Geokronit

Geokronit ist ein relativ selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung Pb14(Sb,As)6S23[3] und gehört aufgrund seiner Kristallstruktur zu den Blei-Sulfosalzen mit Antimon. Die in den runden Klammern angegebenen Elemente Antimon und Arsen können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Geokronit
Derbes Aggregat aus hellgrauem, metallisch glänzendem Geokronit aus der Young America Mine, Bossburg, Northport District, Stevens County (Washington), USA (Größe: 47 mm × 42 mm × 15 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Geo[1]

Andere Namen
Chemische Formel
  • Pb14(Sb,As)6S23[3]
  • Pb14[S5|(AsS3)2((Sb,As)S3)4][4]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

II/E.15
II/E.15-020

2.JB.30a
03.03.01.02
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/m (Nr. 11)Vorlage:Raumgruppe/11
Gitterparameter a = 8,96 Å; b = 31,93 Å; c = 8,50 Å
β = 118,0°[4]
Formeleinheiten Z = 2[4]
Häufige Kristallflächen {001}[5]
Zwillingsbildung häufig lamellar nach {101} oder {001}[5][6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,46; berechnet: 6,44[5]
Spaltbarkeit undeutlich, uneben
Bruch; Tenazität muschelig; mild[6]
Farbe hellbleigrau bis hellgrau, schwarz anlaufend[2]
Strichfarbe hellbleigrau bis graublau
Transparenz undurchsichtig
Glanz Metallglanz

Geokronit ist undurchsichtig und kristallisiert im monoklinen Kristallsystem, entwickelt allerdings nur selten gut ausgebildete, tafelige Kristalle und Zwillinge. Diese können allerdings bis zu 8 cm[5] groß sein. Meist findet er sich in Form körniger, massiger oder erdiger Mineral-Aggregate von hellgrauer bis bleigrauer, metallisch glänzender Farbe. An der Luft kann Geokronit mit der Zeit schwarz anlaufen.

Mit seinem Verwandten Jordanit (Pb14(As,Sb)6S23[3]) bildet Geokronit eine lückenlose Mischkristall-Reihe.[5]

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Geokronit in den Silbergruben von Sala in der schwedischen Provinz Västmanlands län und beschrieben 1839 durch Chemiker und Mineralogen Lars Fredrik Svanberg (1805–1878).[2][7]

Er benannte das Mineral nach den griechischen Begriffen γή [Gaia] (auch Gea oder Gäa) für Erde und κρόνος [Kronos] (römisch Saturn). Die Namensteile sind eine Anspielung auf die Zusammensetzung des Minerals mit den Hauptbestandteilen Blei und Antimon, die als Planetenmetalle dem Saturn und der Erde zugeordnet sind.[8]

Klassifikation

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Geokronit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfosalze (S : As,Sb,Bi = x)“, wo er zusammen mit Gratonit, Jordanit, Lengenbachit, Meneghinit und Tsugaruit die Gruppe der „Blei-Sulfosalze mit As/Sb (x = 3,8-3,1)“ mit der System-Nr. II/E.15 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Geokronit dagegen in die Abteilung der „Sulfosalze mit PbS als Vorbild“ ein. Diese ist zudem weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Galenit-Derivate mit Blei (Pb)“ zu finden ist, wo es nur noch zusammen mit Jordanit die „Jordanitgruppe“ mit der System-Nr. 2.JB.30a bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Geokronit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfosalze“ ein. Hier ist er ebenfalls zusammen mit Jordanit in der unbenannten Gruppe 03.03.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfosalze mit dem Verhältnis 3 < z/y < 4 und der Zusammensetzung (A+)i(A2+)j[ByCz], A = Metalle, B = Halbmetalle, C = Nichtmetalle“ zu finden.

Kristallstruktur

Geokronit kristallisiert isotyp mit Jordanit[9] im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe P21/m (Raumgruppen-Nr. 11)Vorlage:Raumgruppe/11 mit den Gitterparametern a = 8,96 Å; b = 31,93 Å; c = 8,50 Å und β = 118,0° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]

Bildung und Fundorte

Geokronit-Kristallaggregat aus der Pollone Mine, Valdicastello Carducci, Pietrasanta, Apuanische Alpen (Toskana), Italien (Größe: 2,7 cm × 2,4 cm × 1,3 cm)

Geokronit bildet sich hydrothermal in Erz-Gängen, wo er meist mit anderen Sulfiden bzw. Sulfosalzen vergesellschaftet auftritt, wie unter anderem Galenit, Pyrit und Tetraedrit. Daneben können auch Baryt, Fluorit und Quarz als Begleitminerale auftreten.

