Furan

Furan (Furfuran) ist eine in Wasser schlecht lösliche organische Flüssigkeit aus der Gruppe der aromatischen Sauerstoffheterocyclen bzw. Enolether.

Strukturformel
Allgemeines
Name Furan
Andere Namen
  • Furfuran
  • Divinylenoxid
  • Oxacyclopentadien
  • Oxol
Summenformel C4H4O
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit von chloroformartigem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 110-00-9
EG-Nummer 203-727-3
ECHA-InfoCard 100.003.390
PubChem 8029
ChemSpider 7738
Wikidata Q243992
Eigenschaften
Molare Masse 68,08 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig[1]

Dichte

0,94 g·cm−3 [2]

Schmelzpunkt

−86 °C[2]

Siedepunkt

32 °C[2]

Dampfdruck
  • 658 hPa (20 °C)[2]
  • 964 hPa (30 °C)[2]
  • 1370 hPa (40 °C)[2]
  • 1910 hPa (50 °C)[2]
Löslichkeit

schlecht in Wasser (10 g·l−1 bei 20 °C)[2]

Brechungsindex

1,421 (20 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[4] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 224302332315341350373412
EUH: 019
P: 210233308+313403+235[2]
Zulassungs­verfahren unter REACH

besonders besorgnis­erregend: krebs­erzeugend (CMR)[5]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−62,3 kJ/mol[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Geschichte

Der Name Furan leitet sich vom lateinischen Wort furfur für Kleie ab.[7] Als erstes Furanderivat stellte der Chemiker Carl Wilhelm Scheele 1780 Furan-2-carbonsäure (Brenzschleimsäure) her. Johann Wolfgang Döbereiner berichtete 1831 von einem weiteren wichtigen Derivat, dem Furfural, neun Jahre später konnte es der schottische Chemiker John Stenhouse charakterisieren. Furan stellte 1870 der Chemiker Heinrich Limpricht her. Er nannte es fälschlicherweise Tetraphenol.[8][9]

Untersuchungen an Ratten lassen eine genotoxische Wirkung vermuten.[10] In Ratten führt eine Dosis von >2 mg/kg Körpergewicht zu einer stark erhöhten Tumorrate. Die für den Menschen geschätzte tägliche Aufnahmemenge liegt bei 1,23 µg/kg Körpergewicht. Dies stellt einen geringen Sicherheitsabstand dar.[11] Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Furan als möglicherweise Krebs erregend für den Menschen eingestuft. Die genaue Wirkung im menschlichen Körper muss allerdings noch geklärt werden.

Entstehung

Furan ist unter anderem im Kaffee enthalten und entsteht dort als Zersetzungsprodukt aus Furan-2-carbonsäure sowie infolge von Maillard-Reaktionen aus Aminosäuren bzw. Kohlenhydraten.[1] Der Furangehalt ist dabei direkt von der angewandten Brühmethode abhängig.[12] Die gefundenen Konzentrationen liegen dabei zwischen 18 und 88 µg/l in gebrühtem Kaffee.[13]

Gewinnung und Darstellung

Furan wird technisch aus Furfural (Furan-2-carbaldehyd) hergestellt. Dieses kann durch Destillation von Kleie mit Schwefelsäure gewonnen werden. Zur Decarbonylierung (Abspaltung von Kohlenstoffmonoxid) des Furfurals wird es zusammen mit Zinkoxid und Chrom(III)-oxid auf 400 °C erhitzt. In einem alternativen Syntheseweg wird das Furfural zunächst mit Sauerstoff zur Furan-2-carbonsäure oxidiert und anschließend durch eine Decarboxylierung zu Furan umgesetzt. Eine weitere Möglichkeit zur Synthese von Furan und seiner Derivate bietet die Umsetzung von 1,4-Dicarbonylverbindungen (für Furan wird Butandial benötigt) mit trockenem HCl-Gas oder mit Phosphor(V)-oxid.[14]

