Gämsen-Binse

Die Gämsen-Binse (Juncus jacquinii), auch Jacquins Binse genannt[1], ist eine seltene, zur Gattung der Binsen (Juncus) und der Familie der Binsengewächse (Juncaceae) gehörende Blütenpflanze.

Gämsen-Binse

Gämsen-Binse (Juncus jacquinii)

Systematik
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Binsengewächse (Juncaceae)
Gattung: Binsen (Juncus)
Art: Gämsen-Binse
Wissenschaftlicher Name
Juncus jacquinii
L.

Beschreibung

Vegetative Merkmale

Die Gämsen-Binse ist ein mehrjähriger, überwinternd grüner Hemikryptophyt. Die Binse wird zwischen 10 und 20 Zentimeter hoch[1] und bildet über kurze Ausläufer dichte dunkelgrüne Rasen. Die runden Stängel wachsen aufrecht und sind glatt bis schwach gerippt. Die Grundblätter sind dünn, glatt und an einer Seite schwach rinnig.

Generative Merkmale

Die Gämsen-Binse blüht zwischen Juli und Oktober. Die Blütenstängel sind am Grund scheidig. Sie verfügen über nur ein Hüllblatt im Bereich des Blütenstandes, der diesen weit überragt. Der schwarz-braune Blütenstand ist eine kopfige Spirre. Er steht seitenständig und ist fünf- bis 12-blütig. Die zwittrigen Blüten tragen sechs glänzend rote bis schwarzbraune, mit einem etwas helleren Mittelnerv versehene Perigonblätter. Diese sind gleich lang oder die inneren etwas länger als die äußeren, lanzettlich, lang zugespitzt und 5 bis 6 Millimeter lang.[1] Die sechs Staubblätter erreichen etwa zwei Drittel der Blütenhülle.[1] Die Staubbeutel sind 2,5- bis 3-mal so lang wie die Staubfäden.[1] Der Griffel ist ziemlich lang, an der Spitze purpurn und trägt drei lange grünliche bis rote korkenzieherartig gedrehte Narben. Die Kapselfrucht ist stumpf, dreikantig, 3 bis 4 Millimeter lang, von gleicher Farbe wie die Blütenblätter und kürzer als diese. Die Samen sind ellipsoidisch, rotbraun, 2 bis 2,5 Millimeter lang und hat einen Samenmantel mit 3 langen weißlichen Anhängseln.[1]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = ca. 170.[2]

Vorkommen

Die Gämsen-Binse ist ein mitteleuropäischer Endemit und kommt nur in Österreich, Frankreich, der Schweiz, Serbien und Italien in subalpinen bis alpinen Höhenlagen der Alpen und im nördlichen Apennin zwischen 1700 und 3200 m über NN in Rasen, Fels- und Geröllfluren des Hochgebirges vor. Ihre Bestände gelten europaweit als nicht gefährdet. In den Allgäuer Alpen steigt sie am Himmeleck in Bayern bis 2145 Metern und am Nordwestgrat des Grünen Kopfes bis 2200 Metern Meereshöhe auf.[3] Am Hinteren Spiegelkogel im Ötztal erreicht sie 3250 Meter und am Mont Gelé in den Walliser Alpen 3400 Meter.[1]

Die Gämsen-Binse ist kalkmeidend und wächst bevorzugt auf stark sauren bis sauren sowie auf stickstoffärmsten Lehm- und Steinböden. Ihr Hauptvorkommen hat die Pflanze in Kleinseggenrieden der Alpinen Braun-Seggen-Sümpfe (Caricetum fuscae subalpinum) sowie ein Schwerpunktvorkommen in Alpinen Sauerbodenrasen (Caricion curvulae).

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt & al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+w (feucht aber mäßig wechselnd), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 2 (sauer), Temperaturzahl T = 1+ (unter-alpin, supra-subalpin und ober-subalpin), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 3 (subozeanisch bis subkontinental).[4]

Gämsen-Binse (Juncus jacquinii) bei Zermatt

Ökologie

Die Gämsen-Binse verträgt als Volllichtpflanze keine Beschattung. Als Kälte- bis Kühlezeiger kennzeichnet sie ihren Standort in Hochgebirgen oberhalb der Waldgrenze.

Taxonomie

Die Gämsen-Binse wurde 1767 von Carl von Linné in Systema Naturae ...Editio duodecima, reformata..., ed. 12, Band 2, S. 251 als Juncus jacquinii erstbeschrieben. Ein Synonym ist Agathryon jacquinii (L.) Záv. Drábk. & Proćków. Das Epithet 'jacquinii' ehrt den Botaniker Nikolaus Joseph Freiherr von Jacquin.[1]

Literatur

  • Jürke Grau, B. P. Kremer, B. M. Möseler, G. Rambold, D. Triebel: Gräser. Mosaik-Verlag, München 1996, ISBN 3-576-10702-9.
  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
  • Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora. Ulmer, Stuttgart 1994, ISBN 3-8252-1828-7.

Einzelnachweise

  1. Dietrich Podlech: Familie Juncaceae. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band II, Teil 1. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1980, ISBN 3-489-54020-4, S. 360–361.
  2. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 148.
  3. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 298.
  4. Juncus jacquinii L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 23. März 2021.
Commons: Juncus jacquinii – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
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