – ein Hinweis auf seine Herkunft aus dem Eichsfeld. Im öffentlichen Leben seiner neuen Heimat Orb stellte Henkel vielfältig seine musikalischen Fähigkeiten zur Verfügung. So gründete er eine Gesangsgruppe, ein Laienorchester und leitete den traditionsreichen Gesangsverein „Liedertafel“.[6] Auch um die Anfänge der Kurmusik machte er sich verdient. Hier einzuordnen sind die Orchesterpartituren einiger Märsche. Sie weisen auf die Tätigkeit Henkels bei dem Aufbau der Kurmusik hin. Aus der Partitur ist zu entnehmen, dass das Kurorchester aus zwei Hörnern, zwei Trompeten, einer Posaune, Schlagwerk, 1. und 2. Violine, Violen, Celli und dem Kontrabass bestand.[7] Das Kurorchester seiner Zeit war also wesentlich größer als in späteren Zeiten.

Es war eine glückliche Fügung, dass nach Henkels Tod sein Notenarchiv an seinen musikkundigen Enkel Alphons Engel gelangte. Dieser konnte die Werke entsprechend ein- und zuordnen. Erleichtert wurde diese Aufgabe durch den Umstand, dass Georg Henkel seine Stücke durchnummeriert hatte. Sein Opus 1 ist ein kirchenmusikalisches Werk, ein vierstimmiger Choral mit dem Titel „Allmächtiger Gott, wir bitten dich“, der für den Schluss einer Andacht bestimmt ist. Es könnte noch aus der Regensburger Zeit stammen.[4] Diesem Erstlingswerk folgten im Laufe seines langen Schaffens noch ca. 20 weitere kirchenmusikalische Werke. Darunter fünf Ordinariumsmessen und vierzehn Proprienmessen. Sie liegen meist, im Gegensatz zu den vielen weltlichen Kompositionen, nur handschriftlich vor. Henkels letzte Stücke sind wieder weltliche Lieder für Männerchöre. Sein allerletztes Werk mit der Nummer 127 mit dem bedeutungsvollen Titel „Am Horizont die Sonne sinkt“ liegt nur handschriftlich vor. Vielleicht nahm der Komponist mit ihm ahnungsvoll Abschied von dieser Welt.[8]

Nachwirkung

Ein besonderes Zeugnis der Verbundenheit mit seiner zweiten Heimat Bad Orb und dem Spessart legt Georg Henkel in mehreren Spessartliedern und insbesondere mit seinem Orber Lied „All Heil Bad Orb im Spessartwald“ nieder. Seine Lieder sind noch lange, bis in die 1960er Jahre gesungen worden.[7] Das Orber Lied, mit dem Text von Dr. Julius Türck, hat dagegen regelrechten „Kultstatus“ erlangt und wurde zur Hymne der Stadt, die „seit über 120 Jahren zu besonderen Anlässen gesungen“ wird[9]. Es hält den Namen seines Komponisten Georg Henkel bis heute lebendig. Am Heimatmuseum, der Burg Bad Orb, wurde Georg Wilhelm Henkel eine Ehrentafel gewidmet. Sie enthält neben einem Abbild Henkels die erste Zeile des Orber Liedes.

