Internationaler Frauenfriedenskongress

Der Internationale Frauenfriedenskongress fand vom 28. bis 30. April 1915 in Den Haag (Niederlande) mit 1136 Teilnehmerinnen aus zwölf Nationen statt.[1]

International Congress of Women 1915 in Den Haag. Von links nach rechts: 1. Lucy Thoumaian – Armenien, 2. Leopoldine Kulka – Österreich, 3. Laura Hughes – Kanada, 4. Rosika Schwimmer – Ungarn, 5. Anita Augspurg – Deutschland, 6. Jane Addams – USA, 7. Eugénie Hamer – Belgien, 8. Aletta Jacobs – Niederlande, 9. Chrystal Macmillan – Großbritannien, 10. Rosa Genoni – Italien, 11. Anna Kleman – Schweden, 12. Thora Daugaard – Dänemark, 13. Louise Keilhau – Norwegen
Im Kongresssaal, von links nach rechts: Mia Boissevain – Niederlande, Thora Daugaard, Fanny Fern Andrews – USA, Jane Addams, Rosa Manus – Niederlande, Aletta Jacobs, Chrystal Macmillan, Kathleen Courtney – England, Emily Arnesen – Norwegen und Anna Kleman – Schweden.

Der Kongress war auf Initiative der deutschen Frauenrechtlerinnen Anita Augspurg (1857–1943), Deutschlands erster Juristin, und Lida Gustava Heymann (1868–1943), beides wichtige Vertreterinnen der Deutschen Frauenbewegung sowie auf Einladung der niederländischen Ärztin, Pazifistin und Frauenrechtlerin Aletta Jacobs mitten im Ersten Weltkrieg organisiert worden.

Im Rahmen des Kongresses wurde ein Forderungskatalog an die Nationen der Welt formuliert, der seiner Zeit weit voraus war und bis heute an Aktualität nichts eingebüßt hat.[2] Unter anderem wurden Forderungen nach der Einrichtung eines ständigen internationalen Gerichtshofes (der heute seinen Sitz in Den Haag hat) und einer internationalen Organisation zur Friedenssicherung, einer weltweiten Kontrolle des Waffenhandels sowie der Einrichtung einer neuen Weltwirtschaftsordnung aufgestellt. An die neutralen Staaten wurde appelliert, zwischen den kriegführenden Staaten einen sofortigen Friedensschluss ohne territoriale Ansprüche zu vermitteln. Darüber hinaus wurden Massenvergewaltigungen als Mittel der Kriegsführung angeprangert.

Die Aktion war unter den organisierten Frauenvereinen umstritten. Einige sahen es als ihre patriotische Pflicht an, dem Kongress fernzubleiben. Viele Nationalstaaten versuchten, die Teilnahme ihrer Staatsbürgerinnen an dem Kongress zu verhindern oder zumindest zu erschweren. So war es in Deutschland den Frauenvereinen verboten, sich in das politische Geschehen einzumischen. Von 180 angemeldeten Teilnehmerinnen aus Großbritannien konnten nur drei beim Kongress erscheinen, da ihnen keine Pässe zur Ausreise erteilt wurden. Teilnehmerinnen aus den zu dem Zeitpunkt noch neutralen USA nahmen trotz des U-Boot-Kriegs die Gefahr einer Atlantiküberquerung auf sich.

Höhepunkt des Kongresses war die Gründung des „Internationalen Ausschusses für dauernden Frieden“, der 1919 in Women’s International League for Peace and Freedom ("Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit", IFFF) umbenannt wurde. Dieses Gremium existiert bis heute und hat bei den Vereinten Nationen einen Beraterstatus. Darüber hinaus wurden in zahlreichen Staaten nationale Komitees gebildet. Nach dem Kongress reisten zwei Delegationen durch Europa und führten dabei Gespräche mit den Vertretern von 13 Regierungen. Obendrein wurde ihnen eine Audienz bei Papst Benedikt XV. gewährt, der sich ebenfalls für den Frieden einsetzte und dabei mehrere Forderungen der Frauen-Friedensbewegung aufnahm.[3]

Die Kongressvorsitzende Jane Addams und spätere Präsidentin der „Women’s International League for Peace and Freedom“, welche nach dem Kriegseintritt der USA als „gefährlichste Frau der Nation“ bezeichnet wurde, bekam 1931 für ihr Engagement den Friedensnobelpreis verliehen. Dieselbe Auszeichnung erhielt ebenfalls für ihre Präsidentschaft 1946 Emily Greene Balch, die nach dem Ende des Kongresses wegen ihrer Teilnahme ihre Stelle als Hochschuldozentin verloren hatte. Rosika Schwimmer, die 1915 auch auf dem Podium saß, wurde 1920 aus Ungarn vertrieben, bei der Nobelpreisverleihung 1948 war sie unter den Kandidaten, verstarb aber, woraufhin der Preis gar nicht vergeben wurde.

Rezeption

Die Bedeutung dieses Kongresses kommt erst langsam ins öffentliche Bewusstsein. Einen Anfang machte die Regisseurin Jessica Glause mit ihrem Theaterstück Anti War Women. Wie Frauen den Krieg bedrohten, das am 31. März 2023 im Rahmen des von den Münchner Kammerspielen und der Monacensia initiierten Female Peace Palace - Festivals uraufgeführt wurde[4].

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Jane Addams, Emily G. Balch, Alice Hamilton: Women at The Hague: the International Congress of Women and its result. Urbana, Ill. u. a.: Univ. of Illinois Press, 2003.
  2. Auf der Webseite der IFFF sind die [Resolutionen online Archivlink (Memento vom 5. Mai 2012 im Internet Archive)]
  3. Vgl. dazu die Informationen in den Erinnerungen von Helene Stöcker, Helene Stöcker (2015): Lebenserinnerungen. hrsg. von Reinhold Lütgemeier-Davin u. Kerstin Wolff, Böhlau, Köln, S. 186 f.
  4. Anti War Women - Programm - Kammerspiele. Abgerufen am 1. April 2023.
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