Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie
Das Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT ist eine Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. und befindet sich in Ilmenau. Seine Aktivitäten sind der angewandten Forschung und Entwicklung in den Fächern Ingenieurwissenschaft und Mathematik auf den Gebieten Informatik und Medienwissenschaft zuzuordnen.
Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT | |
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Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie IDMT | |
Kategorie: | Forschungseinrichtung |
Träger: | Fraunhofer-Gesellschaft |
Rechtsform des Trägers: | Eingetragener Verein |
Sitz des Trägers: | München |
Standort der Einrichtung: | Ilmenau |
Außenstellen: | Oldenburg |
Art der Forschung: | Angewandte Forschung |
Fächer: | Ingenieurwissenschaften |
Fachgebiete: | Mathematik, Informatik, Medienwissenschaft |
Grundfinanzierung: | Bund (90 %), Länder (10 %) |
Leitung: | Joachim Bös |
Mitarbeiter: | ca. 150 (Stammpersonal) |
Homepage: | www.idmt.fraunhofer.de |
Geschichte
Die Institutsgeschichte in Ilmenau beginnt im Jahr 2000 mit der Gründung der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Elektronische Medientechnologie (AEMT) als Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen.
In den ersten Jahren wird von der Arbeitsgruppe ein neues Soundsystem entwickelt, das eine extrem realistische Audiowiedergabe in beliebigen Räumen ermöglicht. Das Hörerlebnis basiert auf dem Prinzip der Klangfeldsynthese, das an der TU Delft (Niederlande) erfunden wurde. Im Jahr 2003 wurde das System erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Zum 1. Januar 2004 wurde die Außenstelle in ein eigenständiges Fraunhofer-Institut umgewandelt, das IDMT wurde das 58. Fraunhofer-Institut. Seit Juni 2004 hat das Institut seinen Sitz am Campus der Technischen Universität in Ilmenau.
Im August 2008 wurde die Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie als Außenstelle des Fraunhofer IDMT in Oldenburg gegründet. Seit 2018 nennt sich die Projektgruppe Institutsteil. Auf der Hannover Messe 2019 unterzeichneten die Fraunhofer-Gesellschaft gemeinsam mit dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) eine Absichtserklärung für den Institutsteil, um diesen in ein eigenes Fraunhofer-Institut für Hör-, Sprach- und Neurotechnologie zu überführen.[1]
Forschung und Entwicklung
Das Schlüsselthema des Fraunhofer IDMT ist die Entwicklung neuer Medientechnologien für professionelle Märkte und für den Unterhaltungssektor.
In folgenden Geschäftsfeldern wird geforscht:
- Acoustics
Das Geschäftsfeld Acoustics entwickelt 3D-Audiotechnologien und Werkzeuge zur Produktion und Wiedergabe von räumlichem Klang sowie zur virtuellen Simulation und Optimierung akustischer Produkteigenschaften. Aktuelle Entwicklungsarbeiten beschäftigen sich außerdem mit der Ansteuerung und dem Design miniaturisierter Lautsprecher, u. a. auf Basis der MEMS-Technologie. - Media Management and Delivery M2D
Das Geschäftsfeld Media Management and Delivery bietet Lösungen zur automatischen Annotation, Suche und Qualitätskontrolle von Audio- und Videomaterial sowie für die Verwaltung, Bearbeitung und interaktive Nutzung audiovisueller Inhalte. - Industrial Media Applications IMA
Das Geschäftsfeld Industrial Media Applications IMA kombiniert die jahrelange Expertise des Fraunhofer IDMT aus den Bereichen intelligente akustische Messtechnik, audiovisuelle Signalanalyse, Machine Learning sowie sicherheitsrelevante Technologien und generiert damit neue Lösungen zur Anwendung im industriellen Umfeld.
Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA
Der Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA konzentriert seine Arbeit auf die Überführung von Forschungserkenntnissen aus den Bereichen der menschlichen Hörwahrnehmung und der Mensch-Technik-Interaktion, in technologischen Anwendungen. Weitere Schwerpunkte der angewandten Forschung sind außerdem die Verbesserung von Sprachverständlichkeit, die personalisierte Audiowiedergabe sowie akustische Sprach- und Ereigniserkennung. Diese Schwerpunkte finden in den Bereichen Verbraucherelektronik, Verkehr und Automotive, der Produktion und der Telekommunikation Anwendung. 2018 wurde bekanntgegeben, dass das Fraunhofer IDMT die Audiotechnologie für den Smart Speaker „Hallo Magenta“ der Deutschen Telekom entwickelt hat. Weitere Schwerpunkte liegen auf den mobilen Neurotechnologien zur Erfassung von Gehirnaktivitäten außerhalb des Labors sowie auf körpernaher Sensorik zur Erfassung von Vitaldaten.
