Freiheit statt Sozialismus

Freiheit statt Sozialismus war die wichtigste Wahlkampfparole der CDU zur Bundestagswahl 1976. Die CSU verwendete den Wahlspruch Freiheit oder Sozialismus.[1]

Verwendung im Bundestagswahlkampf 1976

Das Wahlkampfmotto wird häufig Alfred Dregger zugeschrieben.[2][3] Die Wendung richtete sich unter anderen gegen die von Willy Brandt eingeleitete Neuen Ostpolitik der SPD/FDP-Regierungskoalition unter dem Kabinett Schmidt I. Freiheit sollte das demokratisch-politische System der „Bonner Republik“ inklusive ihrer Westintegration symbolisieren, demgegenüber sollte Sozialismus auf das realsozialistische politische System der DDR verweisen. Sie wurde (wie auch die anderen Wahlsprüche der Union im Bundestagswahlkampf 1976) jeweils mit einem vorangestellten „Aus Liebe zu Deutschland“ kombiniert.[4] Der Slogan stand auf mehreren Wahlkampfplakaten der CDU, unter anderem auch mit einer umstrittenen Abbildung eines schwedischen Models mit Boxhandschuhen.[5]

Während Helmut Kohl und Kurt Biedenkopf Themenbereiche wie „Gerechtigkeit, Solidarität, Freiheit“ nicht der SPD überlassen wollte, befürchtete der rechte Flügel der Union eine „Sozialdemokratisierung“ der Partei. Nach dem Wahlsieg von Hans Filbinger bei der Landtagswahlkampf Baden-Württembergs im April 1976 und einer ähnlichen Kampagne durch Franz Josef Strauß, wurde das Motto am 24. Mai 1976 nach innerparteilichen Kontroversen auf den Wahlparteitag der CDU in Hannover der Öffentlichkeit präsentiert.[6] Kohl sah darin eine direkte Antwort auf die Behauptung der SPD, die Demokratie lasse sich nur im Sozialismus verwirklichen. Helmut Schmidt entgegnete: „In Wirklichkeit ist es doch so, dass ein Mann wie Kurt Schumacher für Freiheit und für Sozialismus im Konzentrationslager gesessen hat.“ Willy Brandt erwiderte: „Die Entweder-Oder-Propagandisten der Rechten werden es nicht schaffen, Freiheit gegen Sozialdemokratie auszuspielen. Und auch die Götzenanbeter auf kommunistischer Seite werden die Bürger nicht täuschen können. Ihr angeblicher Sozialismus Marke DDR hat mit Freiheit soviel zu tun wie der Ochse mit dem Klavierspielen.“[7] Am Wahlabend resümierte der Bundesinnenminister Werner Maihofer (FDP): „Die Leistung ist gewählt, die Lumperei mit Freiheit statt Sozialismus ist nicht aufgegangen.“[8]

Die Bundestagswahl 1976 endete mit einem Stimmenzuwachs der Union auf 48,6 Prozent, die ohne Koalitionspartner jedoch keine Regierung bilden konnte. Inwieweit dieser Slogan dazu beigetragen hat, ist nicht feststellbar. Er war auch in der Bevölkerung umstritten und wurde nach Meinungsumfragen zu Beginn des Wahlkampfes im Frühjahr 1976 von 65 % der Befragten abgelehnt. Jedoch zeigte er Wirkung im Sinne der Unionsparteien dadurch, dass er die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf ein Thema richtete, in dem der Union vom Wähler deutlich höhere Kompetenz zugesprochen wurde als der Regierung. Zeichen dieser Wirkung war die Zustimmung zum Ziel „Verhindern, dass kommunistische Einflüsse in Europa vordringen“ während des Wahlkampfes von 51 % auf 59 % zunahm. 46 zu 15 % der Wähler sahen in dieser Frage eine höhere Kompetenz der Union gegenüber der SPD.[9]

Weitere Verwendung

Abgewandelt fand der Slogan bereits in der Künstler-Initiative von Klaus Staeck „Freiheit statt Strauß“ zum Bundestagswahlkampf 1980 Verwendung.[10]

Der originale Wahlspruch wurde mehrfach in späteren Wahlen aufgegriffen. So warb damit die DSU im Wahlkampf zur ersten freien Volkskammerwahl 1990[11]. Die FDP verwendete ihn bei der Hessischen Landtagswahl 2008.

Außerdem verwendete die AfD diesen Slogan im Wahlkampf für die Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im Jahr 2019.[12]

Mit dem 2011 erschienenen Buch Freiheit statt Kapitalismus spielt die Politikerin der Linken Sahra Wagenknecht auf das Schlagwort an.[13]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hans Jörg Schmidt: Die deutsche Freiheit: Geschichte eines kollektiven semantischen Sonderbewusstseins, 2010, ISBN 3-941743-05-8, Seite 338, Online
  2. Portrait Alfred Dregger: "Freiheit statt Sozialismus", RP-online vom 30. Juni 2002, abgerufen am 8. April 2017
  3. Gestorben: Alfred Dregger, Der Spiegel 28/2002, abgerufen am 8. April 2017
  4. Geschichte der CDU: Wahlprogramme und -slogans Konrad-Adenauer-Stiftung, abgerufen am 8. April 2017
  5. Plakate zur Geschichte der Bundestagswahlen, Konrad-Adenauer-Stiftung, abgerufen am 8. April 2017
  6. Daniela Forkmann, Saskia Eichter (Hrsg.): Gescheiterte Kanzlerkandidaten, Springer Verlag 2007, S.191;online in Google Büchersuche
  7. 24. Mai 2006 – Vor 30 Jahren: CDU-Wahlkampfmotto "Freiheit statt Sozialismus", WDR.de vom 24. Mai 2006, abgerufen am 7. April 2017
  8. „Hoffentlich halt das vier Jahre“, DER SPIEGEL 41/1976, abgerufen am 7. April 2017
  9. Nikolaus Jackob: Wahlkämpfe in Deutschland: Fallstudien zur Wahlkampfkommunikation 1912-2005, 2007 ISBN 3-531-15161-4, Seite 201–202, Online
  10. DER SPIEGEL 7/1980: Künstler contra Strauß S. 212
  11. Ulrich H. Brümmer: Parteiensystem und Wahlen in Sachsen: Kontinuität und Wandel von 1990 bis 2005 unter besonderer Berücksichtigung der Landtagswahlen, 2006, ISBN 3-531-14835-4, Seite 66, Online
  12. AfD-Wahlkampf im Osten: Wenn Wessis von einer „DDR2.0“ sprechen und eine „Wende2.0“ fordern. In: Belltower.News. Abgerufen am 22. August 2020 (deutsch).
  13. Erhard Crome: Gerechtigkeit, Freiheit und die Lasten – Das neue Buch von Sahra Wagenknecht; Neues Deutschland vom 20. Mai 2011
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