Georg-Henning Graf von Bassewitz-Behr

Georg-Henning Graf von Bassewitz-Behr (* 21. März 1900 in Lützow; † 31. Januar 1949[1] in Magadan) war ein deutscher SS-Gruppenführer, Generalleutnant der Waffen-SS und Polizei während des Zweiten Weltkriegs.

Georg-Henning Graf von Bassewitz-Behr

Leben

Der aus dem mecklenburgischen Adelsgeschlecht Bassewitz stammende Gutsbesitzer wuchs nebst vier jüngeren Schwestern auf einem Gutshof in Lützow in Mecklenburg auf. Seine Eltern waren der Graf Adolph von Bassewitz-Behr (* 15. Juli 1849; † 20. November 1915) und dessen dritte Ehefrau Dorothee Krell (* 24. April 1873; † 1960).

Im Alter von 15 Jahren verlor er seinen Vater. Nach Privatunterricht besuchte er das Gymnasium in Bad Doberan ab 1914. Das Abitur bestand er 1918. Nach im April des gleichen Jahres trat er als Kriegsfreiwilliger in das 2. Kürassier-Regiment in Pasewalk ein. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, wo er keinen Kriegseinsatz mehr hatte, nahm er eine landwirtschaftliche Ausbildung auf Gut Schwiessel in Güstrow auf. Daneben bewirtschaftete von Bassewitz-Behr die Güter in Mecklenburg und versorgte seine Familie. Im Wintersemester 1919/20 studierte er Landwirtschaft an der Universität Rostock.[2] Er heiratete Ilse Gräfin von Pfeil und Klein-Ellguth (1900–1987), die Tochter eines adligen Offiziers, und wurde Mitglied des Stahlhelms. Kurz vor der großen Wirtschaftskrise 1928 umfassten seine beiden Fideikommisse Schwiessel mit 842 ha und Walkendorf mit Dorotheenwald genau 1488 ha. Wohnsitz war das 1081 ha große Allodgut Lützow, ebenfalls mit dem Status einer Familienstiftung, im Besitztum der gesamten Erbengemeinschaft des Vaters.[3]

Wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten versuchte er Ende der 1920er Jahre Teile seines Familiengutes zu verkaufen und wanderte nach Afrika aus. Auf der Überfahrt las er Adolf Hitlers „Mein Kampf“ und fühlte sich von den dort niedergelegten Ideen des Nationalsozialismus angezogen. Nachdem er 1930 vergeblich eine neue Existenz als Farmer in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika aufzubauen versucht hatte, kehrte er drei Monate später nach Deutschland zurück und wurde ein Anhänger der nationalsozialistischen Ideologie.[4]

Er trat zum 1. Februar 1930 der NSDAP (Mitgliedsnummer 458.315)[5] und im selben Jahr der SS (SS-Nummer 35.466)[6][7] sowie dem NSKK bei.[4] Aktiv wurde er in den NS-Organisationen ab 1933 als Führer der 15. SS-Motoradstandarte und als Ortsbauernführer der NSDAP in Schwiessel. Ab 1934 übernahm er die Führung des SS-Oberabschnitts Nord, für Hamburg-Altona. Ein Jahr später nahm er am Reichsparteitag der NSDAP in Nürnberg teil. 1938 wurde er als Mitglied des Stabs des SS-Hauptamts Inspekteur der Kraftfahrkampftruppe.[6]

In Vorbereitung des geplanten deutschen Überfalls auf die Sowjetunion – Unternehmen Barbarossa – war er von Ende April bis Ende Juli 1941 als Quartiermeister beim Kommandostab Reichsführer SS eingesetzt. Anschließend war er während des Krieges gegen die Sowjetunion in Riga als „Landwirtschaftlicher Referent“ im Stab des dortigen Höheren SS- und Polizeiführers (HSSPF) Hans-Adolf Prützmann tätig.[4] Von hier übernahm er Mitte November 1941 bis Anfang August 1942 das Amt des SS- und Polizeiführers von Dnepropetrowsk, Ukraine[6] In dieser Zeit war er für den Mord an über 40-tausend Zivilisten, Partisanen und Juden verantwortlich.[4] Vom 22. November 1942 bis 24. März 1943 übernahm er die Position des Höheren Führers der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (HSSPF) für Russland-Mitte in Mogilew.[8]

Vom 16. Februar 1943 bis zum 8. Mai 1945 war er HSSPF des Wehrkreises X (HSSPF Nordsee) in Hamburg. Am 1. Juli 1944 erfolgte die Ernennung zum SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS, nachdem er bereits am 20. April 1943 zum SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei befördert worden war.[8] Durch den Hamburger Gauleiter und Reichsverteidigungskommissar für den Wehrkreis X Karl Kaufmann wurde Bassewitz-Behr nach der Operation Gomorrha im August 1943 zum dortigen Generalkommissar für das Sicherheitswesen ernannt.[9] Bassewitz-Behr leitete auch das Kriegsgefangenenwesen im Wehrkreis X und war verantwortlich für die Repressionen gegen die ausländischen Zwangsarbeiter.[4]