Der Institutsteil zur Überführung in ein eigenes Fraunhofer-Institut für Hör-, Sprach- und Neurotechnologie durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur und die Volkswagen Stiftung gefördert. Im September 2022 wurde bekanntgegeben, dass der Institutsteil im Rahmen der „Fraunhofer-Initiative Niedersachsen“ zusammen mit drei weiteren Fraunhofer-Standorten in Niedersachsen gefördert wird. Aufbauend auf dem bisherigen Leistungsangebot des Oldenburger Institutsteils HSA sollen die Arbeitsgebiete „Connected Health“, „Neurotechnologie“, „The Hearing Car“, „HSN4Production“ sowie „Voice Enabled Devices“ zu einem Portfolio mit Alleinstellungsmerkmalen auf den Gebieten Hör-, Sprach- und Neurotechnologie (HSN) beitragen. Damit sichert sich das Fraunhofer IDMT-HSA eine langfristige Ausbauperspektive für die kommenden Jahre.
Bei The Hearing Car®[2][3] bauen die Forscherinnen und Forscher auf langjährige Expertise im Bereich KI-gestützter Audiotechnologie und die Zusammenarbeit mit Autobauern. Gemeinsam arbeiten sie daran Autos einen „Gehörsinn“ zu verschaffen, damit eine akustische Wahrnehmung von Außengeräuschen am und im Fahrzeug möglich wird, die die Forschung an autonom fahrenden Fahrzeugen vorantreibt. Im Automotive-Bereich arbeitet der Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA zudem an der individuellen Klanganpassung mit Hilfe der „YourSound“-Technologie und konnte diese bereits erfolgreich in Fahrzeugen der Mercedes-Benz Group AG implementieren sowie in Consumer Headphones der Marke Sennheiser der Sonova Holding AG.[4][5]
Das Fraunhofer IDMT in Oldenburg hat eine neuartige Aufnahme- und Analysemethode für das zeitgleiche Monitoring verschiedener Vital- und Bewegungsdaten via Radar im Bereich Connected Health entwickelt. Die Forschenden testen den Einsatz des Radars auch im Fahrzeug, um die Vitalparameter des Fahrenden zu überwachen, z. B. bei Berufskraftfahrenden oder perspektivisch in autonomen Fahrzeugen. Außerdem soll die Verwendung am Gefahrenarbeitsplatz Mitarbeitende zukünftig zusätzlich zu bisherigen Schutzmaßnahmen absichern. Zuhause kann das Radar Daten für ein Schlafmonitoring liefern. Ebenso wird die Einbettung in einen smarten Assistenten für das stationäre oder häusliche Leben anvisiert. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat für das beschriebene Verfahren ein Patent angemeldet (Patentnummer: 102022208945.6).[6]
3D-Sound
Von besonderer Bedeutung ist das in Ilmenau bereits vor der Ernennung zum Fraunhofer-Institut entwickelte Soundsystem zur realistische Audiowiedergabe in beliebigen Räumen. Das System mit dem Namen IOSONO basiert auf dem Prinzip der Klangfeld- bzw. Wellenfeldsynthese und schafft mit Hilfe vieler Lautsprecher einen natürlichen und räumlichen Klangeindruck über nahezu den gesamten Wiedergaberaum. Die neue Technologie kann überall dort eingesetzt werden, wo Flächen mit natürlichem Klang beschallt werden sollen. Dazu gehören Theater, Live-Bühnen, Multimedia-Installationen, Discotheken, Planetarien und Virtual-Reality-Anwendungen. Der Vorteil dieser Technik liegt im Besonderen darin, dass ein natürlicher räumlicher Klangeindruck über einen großen Bereich des Wiedergaberaums möglich ist.
Zur weltweiten Vermarktung der Hard- und Software des Systems wird im Dezember 2004 als Spin off ein Unternehmen unter dem Namen IOSONO GmbH gegründet. Seit September 2014 gehört das Spin off zu Barco. Geschäftssitz ist Das KinderMedienZentrum Erfurt.
- Im Jahr 2004 wurde das System bei den Bregenzer Festspielen eingerichtet. Zur Umsetzung des Beschallungskonzeptes wurden 820 Lautsprecher rund um den Zuschauerbereich der Seebühne installiert.
- Seit dem 13. Juli 2006 sind die Seefestspiele Mörbisch auf der Seebühne Mörbisch am Neusiedler See mit der IOSONO-Technik ausgerüstet. Jeder der rund 6.200 Zuhörer kann damit den Gesang der Künstler und deren Bewegungen auf der Bühne aus der Richtung wahrnehmen, aus der sie auch tatsächlich kommen. Die Seebühne ist die größte Freilicht-Operettenbühne der Welt.