Kompositionen

Kompositionen von Georg Wilhelm Henkel
Nr.TitelMusikart/ BesetzungBemerkungen
1Zum Schluss der Andacht; „Allmächtiger Gott, wir bitten dich“Vierstimmiger ChoralHandschriftlich vorhanden
3In der LaubeSalonstück für KlavierGedruckt bei Röder, Leipzig
4Zum Jubiläum eines Priesters; „O quam magnam dignitatem“Vierstimmiger TonsatzHandschriftlich vorhanden vom 10. März 1890
5„Wacht auf, die Berge loh’n“; von Hermann NeumannVierstimmiger MännerchorGedruckt bei Röder, Leipzig; auch beim Verlag Arwed Strauch, Leipzig; mit diesem Chor errang der Komponist auf dem Sängerfest zu Aschaffenburg 1892 einen großartigen Erfolg.
7SpessartlustSalonstück für KlavierGedruckt bei Röder, Leipzig
10Lied des Einsiedels; aus dem Simplizissimus von GrimmelshausenVierstimmiger MännerchorGedruckt bei Röder, Leipzig; auch bei Arwed Strauch, Leipzig;
13Gute NachtVierstimmiger MännerchorGedruckt bei Röder, Leipzig; auch bei Benz-Kuller, Verlag Rorschach, Schweiz
14Spielmanns-Lieben; Gedicht von JacobiSologesang, KlavierGedruckt bei Röder, Leipzig
16Wanderlust; Gedicht von R. HabeuSologesang, KlavierGedruckt bei Röder, Leipzig
18Mein Vater steht am Steuer; Gedicht von MolitorSologesang, KlavierGedruckt bei Röder, Leipzig
20Osterlied (Die Lerche stieg am Ostermorgen); von Emanuel GeibelVierstimmiger gemischter Chor, Sologesang, KlavierHandschriftlich
21Der Sänger; von J.W. v. GoetheKlavier, vierstimmiger Männerchor mit Soli für Tenor und BaritonGedruckt bei Röder, Leipzig; auch Verlag Benz-Kuller, Rorschach, Schweiz
24SchlummerliedSologesang, KlavierNoten fehlen, das Lied steht auf dem Titelblatt zu Nr. 3, gedruckt bei Röder, Leipzig
27Mäcen-MarschGibt es für Klavier und Orchester (15 Instrumente)Gedruckt bei Röder, Leipzig, die Orchestervariante handschriftlich
43Weinlied; von Magda von der WaydenSologesang und KlavierGedruckt bei Röder, Leipzig
44Ouvertüre „Sine nomine“Für KlavierGedruckt bei Röder, Leipzig
45Frauenlob; von Paul BaehrVierstimmiger MännerchorGedruckt bei Röder, Leipzig, auch beim Verlag Arwed-Strauch, Leipzig
48Sängergruß; von L. BabreVierstimmiger MännerchorGedruckt bei Röder, Leipzig; auch beim Verlag Arwed-Strauch, Leipzig
49Glaube, Hoffnung, Liebe (Einen gold‘nen Wanderstab); von Gedeon v. d. HeideVierstimmiger MännerchorGedruckt bei Röder, Leipzig; auch beim Verlag Arwed-Strauch, Leipzig
50Mondnacht am Rhein; von O. RupertusVierstimmiger MännerchorVerlag Benz-Kuller, Rorschach, Schweiz
51Kleines Tanzalbum mit den Stücken: 1. Marsch, 2. Polonaise; 3. Walzer; 4. Polka; 5. Rheinländer; 6. Mazurka; 7. Walzer; 8. GaloppVierstimmiger MännerchorGedruckt bei Röder, Leipzig
52O bleib bei mir (Sieht du dort oben die kleinen Sterne); von Herbert ForbachVierstimmiger Männerchor, handschriftlich auch für gemischten ChorGedruckt bei Röder, Leipzig
56Waldestraum in der Christnacht; von Julius LohmeyerSingstimme und KlavierHandschriftlich
58Wunsch! O hätt’ ich ein Häuschen zu eigen.Vierstimmiger MännerchorVerlag Carl Hochstein, Heidelberg, gedruckt bei Röder, Leipzig
60All Heil Bad Orb im Spessartwald; von Julius TürckSingstimme und Klavier, auch für vierstimmigen MännerchorIm Eigenverlag herausgegeben
62Möchte Wandern; von E. MaenzVierstimmiger MännerchorVerlag C F. Teich, Leipzig
63Mein grüner Spessartwald; von Julius TürckMarsch und Lied, auch für vierstimmigen MännerchorHandschriftlich
64Hochzeits-Jubellied; von MatthesVierstimmiger MännerchorVerlag Benz-Kuller, Rorschach, Schweiz; auch handschriftlich vorhanden
66Lache nurVierstimmiger MännerchorVerlag Benz-Kuller, Rorschach, Schweiz
67So lang’ ich lebe, will ich lieben; von O. PromberVierstimmiger MännerchorVerlag C. F. Teich, Leipzig
70Sonntagsfrühe; von F.A. MuthVierstimmiger MännerchorSelbstverlag, gedruckt bei Röder in Leipzig
71Mein deutsches Lied; von Bruno HufnerVierstimmiger MännerchorSelbstverlag, gedruckt bei Röder in Leipzig
72Blauveilchen; von Bruno HufnerVierstimmiger MännerchorSelbstverlag, gedruckt bei Röder, Leipzig
73QuodlibetVierstimmiger MännerchorHandschriftlich
74Wildrösleín; von Franz Alfred MuthVierstimmiger MännerchorVerlag Karl Ebling, Mainz.
75Abschied; von Leopold NothharVierstimmiger MännerchorHandschriftlich
77Heil Kaiser und Reich; von E. Maenz und W. PlathVierstimmiger MännerchorStich bei Engelmann & Mühlberg in Leipzig
85Offertorium zur BrautmesseFür Orgel und zwei SolostimmenHandschriftlich
86Preis GottesVierstimmiger MännerchorHandschriftlich
88Der gute alte Mond; von August GottliebVierstimmiger MännerchorHandschriftlich
94Bonifatiusmesse (Missa in honorem sancti Bonifacii)Gemischter Chor, a cappellaHandschriftlich
95Tui sunt caeliGemischter Chor, a cappellaHandschriftlich
97St. Georgsmesse (Missa in honorem sancti Georgii), später geändert in Missa Salvatoris mundiGemischter Chor, a cappellaHandschriftlich
98Propriengesänge zu Mariä Himmelfahrt (15. August)Orgel mit vierstimmigem gemischtem ChorHandschriftlich
99Propríengesänge zum Feste des hl. KreuzesOrgel mit vierstimmigem ChorHandschriftlich
101Deutsche und lateinische Gesänge zur MesseFür gemischten ChorHandschriftlich
102Das deutsche Lied hat einen guten KlangVierstimmiger MännerchorVerlag Otto Teich, Leipzig. (Der „Liedertafel“ Bad Orb zu ihrem 80-jährigen Bestehen (1845–1925) und ihrem verehrten Vorsitzenden, Apotheken-Besitzer Friedrich Siebert gewidmet).
105Zum heiligen FesteChoral für vier gemischte StimmenHandschriftlich
106Heiliger Josef, unser SchutzpatronVier gemischte StimmenHandschriftlich
107Pange lingua I-IVVier gemischte StimmenHandschriftlich
108Nach der WandlungChoral für vier gemischte StimmenHandschriftlich
109Zum Schluss der AndachtLiedHandschriftlich
110Messe „Do re mi fa“Vierstimmiger gemischter ChorHandschriftlich
111Deutsches OffertoriumVierstimmiger gemischter ChorHandschriftlich
112Sanctus, Benedictus, Agnus Dei; Teile eines Mess-Ordinariums, in D-DurVierstimmiger gemischter ChorHandschriftlich
114Jubilate Deo omnis terraVierstimmiger gemischter ChorHandschriftlich
115Ecce sacerdos magnusVierstimmiger gemischter ChorHandschriftlich
116Graduale und Offertorium am 14. Sonntag nach PfingstenVierstimmiger gemischter ChorHandschriftlich
119Offertorium zu Christi HimmelfahrtVierstimmiger gemischter ChorHandschriftlich
122Hüte Dein HerzVierstimmiger MännerchorHandschriftlich
123Sonntag im Spessart; von Ludwig GrölleVierstimmiger MännerchorHandschriftlich; ursprünglich „Sonntag im Orbtal“
124Das Mädchen vom Spessarttal; von Ludwig GrölleVierstimmiger MännerchorHandschriftlich
125Der Knabe vom Spessarttal; von Ludwig GrölleVierstimmiger MännerchorHandschriftlich, mit Stempel Gesangsverein „Sängerlust“
127Zwischen Tag und Nacht am Horizont die Sonne sinkt; von Otto KöppeVierstimmiger MännerchorHandschriftlich