Bei Kriegsende war er hauptverantwortlich für die „Evakuierung“ des KZ Neuengamme und dessen Außenlager.[1] Auf Weisung bzw. mit Zustimmung von Bassewitz-Behr wurden 71 zur Exekution bestimmte Häftlinge aus dem Polizeigefängnis Fuhlsbüttel während des Endphaseverbrechens im KZ Neuengamme im April 1945 ermordet.[10]

Nach Kriegsende wurde er im September 1945 festgenommen und wegen der im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel begangenen Straftaten im Rahmen der Hamburger Curiohaus-Prozesse vor ein britisches Militärgericht gestellt.[1] Nachdem er im August 1947 im Curiohaus als Kriegsverbrecher freigesprochen worden war, wurde er am 16. September 1947 den sowjetischen Behörden überstellt.[4] Für den Mord an den 45.000 Zivilisten in der Gegend von Dnjepropetrowsk wurde er zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Er starb zwei Jahre später in einem Arbeitslager in Ostsibirien.

Dienstränge, Auszeichnungen

Bassewitz-Behrs SS- und Polizeiränge
Datum Rang
September 1938 SS-Oberführer
Juni 1940 SS-Obersturmbannführer (Waffen-SS)
Januar 1942 SS-Brigadeführer und Generalmajor der Polizei
10. April 1943 SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Polizei
1. Juli 1944 Generalleutnant der Waffen-SS

Siehe auch

Literatur

  • Linde Apel, Hamburger Behörde für Kultur, Sport, Medien, in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.): In den Tod geschickt – Die Deportationen von Juden, Roma und Sinti aus Hamburg, 1940 bis 1945. Metropol Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-940938-30-5.
  • Ruth Bettina Birn: Die Höheren SS- und Polizeiführer. Himmlers Vertreter im Reich und in den besetzten Gebieten. Droste Verlag, Düsseldorf, 1986. ISBN 3-7700-0710-7.* Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8. (Aktualisierte 2. Auflage).
  • Tino Jacobs: „Besitzt die Eignung zum höheren Führer“ – Georg Henning Graf von Bassewitz-Behr – eine SS-Karriere. In: ISHZ, 44, Oktober 2004, S. 50–65[11]
  • Tino Jacobs: Himmlers Mann in Hamburg – Georg Henning Graf von Bassewitz-Behr als Höherer SS- und Polizeiführer im Wehrkreis X 1943–1945. Dölling u. Galitz, Hamburg 2001, 191 S. ISBN 978-3-87916-063-1 und ISBN 3-935549-74-1 (TB)[4]
  • Andreas Schulz, Günther Wegmann: Die Generale der Waffen-SS und der Polizei. Die militärischen Werdegänge der Generale, sowie der Ärzte, Veterinäre, Intendanten, Richter und Ministerialbeamten im Generalsrang, Band 1, Biblio Verlag Bissendorf 2003, S. 57ff.
  • Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. 1942. Justus Perthes, Gotha 1941. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. S. 44
  • SS-Dienstalterlisten, Reichsdruckerei München: Jg. 1934, 1935, 1936, 1937, 1938, 1944
  • Genealogisches Taschenbuch der adligen und gräflichen Familie von Bassewitz. Vierte Auflage, Eduard Herberger Hofbuchdrucker, Schwerin, 1909, S. 13.

Einzelnachweise

  1. Herbert Diercks: Dokumentation Stadthaus. Die Hamburger Polizei im Nationalsozialismus. Texte, Fotos, Dokumente, KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Hamburg 2012, S. 48.
  2. Eintrag im Rostocker Matrikelportal, WS 1919/20, Nr. 279.
  3. Ernst Seyfert, Hans Wehner, W. Baarck: Niekammer`s Landwirtschaftliches Güter-Adreßbücher, Band IV, Mecklenburg. In: Niekammer (Hrsg.): Letzte Ausgabe. 4. Auflage. Band IV. Niekammer`s Güter-Adreßbüchern G.m.b.H., Leipzig 1928, S. 44183 (g-h-h.de [abgerufen am 7. September 2021]).
  4. Tino Jacobs: Himmlers Mann in Hamburg. akens.org
  5. Bundesarchiv R 9361-VIII KARTEI/931633
  6. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 30.
  7. Kurzbiografie (Memento vom 26. Oktober 2009 auf WebCite) auf Axis Biographical Research
  8. Ruth Bettina Birn: Die Höheren SS- und Polizeiführer. Himmlers Vertreter im Reich und in den besetzten Gebieten. Düsseldorf 1986, S. 331.
  9. Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (Hrsg.): Hamburg im Dritten Reich. Göttingen 2005, S. 137.
  10. Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg (Hrsg.): Hamburg im Dritten Reich. Göttingen 2005, S. 533.
  11. Tino Jacobs: Besitzt die Eignung zum höheren Führer. akens.org
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