Das Fraunhofer IDMT arbeitet weiter an der Entwicklung dreidimensionaler Beschallungslösungen und bietet mit SpatialSound Wave[7] jetzt eine kompakte Lösung, die mit einem deutlich reduzierten Lautsprecher-Setup als Add-on Komponente einfach in bestehende Systeme integriert werden kann.
Kooperationen
Das Fraunhofer IDMT ist Mitglied in verschiedenen Fraunhofer-internen Kompetenznetzwerken.
- Als Mitglied der Fraunhofer-Allianz Digital Media, einem Zusammenschluss von vier Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft, arbeitet das Institut an Schlüsselkomponenten für das digitale Kino. Das Spektrum der Arbeiten reicht von der Kamera- und Speichertechnik über neuartige 3D-Audiosysteme, Trackingsysteme für virtuelles Studio, Projektions- und Übertragungstechnik bis hin zu Systemlösungen für digitale Archivierung.
- Seit März 2003 schließen sich bei der Fraunhofer-Allianz Verkehr unterschiedliche Fraunhofer-Institute und Einrichtungen zusammen, um ihre Kompetenzen im Bereich Verkehr zu bündeln. Das Fraunhofer IDMT leistet mit seinem Know-how im Bereich Datenschutz, Datensicherheit, akustischem Monitoring sowie für das automatisierte Fahren einen Beitrag.
Neben internen Netzwerken arbeitet das Fraunhofer IDMT eng mit universitären Einrichtungen zusammen. Dazu gehören u. a. das Fachgebiet Elektronische Medientechnik der Technischen Universität Ilmenau die den Grundlagenforschungsbedarf des Fraunhofer IDMT abdeckt und durch die Doppelfunktionen des Institutsleiters (zugleich Leiter des Fachgebiets) begünstigt wird. Auch im fakultätsübergreifenden Institut für Medien und Mobilkommunikation IMMK engagiert sich das IDMT. Ziel des IMMK ist es, fakultätsübergreifend gemeinsam zu forschen und Studierende interdisziplinär auszubilden. Themenschwerpunkte sind Medientechnologien und ihre Anwendungen, Mobilkommunikation, Produktion und Rezeption von Medieninhalten und drahtlose Übertragung und Sensorik.[8]
Auch mit der Oldenburger Jade Hochschule, der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, der Hochschule Emden/Leer und der Berliner Universität der Künste gibt es enge Kooperationen. Am Hörstandort Oldenburg ist der Institutsteil Hör-, Sprach- und Audiotechnologie HSA eng verbunden mit dem Exzellenzcluster "Hearing4all" und dem Sonderforschungsbereich HAPPAA an der Universität Oldenburg. Das Fraunhofer IDMT ist von Beginn an Teil des Hearing4all-Clusters, welches im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes seit 2012 gefördert wird. Die zweite Förderperiode läuft nun seit 2019.
Infrastruktur
Am Fraunhofer IDMT sind über 100 Mitarbeiter beschäftigt, der überwiegende Teil davon sind Wissenschaftler und Techniker. Hinzu kommen über 60 studentische Hilfskräfte und Diplomanden. Der Betriebshaushalt des Fraunhofer IDMT (Stand 2013) setzt sich zusammen aus etwa 45 Prozent öffentlichen und sonstigen Erträgen, 18 Prozent aus Industrieerträgen und zu 37 Prozent aus Grundfinanzierung durch die Fraunhofer-Gesellschaft.
Das Fraunhofer IDMT wird seit dem 1. Oktober 2019 von Joachim Bös geleitet.
Einzelnachweise
- Fraunhofer IDMT: Projektgruppe Hör-, Sprach- und Audiotechnologie in Oldenburg soll Fraunhofer-Institut werden. In: idmt.fraunhofer.de. Fraunhofer IDMT, 2. April 2019, abgerufen am 22. Juni 2020.
- t3n: Ohren fürs Auto: Fraunhofer-Institut entwickelt Akustiksensor für autonome Fahrzeuge. 6. Februar 2020, abgerufen am 3. März 2023.
- KINOTE: Autonomes Fahren: Hörendes Auto erkennt Gefahren. 17. Februar 2020, abgerufen am 3. März 2023.
- Audiosoftware des Fraunhofer IDMT ermöglicht individuelles Hörerlebnis, auf idmt.fraunhofer.de
- https://de-de.sennheiser.com/newsroom/eure-kopfhorer-euer-sound
- https://www.idmt.fraunhofer.de/de/Press_and_Media/press_releases/2023/monitoring-via-radar.html
- SpatialSound Wave, abgerufen am 8. November 2017
- Institut für Medien und Mobilkommunikation IMMK (Memento vom 12. Juli 2015 im Internet Archive), auf tu-ilmenau.de | abgerufen am 11. August 2015