Nicht wenige von Henkels Kompositionen haben gut acht Jahrzehnte seit seinem Tode überdauert (2021). Sie werden immer noch bei Ruh Musik AG in der Schweiz vertrieben.[10]

Literatur

  • Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 220–230.
  • Toni Engel: Vor 50 Jahren starb Georg Henkel. In: Bad Orber Anzeiger. 5. Januar 1984, S. 6.
  • Alphons Engel: Georg Wilhelm Henkel. Sein Musikalischer Nachlass. Katholische Pfarrei, Bad Orb 1984.
  • Maria Kramann: Das ehemalige Lehrer-Seminar in Heiligenstadt und seine Bedeutung für das Eichsfeld. In: Eichsfelder Heimathefte. 5, 1965, S. 342–361.

Einzelnachweise

  1. Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 221.
  2. Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 222.
  3. Hermann Heim, Alfons Maria Lins, Ein Leben für die Menschen, Katholische Kirchengemeinde St. Martin, Bad Orb, 2018, S. 75
  4. Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 220.
  5. Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 224.
  6. Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 223.
  7. Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 225.
  8. Eichsfeld-Jahrbuch Jahrgang 2017. Verlag Mecke Druck, Duderstadt 2017, S. 226.
  9. „Ein Stück Heimat – Georg Henkel, Tonschöpfer des „Orber Lieds“, ist heute vor 90 Jahren gestorben“, Gelnhäuser Neue Zeitung, 11. Januar 2024
  10. Notenhandel, aufgerufen am 14. September 2021
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