Grundrente

Als Grundrente oder Garantierente bezeichnet man eine Altersrente, auf die die Bezieher nicht nur einen Anspruch in der, z. B. durch eine Rentenformel ermittelten, rechnerischen Höhe, sondern – meist nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen – in einer durch politische Entscheidungsträger festgelegten Mindesthöhe haben.

Grundrente in Deutschland

Verabschiedung der Grundrente am 2. Juli 2020 im Deutschen Bundestag, hier u. a. Hubertus Heil

In Deutschland wurde eine Grundrente mit dem Ziel eingeführt, die „Lebensleistung“ von Arbeitnehmern zu würdigen, indem sie nach einem Leben voller Arbeit trotz eines geringen Entgelts eine auskömmliche Rente erhalten sollen.[1] Sie wird auch als „Respektrente“ („Wort des Jahres“ in Deutschland im Jahr 2019) bezeichnet. Der Sozialversicherungsexperte Tim Köhler-Rama bezeichnet die Grundrente als „Etikettenschwindel“, weil es sich dabei faktisch nur um einen Rentenzuschlag für langjährig Versicherte handele.[2] Der Grundrentenzuschlag beträgt durchschnittlich 86 Euro.[3]

Im Juli 2020 beschloss der Bundestag die Grundrente ab 2021 als Aufstockung der gesetzlichen Renten für Versicherte ab 33 Beitragsjahren (durch Beitragszahlungen, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit), die im Jahresdurchschnitt 30 bis 80 % des Durchschnittslohns verdienten. Ein Grundrentenanspruch besteht bis zum Monatseinkommen von 1250 Euro (Paare: 1950 Euro).[4] Durchschnittsverdiener erhalten im Jahr 1,0 Entgeltpunkte. 30 bis 80 % vom mittleren Einkommen sind 0,3 bis 0,8 Punkte im Jahr. Die Grundrente „verdoppelt“ Entgeltpunkte jener, die im Schnitt der 35 Jahre 0,3 bis 0,8 Punkte im Jahr erhielten, auf bis zu 0,8 Punkte im Jahr. Der erzielte Aufschlag sinkt um 12,5 %. Je Punkt gibt es 33,05 € (im Beitrittsgebiet 31,89 €) Rente. Beispielsweise erhielt eine Friseurin mit 40 Jahren Lohn unter 60 % des Durchschnitts 0,4 Punkte im Jahr. Bisher erhielte sie als Monatsrente im Westen 528,80 €. Die Entgeltpunkte werden für 35 der 40 Jahre um 0,4 im Jahr erhöht (35 × 0,4 × 33,05 € = 462,70 €). Zieht man 12,5 % ab, ist ihr Grundrentenzuschlag 404,86 €. Ihre Rente steigt ab 2021 von 528,80 € auf 933,66 €.

Aufgrund der komplizierten technischen Umsetzung – die Einkommensprüfung erfordert einen Datenaustausch zwischen Rentenversicherung und Finanzämtern[5] – hat sich der Beginn der Auszahlung der Grundrente bis Ende 2022 verzögert, wobei Zahlungen rückwirkend erfolgen und die Berechnungen ab dem 1. Januar 2021 vorgenommen werden. Überprüft wurden 26 Mio. Renten; rund 1,1 Mio. Rentenzahlungen werden durch einen individuell berechneten Zuschlag aufgestockt.[6]

Die Grundrente wird aus Steuermitteln finanziert. Der Bundeszuschuss wurde im Jahr 2021 um 1,4 Mrd. Euro erhöht und wird danach entsprechend den gesetzlichen Vorschriften fortgeschrieben. So wird eine zusätzliche Belastung der Beitragszahler vermieden.[7]