Eigenschaften

Verschiedene Darstellungen des Furanmoleküls

Furan ist ein Aromat: Ein Fünfring mit Sauerstoff als Heteroatom, bei dem sechs π-Elektronen über den Ring delokalisiert sind. Dabei stammen vier Elektronen aus den beiden Doppelbindungen und zwei Elektronen aus dem p-Orbital des sp2-hybridisierten Sauerstoff-Atoms. Somit gehört es zu den Heteroaromaten und zu den Heterocyclen. Der aromatische Charakter ist jedoch schwächer als bei Pyrrol und Thiophen ausgeprägt.

Furan hat einen niedrigen Siedepunkt (32 °C) und schon bei Raumtemperatur einen hohen Dampfdruck. Es ist brennbar und – wegen des hohen Dampfdrucks – hochentzündlich.

Sicherheitstechnische Kenngrößen

Furan bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt bei −36 °C.[2] Der Explosionsbereich liegt zwischen 2,3 Vol.‑% (64 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 14,3 Vol.‑% (405 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[2] Die Grenzspaltweite wurde mit 0,68 mm bestimmt.[2] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIB.[2] Die Zündtemperatur beträgt 390 °C.[2][15] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T2.

Verwendung

Eine wichtige Reaktion des Furans ist die Hydrierung zum cyclischen Ether Tetrahydrofuran, der oft als Lösungsmittel verwendet wird.

Derivate

Furanderivate kommen in Aromen und Riechstoffen vor und wirken in der Natur als Pheromone. Furanfettsäuren werden von verschiedenen Pflanzen aus Fettsäuren synthetisiert und lassen sich in einer Vielzahl von Organismen nachweisen.

Ähnliche Strukturen bilden einige Kohlenhydrate (Zucker), diese werden als Furanosen bezeichnet, enthalten jedoch keine Doppelbindungen im Ring.

Verwandte Verbindungen

Wiktionary: Furan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Furan. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 7. Juni 2014.
  2. Eintrag zu Furan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2022. (JavaScript erforderlich)
  3. Datenblatt Furan bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 2. April 2011 (PDF).
  4. Eintrag zu Furan im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  5. Eintrag in der SVHC-Liste der Europäischen Chemikalienagentur, abgerufen am 16. Juli 2014.
  6. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-25.
  7. Alexander Senning. Elsevier's Dictionary of Chemoetymology. Elsevier, 2006. ISBN 0-444-52239-5.
  8. H. Limpricht: Ueber das Tetraphenol C4H4O. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 3, Nr. 1, 1870, S. 90–91, doi:10.1002/cber.18700030129.
  9. Ernest Harry Rodd: Chemistry of Carbon Compounds: A Modern Comprehensive Treatise. Elsevier, Amsterdam, New York 1971 (englisch).
  10. Carolin Neuwirth, Pasquale Mosesso, Gaetano Pepe, et al.: Furan carcinogenicity: DNA binding and genotoxicity of furan in rats in vivo. In: Molecular nutrition & food research. Band 56, Nummer 9, September 2012, S. 1363–1374, doi:10.1002/mnfr.201200226, PMID 22865590, PMC 3892142 (freier Volltext).
  11. Sabrina Moro, James Kevin Chipman, Jan-Willem Wegener, et al.: Furan in heat-treated foods: Formation, exposure, toxicity, and aspects of risk assessment. In: Molecular Nutrition & Food Research, 29. Mai 2012, doi:10.1002/mnfr.201200093
  12. Gesundheitsrisiko durch Schadstoff Furan im Kaffee? „ZDFzoom“-Dokumentation stellt aktuellen Forschungsstand dar, 25. September 2012.
  13. Furan – Untersuchungsergebnisse des bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, 2009.
  14. Eberhard Breitmaier, Günther Jung: Organische Chemie. 4. Auflage, Thieme, Stuttgart 2001, ISBN 3-13-541504-X, S. 644.
  15. E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen - Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
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