Gefängnis Fresnes

Das Gefängnis Fresnes ist eine größere Justizvollzugsanstalt in Fresnes, Département Val-de-Marne, wenige Kilometer südlich der französischen Hauptstadt Paris. Die Anlage beherbergt ein Maison d'arrêt (Haftanstalt für Untersuchungshäftlinge und verurteilte Straftäter mit Haftdauern bis zwei Jahre) für Männer sowie eines für Frauen, zudem ein Gefängniskrankenhaus. Sie bietet heute Platz für 1651 Gefangene,[1] ist jedoch wie die meisten Gefängnisse in Frankreich stark überbelegt.[2] Die Anstalt ergänzt im Großraum Paris die Maisons d'arrêt in Fleury-Mérogis und La Santé im Pariser Stadtgebiet.

Das Gefängnis Fresnes

Geschichte

Entstehung

Eröffnung im Juli 1898

Das Gefängnis wurde in den Jahren 1894 bis 1898 von dem französischen Architekten Henri Poussin erbaut. Seine Architektur war neuartig und stellte einen Bruch mit der traditionellen Gefängnisarchitektur der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dar. Anstatt die Gebäudeflügel sternförmig anzuordnen, orientierte Poussin sie parallel zueinander zu beiden Seiten eines rechtwinklig dazu verlaufenden zentralen Teils.[1]

Zweiter Weltkrieg

Gedenktafel für die in Fresnes inhaftierten Angehörigen der Résistance

Das Gefängnis erlangte besondere Bedeutung, als während der deutschen Besetzung Frankreichs während des Zweiten Weltkriegs unter dem Einfluss der Gestapo politische Gefangene dort festgehalten und auch gefoltert und/oder ermordet wurden.

Zu den Häftlingen in dieser Zeit gehörten Herschel Grynszpan, der 1938 ein Attentat auf einen deutschen Diplomaten in Paris verübt hatte, der sozialdemokratische deutsche Widerstandskämpfer Heinrich König,[3] die belgisch-französische Widerstandskämpferin und Gerechte unter den Völkern Suzanne Spaak,[4] der französische Schriftsteller und Hochschullehrer Jacques Lusseyran[5], der Philosoph und Kämpfer der Résistance Valentin Feldman[6] und der österreichische trotzkistische Politiker und Widerstandskämpfer Karl Fischer.[7] Der Dichter Jean Genet war in dieser Zeit ebenso in Fresnes inhaftiert.[8]

Seit dem Ende des Krieges

Am Ende des Zweiten Weltkrieges war der frühere Ministerpräsident Pierre Laval im Gefängnis in Haft. Nach dem auf einen Strafprozess folgenden Todesurteil gegen ihn wurde er dort am 15. Oktober 1945 auch hingerichtet.[9] Auch der Offizier Jean Bastien-Thiry, der ein Attentat auf Präsident Charles de Gaulle geplant und ausgeführt hatte, kam nach Fresnes. Später war der internationale Terrorist Ilich Ramírez Sánchez („Carlos“) von 2004 bis 2006 in Fresnes inhaftiert.[10]

Gefängniskrankenhaus EPSNF

Auf dem Gelände des Gefängniskomplexes befindet sich auch das von den beiden Vollzugsanstalten für Frauen und Männer unabhängige Gefängniskrankenhaus Établissement Public de Santé National de Fresnes (EPSNF). Es ging hervor aus der zentralen Krankenstation (Infirmerie centrale) der Gefängnisse im Département Seine, das 1897 vom Pariser Gefängnis La Santé in die neu erbaute Anlage von Fresnes transferiert worden war. Nach einer baulichen Erweiterung im Jahr 1965 verfügte die Einrichtung in den 1980er Jahren über 216 Betten.

Im Jahr 1983 wurde sie auf Veranlassung des damaligen Justizministers Robert Badinter in Établissement Hospitalier Public National de Fresnes umbenannt und grundlegend reformiert. Insbesondere wurden Ärzte und Pflegepersonal, die bis dahin dem Justizministerium unterstanden hatten, dessen Hierarchie entzogen und den Strukturen des öffentlichen Gesundheitswesens unterstellt. Ebenso wurden die bis dahin in der Krankenpflege tätigen Nonnen durch staatlich geprüfte Krankenschwestern ersetzt.

Mit einer Gesetzesänderung 1994 wurde das Krankenhaus in Établissement Public de Santé National de Fresnes umbenannt. Das EPSNF ist in Frankreich die einzige Einrichtung, für die sich Gesundheits- und Justizministerium die Verantwortung teilen.[11]

Commons: Gefängnis Fresnes – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Fresnes. Etablissement pénitentiaire - maison d'arrêt. Justizministerium (Frankreich), 14. Oktober 2015, abgerufen am 20. Januar 2016 (französisch, Internetseite des Gefängnisses).
  2. "Prisonnier" en France - En immersion à Fresnes. In: Paris Match. 19. Juni 2015, abgerufen am 20. Januar 2016 (französisch).
  3. Johannes Volker Wagner: Nationalsozialismus im Alltag. Filmbegleitbuch und Historisches Lesebuch. Brockmeyer, Bochum 2012, ISBN 978-3-8196-0836-0, Kapitel Kampf gegen den Faschismus. Heinrich König – ein sozialdemokratischer Lebenslauf, S. 9398, hier: S. 98 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Suzanne Spaak. In: „Wagemutige Frauen“ – Geschichten von Frauen, die während des Holocaust Juden retteten. Yad Vashem, abgerufen am 11. September 2021.
  5. Angaben auf der Seite der Gedenkstätte Buchenwald, abgerufen am 20. Januar 2016.
  6. L’Humanité 19. Mai 2007, abgerufen am 26. Februar 2019.
  7. Karl Fischer, Autobiographie, in: Österreichische Stalin-Opfer. Memorial. Junius-Verlags- und Vertriebsgesellschaft, Wien 1990, ISBN 3-900370-81-8, S. 97.
    Fritz Keller: In den Gulag von Ost und West. Karl Fischer. Arbeiter und Revolutionär. ISP-Verlag, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-88332-046-3, S. 72.
  8. Stephan Barber: Jean Genet. Reaktion, London 2004, ISBN 1-86189-178-4, S. 30.
  9. Pierre Laval executed by firing squad. In: The Barrier Miner. Broken Hill 16. Oktober 1945, S. 1 (englisch, Digitalisat bei der National Library of Australia [abgerufen am 1. November 2023]).
  10. Arrêt de Grande Chambre Ramirez Sanchez c. France. In: wcd.coe.int. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, 4. Juli 2006, abgerufen am 20. Januar 2016 (französisch).
  11. L'histoire de l'EPSNF. Établissement Public de Santé National de Fresnes, archiviert vom Original am 23. Januar 2018; abgerufen am 27. Februar 2019 (französisch).

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