Freiburger Burschenschaft Alemannia
Die Freiburger Burschenschaft Alemannia ist eine dachverbandsfreie, farbentragende, fakultativ schlagende Studentenverbindung an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Sie zählt zu den ältesten Studentenverbindungen in Freiburg im Breisgau.
Freiburger Burschenschaft Alemannia | ||||||||||
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Universität | ||||||||||
Gegründet | 26. Juni 1860 in Freiburg | |||||||||
Dachverband | ||||||||||
Wahlspruch | Auf ewig ungeteilt | |||||||||
Farben | Blau-Weiß-Grün (Burschen)
Blau-Weiß (Füxe) | |||||||||
Adresse | Günterstalstr. 56 Freiburg im Breisgau | |||||||||
Homepage |
Couleur
Die Freiburger Alemannen tragen die Farben Blau-Weiß-Moosgrün mit silberner Perkussion. Bei den Farben handelt es sich um die Farben der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (blau-weiß), ergänzt um das Moosgrün des Schwarzwalds. Füxe tragen die Farben blau-weiß. Die Kneipjacken der Freiburger Alemannen sind blau mit weißen Kordeln ziseliert. Der Wahlspruch Freiheit-Ehre-Vaterland! geht auf die Urburschenschaft zurück; die Erstnennung der Freiheit steht in der Tradition der Badischen Revolution. Als Kopfcouleur werden Mützen in blauer Farbe getragen.
Geschichte
Die Vorläuferorganisation der Alemannia wurde 1860 als namenloser Verein der Universität gegründet, der es sich, mit deren Genehmigung, zum Ziel erklärte, nichtkorporierten Freiburger Studenten eine Möglichkeit zum Zusammenschluss zu bieten, ohne in die damals oft körperlich ausgetragenen Auseinandersetzungen zwischen den konkurrierenden Verbindungen verwickelt zu werden.
1872 wandelte sich der Verein in eine straffer geführte Akademische Verbindung um, die, unter Bezugnahme auf den Volksstamm, der seit der Antike im südwestdeutschen Raum siedelte, den Namen Alemannia annahm. Burschenschaft wurde Alemannia 1879, weil das Austragen von Bestimmungsmensuren zu dieser Zeit eine Anlehnung an eine der größeren akademischen Bewegungen erforderte. Diese eher untypische Gründungsgeschichte einer Burschenschaft aus einer Organisation heraus, deren eigentliche Grundidee die Überwindung des klassischen Korporationswesens im Sinne des Progresses war, blieb für Alemannia auch in der Folgezeit prägend. Noch 1909 bestanden keine Verkehrsverhältnisse oder formalisierten Kontakte zu weiteren Burschenschaften, womit die Freiburger Alemannia einen Ausnahmefall im mitteleuropäischen Korporationswesen darstellte.[1] Kurz nach der Umwandlung in eine Burschenschaft übernahm Alemannia für das Wintersemester 1879/80 den Vorsitz des Eisenacher Deputierten-Conventes, der Vorläuferorganisation des 1881 gegründeten Allgemeinen Deputierten-Conventes, der seit 1902 als Deutsche Burschenschaft auftritt. Die bereits 1895 publizierte Beschreibung des Archivs gilt als exemplarisches Beispiel der verbindungsinternen Verschriftlichung im sprachwissenschaftlichen Sinn.[2]
Im Ersten Weltkrieg verlor die Alemannia etwa 40 Bundesbrüder. Darunter war auch der Leutnant Albert Dossenbach, der als Pour-le-Mérite-Träger zu den am höchsten dekorierten Kampffliegern der deutschen Streitkräfte gehörte.[3] Bei dessen zum Lokalereignis stilisierten und von Vertretern der Freiburger Stadt und Universität (unter anderem Oskar de la Camp) besuchten Bestattung am 11. Juli 1917 kam der Alemannia eine für diese Zeit typische, führende Rolle zu.[4]
In der von Richtungsstreitigkeiten innerhalb der Deutschen Burschenschaft geprägten Zwischenkriegszeit stellte sich die Alemannia 1925 gegen den eigenen Dachverband, indem sie dessen Unvereinbarkeitsbeschluss mit dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold nicht umsetzte. Entsprechend lehnte die Burschenschaft in der Zeit des Nationalsozialismus auch die aktive Gleichschaltungspolitik der Deutschen Burschenschaft ab und trat 1935, mit nur knapp über 30 anderen Bünden, der so genannten Alten Burschenschaft bei, die jedoch noch im selben Jahr zerschlagen wurde. Die Aktivitas der Alemannia musste sich 1936 auflösen und lebte 1937 inoffiziell in der Kameradschaft Kampfflieger Dossenbach weiter.