Als eher seltene Mineralbildung kann Geokronit zum Teil zwar reichlich vorhanden sein, insgesamt ist er jedoch wenig verbreitet. Bisher (Stand 2016) sind rund 130 Fundorte[10] für Geokronit bekannt. Neben seiner Typlokalität, den Silbergruben von Sala, trat das Mineral in Schweden noch in den Kupfergruben von Falun in der Provinz Dalarnas län, der Eisensulfidgrube Sätra bei Finspång in der Provinz Östergötlands län, bei Storgruvan und Nordmark in der Gemeinde Filipstad in der Provinz Värmlands län sowie bei Björkskogsnäs in der Gemeinde Hällefors zutage.

Bekannt aufgrund außergewöhnlicher Geokronitfunde sind vor allem Virgem da Lapa im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais und Pietrasanta in der italienischen Provinz Lucca, wo Kristalle zwischen 8 cm und 9 cm Größe zutage traten. Immerhin bis zu 4 cm große, tafelige Kristalle wurden in der Blei-Zink-Mine „Kilbricken“ bei Quin in Irland entdeckt.[11]

In Deutschland konnte das Mineral bisher nur in der Grube Clara bei Oberwolfach und der Grube Segen Gottes bei Wiesloch in Baden-Württemberg, in der Grube Bayerland bei Pfaffenreuth in der Gemeinde Leonberg (Oberpfalz) in Bayern sowie in der Grube Louise bei Bürdenbach in Rheinland-Pfalz entdeckt werden.

In Österreich fand man Geokronit unter anderem in den Goldgruben am Radhausberg im Gasteinertal (Hohe Tauern) und an und der Kranzlhöhe (Radstädter Tauern) in Salzburg, an der Steirischen Kalkspitze und der Lungauer Kalkspitze (Schladminger Tauern) zwischen Salzburg und der Steiermark sowie in den Bleigruben bei Obernberg am Brenner in Tirol.

In der Schweiz kennt man das Mineral bisher nur aus Turtschi, einem kleinen Dolomit-Aufschluss im Binntal, sowie aus dem Steinbruch La Plâtrière bei Granges (Lens) in der Gemeinde Sitten (französisch Sion) im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in Albanien, Argentinien, Australien, Aserbaidschan, Bolivien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, China, Finnland, Frankreich, Griechenland, Indien, Iran, Irland, Italien, Japan, Kanada, Kirgisistan, Luxemburg, Norwegen, Peru, Rumänien, Serbien, der Slowakei, Taiwan, Tschechien, der Türkei, Ungarn, im Vereinigten Königreich (UK) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA).[12]

Siehe auch

Literatur

  • Lars Fredrik Svanberg: Undersökning of Geokronit och Hydrofit tvenne inom Sverige Förekommande nya mineralier. In: K. svenska vetenskapsakad. Handlingar Band 3/27, 1839, S. 187 (siehe auch deutsche Übersetzung bei digitalesthueringen.de der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena)
  • Geokronit In: Ernst Ferdinand August: Handwörterbuch der Chemie und Physik, Band 2, Verlag M. Simon, 1845, S. 227 in der Google-Buchsuche
  • C. Doelter, H. Leitmeier (Hrsg.): Handbuch der Mineralchemie: Band IV Erste Hälfte: Schwefel-Verbindungen. Springer, Berlin [u. a.] 2013, ISBN 978-3-642-49865-7, S. 455–457 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche Ursprünglich erschienen bei Theodor Steinkopff Dresden und Leipzig 1926).
  • Richard W. Birnie, Charles W. Burnham: The crystal structure and extent of solid solution of geocronite In: American Mineralogist Band 61 (1976, S. 963–970) (PDF 875 kB)
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 299.
Commons: Geocronite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. C. Doelter, H. Leitmeier (Hrsg.): Handbuch der Mineralchemie: Band IV Erste Hälfte: Schwefel-Verbindungen. Springer, Berlin [u. a.] 2013, ISBN 978-3-642-49574-8, S. 455–457 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche Ursprünglich erschienen bei Theodor Steinkopff Dresden und Leipzig 1926).
  3. IMA/CNMNC List of Mineral Names; January 2016 (PDF 1,6 MB)
  4. Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 123.
  5. Geocronite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 62,9 kB)
  6. Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 479 (Erstausgabe: 1891).
  7. Personendatensatz der DNB zu Svanberg, Lars Fredrik
  8. Geokronit In: Ernst Ferdinand August: Handwörterbuch der Chemie und Physik, Band 2, Verlag M. Simon, 1845, S. 227 in der Google-Buchsuche
  9. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 352.
  10. Mindat – Anzahl der Fundorte für Geokronit
  11. Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie. Dörfler Verlag GmbH, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 60.
  12. Fundortliste für Geokronit beim Mineralienatlas und bei Mindat
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