Günther Wagner Verpackungswerke
Die Günther Wagner – Verpackungswerke[1] oder auch Günther Wagner Verpackungs-Werke[2] waren ein aus der Pelikan AG in Hannover hervorgegangenes produzierendes Unternehmen im Bereich Verpackungen.[1]
Geschichte
Die Günther Wagner – Verpackungswerke entwickelten sich aus der 1905 im Günther Wagner/Pelikan Werk begonnenen Herstellung von Farbkästen aus Blech und Blechverpackungen.[1] Nachdem das Hauptwerk zunächst in die bis 1906 durch den Architekten Otto Taaks an der Podbielskistraße errichteten seinerzeitigen Neubauten verlegt worden war,[3] wurde 1928 eine eigene Produktionsstätte für Blechverpackungen, vorwiegend für Konserven- und Fischdosen,[4] in der Hansastraße am hannoverschen Nordhafen am Mittellandkanal eingeweiht.[1] Laut dem Adressbuch der Stadt Hannover von 1942 hatte das Unternehmen seinen Sitz in der Hansastraße 4 zwischen der Schulenburger Landstraße und der damaligen Hafenbahn.[5]
Ab 1939 wurden die Günther Wagner – Verpackungswerke von dem Ingenieur Kurt Beindorff geleitet. Auf Beindorffs technische Begabung gingen zum einen rationelle und zukunftsorientierte Fertigungsvorgänge zurück, die richtungsweisend für die gesamte Verpackungsindustrie wurden.[1] Zum anderen aber arbeiteten während des Zweiten Weltkrieges rund 2.000 Zwangsarbeiter aus ganz Europa, zumeist aus Polen und Russland – Männer und Frauen – auf dem Gelände der Günther Wagner Verpackungswerke. Die unter menschenunwürdigen Bedingungen in einem sogenannten „Arbeitserziehungslager“ ausgebeuteten Zwangsarbeiter konnten jederzeit in ein Konzentrationslager verlegt werden – etliche kamen unter den Umständen zu Tode. In einer sogenannten „Ausländerwöchnerinnenbaracke“ wurden Neugeborene der Zwangsarbeiterinnen verwahrt. Viele der dort geborenen Kinder starben bald an Mangelernährung und ungenügender medizinischer Versorgung.[6]
1962[7][4] oder 1968[1] erwarb die Aktiengesellschaft Schmalbach-Lubeca AG – in deren Aufsichtsrat ebenfalls Kurt Beindorff saß – das hannoversche Verpackungswerk.
Nachdem Schmalbuch-Lubeca die US-amerikanische Marke White Cap erworben hatte, operierte das Unternehmen dann weltweit mit seinen Produkten wie Schraubverschlüssen, PET-Flaschen sowie Weißblech- und Aluminium-Getränkedosen.[1]
2003 wurden die Günther Wagner – Verpackungswerke aus dem Handelsregister gelöscht.[1]
Mahnmal Hansastraße
Am 25. September 2015 wurden auf dem Gelände der ehemaligen Günther Wagner – Verpackungswerke auf Initiative des Vereins Gegen das Vergessen ./. NS-Zwangsarbeit sowie der Firma Silgan White Cap Deutschland GmbH – die nicht Rechtsnachfolger der früheren Verpackungswerke ist – im Beisein von Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok, der Bezirksbürgermeisterin Edeltraut Geschke sowie Jochen Hundt als Vertreter der White Cap Deutschland GmbH das Mahnmal Hansastraße eingeweiht als Mahnmal gegen die NS-Gräueltaten und zur Erinnerung an die damaligen Opfer.[6]
Schriften
- Paul Kroha: Sparbüchsen aller Zeiten, 64 Seiten Privatdruck mit Abbildungen, Hannover-Hainholz: Günther Wagner Verpackungswerke, 1939
Literatur
- Janet von Stillfried: Zwangsarbeiter und Arbeitserziehungslager der GWV, in dies.: Das Sachsenross unterm Hakenkreuz. Reiseführer durch Hannover und Umgebung 1933-1945, MatrixMedia-Verlag, Göttingen 2015, ISBN 978-3-932313-85-1, S. 228–231
- Annemone Christians (Hrsg.): Tinte und Blech. Eine Pilotstudie zu Fritz Beindorff (1860-1944) und den Günther Wagner Pelikan-Werken im Nationalsozialismus, Hannover [2018]: Verlag Frauke Wandrey, Detmar Schäfer; Verlag Leuenhagen & Paris, ISBN 978-3-945497-06-7 und ISBN 3-945497-06-X; Inhaltsverzeichnis
Weblinks
- o.V.: Gegen das Vergessen / Einweihung Mahnmal Hansastraße auf der Seite hannover.de vom 25. September 2015
- Zwangsarbeit / Zwangsarbeiterlager [in Hannover] auf der Seite erinnerungundzukunft.de
- Einladung zur Einweihung des Mahnmals Hansastraße 10 (Nordhafen), mit einer Übersichts-Skizze als PDF-Dokument von der Seite kz-limmer.de
- Einweihung des Mahnmals Hansastraße 10 auf der Seite ns-zwangsarbeit-hannover.de
Einzelnachweise
- Waldemar R. Röhrbein: Günther Wagner – Verpackungswerke. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 241 f.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Waldemar R. Röhrbein: Beindorff, (3) Kurt. In: Hannoversches Biographisches Lexikon, S. 47 f.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- Waldemar R. Röhrbein: Günter Wagner - Pelikan-Werke. Das erste Jahrhundert. In: Stadtlexikon Hannover, S. 240 f.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
- evw: White Cap-Werk Hannover. In: neue verpackung. Nr. 8, 2001, ISSN 0939-5326, S. 23 (online [PDF]).
- Vergleiche das hannoversche Adressbuch von 1942, Teil II, S. 115
- o. V.: Gegen das Vergessen / Einweihung Mahnmal Hansastraße (Memento vom 20. Dezember 2016 im Internet Archive) auf der Seite hannover.de vom 25. September 2015, zuletzt abgerufen am 8. Dezember 2016
- Klara van Eyll, Renate Schwärzel (Hrsg.): Deutsche Wirtschafts-Archive. Nachweise historische Quellen in Unternehmen, Körperschaften des öffentlichen Rechts (Kammern) und Verbänden der Bundesrepublik Deutschland. Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, Köln 1994, ISBN 3-515-06211-4, S. 235.