1949 wurde die Burschenschaft durch Mitglieder der aus Krieg und Gefangenschaft heimgekehrten Dossenbacher wiedergegründet; Mensur und die Zugehörigkeit zur Deutschen Burschenschaft waren in den folgenden beiden Jahrzehnten wieder selbstverständliche Elemente des Bundeslebens. Eine besondere Rolle spielte Alemannia am Burschentag 1971, an dem der historische Kompromiss geschlossen wurde, der nur durch Ausschluss der Freiburger Alemannen erreicht werden konnte.[5] 1972 wurde die Freiwilligkeit des Schlagens von Mensuren schließlich Bestandteil einer neuen Satzung, eine Entscheidung, die nicht unumstritten war und von bekannten Mitgliedern der Burschenschaft auch öffentlich in Frage gestellt wurde, wie etwa von dem sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten und vormaligen hessischen Wirtschaftsminister Harald Koch[6], der nichtsdestotrotz auch weiterhin aktiv als Freiburger Alemanne in der Öffentlichkeit auftrat.[7]
1976 wurde die Alemannia erneut vorübergehend aus der Deutschen Burschenschaft ausgeschlossen, weil sie in einem Antrag die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaften in Deutscher Burschenschaft und NPD forderte. 1991 schließlich erklärte die Aktivitas ihren endgültigen Austritt aus dem Dachverband, 1999 folgte die Altherrenschaft. Seitdem ist die Freiburger Burschenschaft Alemannia dachverbandsfrei. 2016 wurde ein Freundschaftsverhältnis mit der Burschenschaft Vineta Heidelberg geschlossen.
Als Teil der Freiburger Universitätsgeschichte sind Couleur der Alemannia sowie Prunk-, Pauk- und Mensurschläger im Universitätsmuseum ausgestellt und zu besichtigen.
Häuser
Das 1911 erworbene, im Freiburger Stadtteil Wiehre gelegene Korporationshaus ist Mittelpunkt des Bundeslebens; errichtet wurde es vom Architekten Wilhelm Meeß.[8]
In der Gemeinde Feldberg-Bärental im Schwarzwald verfügt die Alemannia überdies über ein Berghaus.
Freiburger Studentenball und Kontroversen
Die Freiburger Alemannia ist seit 2014 Mitausrichterin des so genannten Freiburger Studentenballes, der seit seinem Bestehen für Kontroversen sorgt. Dabei wurde insbesondere von antifaschistischen Gruppen wiederholt kritisiert, dass die Universität Räumlichkeiten an eine Organisation vergebe, denen sie ein „rechtskonservatives und reaktionäres Weltbild“ vorwarfen. Die Universität wies diese Behauptungen als unbegründet ab.[9] Auch die Organisatoren des Balles wiesen die Vorwürfe zurück.[10]
Bekannte Mitglieder (Auswahl)
- Joachim Bahlcke (1963), Historiker und Universitätsprofessor
- Hans Barry (1879–1966), Beamter in der Bergverwaltung
- Anton Josef Beck (1857–1922), Beamter und Mitglied des Reichstags
- Arnold Brügmann (1912–1995), Historiker und Archivar
- Ferdinand Dewers (1889–1961), Botaniker und Geologe
- Albert Dossenbach (1891–1917), Ritter des Ordens Pour le Mérite und Kampfflieger im Ersten Weltkrieg
- Karl-Heinz Hahlbrock (1917–2003), HNO-Mediziner
- Gunter Huonker (1937–2021), Parlamentarischer Staatssekretär, Bundestagsabgeordneter (SPD) (1981 ausgetreten)
- Harald Koch (1907–1992), Politiker (SPD), hessischer Wirtschaftsminister
- Friedrich König (1857–1935), Politiker (NLP, DDP), Abgeordneter des Badischen Landtags
- Günter Kuhl (1907–1948), Jurist, SS-Obersturmbannführer und leitender Gestapomitarbeiter
- Otto Laue (1875–1933), Oberbürgermeister von Witten und Preußischer Landtagsabgeordneter
- Theodor Leutwein (1849–1921), Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe und Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika
- Arthur Lüttringhaus senior (1873–1945), Chemiker
- Hans-Joachim Martini (1908–1969), Geologe und Leiter der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
- Franz Oppenheimer (1864–1943), Nationalökonom und Soziologe
- Friedrich Pfenningsdorf (1870–1945), Mitglied der Mecklenburgischen Landstände, Ehrenbürger von Kröpelin
- Wilfried Rödiger (1937–2016), Internist und Kardiologe
- Hermann Schloffer (1868–1937), österreichischer Chirurg und Hochschullehrer in Innsbruck und Prag
- Anton Schütz (1861–1919), Bürgermeister und Landtagsabgeordneter
- Robert Sommer (1883–1956), Verwaltungsjurist
- Joseph Stöckle (1844–1893), Altphilologe und Schriftsteller
- Hans Venedey (1902–1969), Jurist und Politiker (SPD), Staatsminister des Innern von Groß-Hessen (1945/46), (Mitglied 1922–1925)
- Hermann Venedey (1904–1980), Pädagoge und Schuldirektor, (Mitglied 1923–1925)
- Julius Versé (1881–1966), Geologe und Bergbauingenieur
- Kurt Wehrle (1905–1976), Verwaltungsjurist und Landrat des Landkreises Emmendingen
- Alfred Zerban (1933–2014), Volkswirt, Hörfunkjournalist
Literatur
- Hans-Georg Balder: Die Deutsche(n) Burschenschaft(en) – Ihre Darstellung in Einzelchroniken. Hilden 2005, S. 144–145.
- Joachim Bahlcke (Hrsg.): Ad multos annos!: Geschichte und Geschichten der Alemannia Freiburg, 1945 bis 1990. Selbstverlag des Bundes Alter Freiburger Alemannen, Freiburg 1991.
- Karl Gundermann: Die Mitglieder der alten Freiburger Burschenschaft (1816–1851). Freiburg im Breisgau 1984/2004.
- Barbara Schumacher: Burschenschaft und Nationalsozialismus. Die Freiburger Alemannia. Magisterarbeit Universität Freiburg im Breisgau 1999.
- Alfred Wirth (Hrsg.): Geschichte der Freiburger Burschenschaft Alemannia, 1860–1935, Freiburg 1935.
- Alfred Wirth (Hrsg.): Geschichte der Freiburger Burschenschaft Alemannia, 1860–1950, Freiburg 1954.
- Hans-Günther Ziegler (Hrsg.): Hundert Jahre Burschenschaft Alemannia 1860–1960. Festgabe zum 100. Stiftungsfest in Freiburg im Breisgau vom 2. Juni bis 6. Juni 1960, Schwenningen am Neckar 1960.
Einzelnachweise
- Lisa Fetheringill Zwicker: Dueling Students: Conflict, Masculinity, and Politics in German Universities 1890–1914. University of Michigan Press, 2011, S. 64.
- Dieter Cherubim, Klaus J. Mattheier: Voraussetzungen und Grundlagen der Gegenwartssprache: Sprach- und sozialgeschichtliche Untersuchungen zum 19. Jahrhundert. Walter de Gruyter, 1989, S. 206 f.
- Franks, Norman et al.: Above the Lines: The Aces and Fighter Units of the German Air Service, Naval Air Service and Flanders Marine Corps, 1914–1918. Grub Street, 1993, S. 101.
- Fliegerleutnant Dossenbachs Bestattung. In: Freiburger Zeitung vom 12. Juli 1917.
- Sonja Kuhn: Die Deutsche Burschenschaft. Eine Gruppierung im Spannungsfeld zwischen Traditionsformalismus und Traditionsstiftung. Eine Analyse für den Zeitraum von 1950 bis 1999. Diplomarbeit Bamberg 1999 (gedruckt 2002), S. 128.
- Letzte Erfüllung. In: Der Spiegel 26/1973.
- Der Bund fürs Leben. In: Manager Magazin 06/1975
- Manfred Gallo: Institut, Pension, Verbindungshaus. In: Badische Zeitung, 28. Jan. 2013, abgerufen am 22. Dez. 2020.
- Antifaschistische Linke will Studentenball verhindern, weil Burschenschafter dahinterstecken. In: fudder.de vom 19. Januar 2017
- Knatsch um Studentenball im Peterhof. In: Badische Zeitung vom 21. Januar 2017
Weblinks
- Webseite der Burschenschaft Alemannia Freiburg
- Sammlung von Couleurkarten der Burschenschaft Alemannia Freiburg