Schwedische Garantierente

Als Garantierente (Garantipension) wird in Schweden seit der Rentenreform von 1999 eine Grundrentenleistung bezeichnet. Hervorgegangen ist diese aus der „Volksrente“ (Folkpension). Es handelt sich dabei um eine Grundsicherung, die allerdings an bestimmte Voraussetzungen gebunden ist. Eine Bedürftigkeitsprüfung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse findet nur in geringem Maße statt, jedoch sind bestimmte Anwartschaftszeiten zu erfüllen. Das Renteneintrittsalter beträgt 65 Jahre (nicht flexibel), die Höhe ist abhängig u. a. vom Familienstand und von der Dauer des Wohnsitzes im Inland (Mindestvoraussetzung 3 Jahre). Von der Konzeption her ist die Garantierente eine staatlich finanzierte Aufstockung der Einkommensrente (Inkomstpension, entsprechend der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung) – bedarfsorientiert, bedürftigkeitsgeprüft und existenzsichernd.

Die volle Garantierente erhält, wer ab dem 25. Lebensjahr über 40 Jahre Anwartschaften in Schweden erlangte (inklusive Arbeits-, Ausbildungs- und Wehrdienstzeiten ab 16). Auch ein Studium wird einbezogen. Kürzere Ansprüche mindern den Rentenanspruch, der aber zusammen mit dem Wohngeld ebenfalls existenzsichernd sein kann. Das Garantierenten-Niveau liegt etwas über der Sozialhilfe und ist abhängig von der Höhe der Einkommensrente (u. a. Schwellenwert). Dies verhindert, dass Bezieher, die nie oder nur wenig arbeiteten, gleiche Ansprüche erhalten wie jene, die hohe Anwartschaften erarbeiteten.

Die Garantierente vermeidet für große Teile der Altersbevölkerung den Sozialhilfe-Bezug. Da die frühere „Volksrente“ wie die als Grundrente konzipierte Garantierente manche Personengruppen (z. B. Migranten) nicht oder ungenügend erreicht, gab es immer in Schweden auch Sozialhilfe bzw. Armenhilfe. Betriebs- und private Renten werden nicht, wie bei der deutschen Grundsicherung, von der Garantierente abgezogen.

Das schwedische Rentensystem umfasst neben der Garantierente eine gesetzliche Einkommensrente, eine obligatorische kapitalgedeckte Prämienrente (ähnlich der deutschen Riester-Rente nur ohne staatliche Förderung) sowie die betriebliche und individuell-private Vorsorge. 1999 einigten sich alle Parteien mit Ausnahme der Umweltpartei / Grüne (Miljöparti de Gröna) und der Linkspartei (Vänsterpartiet) auf eine Rentenreform. Dabei senkt ein hoher demografischer Faktor das Rentenniveau schrittweise stark ab. Dadurch steigt der Anteil der Rentenaufstockung zur Garantierente entsprechend an. Man rechnete in der Anfangsphase mit einer Aufstockungsquote von rund 40 %. Dabei ging man für allein auf die Garantierente angewiesene Bezieher von 2 % aus.[8] Die Höhe der Garantierente für Alleinstehende betrug im Jahre 2016 7900 Kronen (ca. 850 €) pro Monat.[9] Die Garantierente ist einkommensteuerpflichtig, der Nettobetrag liegt je nach Wohnort bei etwa 6150 Kronen (ca. 660 €) pro Monat.

Niederländische Grundrente

Die Altersversorgung in den Niederlanden umfasst drei Säulen: Grundrente, betriebliche Zusatzrentenversicherungen (für alle Angestellten verpflichtend[10]) und die private Altersvorsorge.[11]

Anspruch auf Grundrente haben Niederländer ohne Bedürftigkeitsprüfung ab Beginn des Rentenalters: Alleinstehende Rentner erhalten 70 % des Mindestlohns, Paare erhalten pro Partner 50 %.[10] War man zwischen 15 und 65 Jahren nicht ständig in den Niederlanden versichert, senkt jedes fehlende Versicherungsjahr die Grundrente um 2 %.[12] Erziehungs- oder Pflegezeiten sowie Zeiten der Arbeitslosigkeit werden nicht gesondert behandelt, da sich der Anspruch ausschließlich nach der Wohnsitzdauer richtet. Gesetzliche Rentenansprüche werden zu 100 % auf die Grundsicherungsleistung angerechnet, betriebliche und private Renten werden teilweise angerechnet. Wer nicht arbeitete, erhält die Grundrente, aber keine Betriebsrente. Personen, die aufgrund fehlender Zeiten nicht das Grundrentenniveau erreichen, erhalten gegebenenfalls bedürftigkeitsgeprüfte Unterstützungsleistungen, die geringer sind als das Grundrentenniveau.[11]

Finanziert wird die Grundrente durch Umlagen aus Beiträgen der Arbeitnehmer und Selbständigen. Einen Arbeitgeberbeitrag gibt es bei der Betriebsrente, nicht aber bei der Grundrente. Gegebenenfalls kommt ein Staatszuschuss hinzu.[11]

Neuseeländische Garantierente

In Neuseeland existiert eine Garantierente in Höhe von 40 Prozent des Durchschnittseinkommens, die jeder Rentner unabhängig von sonstigen Einkünften erhält.[13]

Literatur

  • Peggy Letzner: Die Reform der Alterssicherung in Schweden. In: Deutsche Rentenversicherung Jahrgang. 59, Heft 8, 2003, ISSN 0012-0618, S. 501–515.
  • Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dirk Jacobi: Die Grüne Bürgerrente gegen Altersarmut – garantiert für alle. In: Christoph Butterwegge, Gerd Bosbach, Matthias W. Birkwald (Hrsg.): Armut im Alter – Probleme und Perspektiven der sozialen Sicherung. Campus Verlag, 2012, ISBN 978-3-593-39752-8.
  • Natalie Brall, Ragnar Hoenig, Judith Kerschbaumer: Die Grundrente – 100 Fragen und Antworten zum Grundrentenzuschlag. Bund-Verlag, Frankfurt 2021, ISBN 978-3-7663-7076-1.

Einzelnachweise

  1. Idee der Grundrente. In: Natalie Brall, Ragnar Hoenig, Judith Kerschbaumer: Die Grundrente – 100 Fragen und Antworten zum Grundrentenzuschlag. Bund-Verlag, Frankfurt 2021, ISBN 978-3-7663-7076-1, S. 29.
  2. Tim Köhler-Rama: Grundrente ist kein Systembruch – eine Replik. In: Wirtschaftsdienst. Jahrgang 19, Heft 6, 2019, S. 432–436.
  3. Erste Zahlen zur Grundrente. ver.di, abgerufen am 17. Mai 2023.
  4. Die Grundrente ist kein Fixbetrag. 20. November 2019, abgerufen am 20. November 2019.
  5. Volker Finthammer: Rentenversicherung befürchtet Umsetzungsprobleme bei der Grundrente. deutschlandfunk.de, 22. Januar 2020, abgerufen am 17. Mai 2023.
  6. Grundrente. Bundesministerium für Arbeit und Soziales, abgerufen am 17. Mai 2023.
  7. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage: Anspruchsberechtigte, Kosten und Verwaltungsaufwand der Grundrente. Antwort auf Frage 12. In: Drucksache 19/17762. Deutscher Bundestag, 10. März 2020, abgerufen am 13. November 2023.
  8. Letzner, S. 508, 509.
  9. Homepage der schwedischen Rentenbehörde (schwedisch).
  10. Jennifer Garic: Warum Niederländer mehr Rente als zuvor Gehalt bekommen. In: www.capital.de. 12. Juni 2019, abgerufen am 11. November 2019.
  11. Jochen Pimpertz: IW-Gutachten: Ein Vergleich ausgewählter Grundrentensysteme in der EU. Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM), 29. März 2019, S. 10–13, abgerufen am 21. Oktober 2019.
  12. Andreas Gebbink: Niederlande-Wissen: Kapitel „XVI. Rentensystem“. In: NiederlandeNet, www.uni-muenster.de/NiederlandeNet. Januar 2009, abgerufen am 21. Oktober 2019.
  13. welt.de
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