Franz Tunder

Franz Tunder (* 1614 in Lübeck; † 5. November 1667 ebenda) war ein deutscher Komponist und Organist.

Leben

Gedenktafel Tunder und Buxtehude am Marienwerkhaus in Lübeck von 1935

Tunder sollte nach älterer Ansicht in Bannesdorf oder Burg auf Fehmarn geboren sein, nach neueren Erkenntnissen ist jedoch Lübeck sein Geburtsort.[1] Nach Angabe von Johann Mattheson war Tunder ein Schüler von Girolamo Frescobaldi; die heutige Forschung bezweifelt dies jedoch und vermutet eher, dass Tunders Amtsvorgänger Johann Heckelauer Schüler Frescobaldis war. In dessen Nachfolge wirkte Tunder von 1632 bis 1641 in Schloss Gottorf als Hoforganist Friedrichs III.

Danach war er von 1641 bis zu seinem Lebensende als Nachfolger von Peter Hasse Organist, ab 1647 im Nebenamt auch Werkmeister (d. h. Verwaltungsleiter) an der Marienkirche in Lübeck.

Franz Tunder pflegte gute persönliche Kontakte zu Friedrich Stellwagen: Die beiden Familien stellten gegenseitig die Taufpaten für ihre Kinder.[2]

Tunder war der Amtsvorgänger und Schwiegervater des Orgelvirtuosen Dietrich Buxtehude. Er führte in Lübeck die bis heute andauernde Tradition der Abendmusiken ein. Franz Tunder gilt als einer der großen Vertreter der Norddeutschen Orgelschule, so prägte er als einer der ersten den Typus der norddeutschen Toccata. Neben Orgelwerken schuf Tunder geistliche Vokalmusik. Er initiierte die Entwicklung der lutheranischen Kirchen-Kantate,[3] und schrieb Motetten und geistliche Arien. Tunders Werk ist größtenteils verschollen. Ungeachtet dessen sind die erhaltenen Werke außergewöhnlich expressiv durch ausgiebigen Dissonanzgebrauch, was das spätere Werk von Buxtehude und Johann Sebastian Bach vorbereitete.

Ehrungen

Nach ihm ist der Asteroid (7871) Tunder benannt.

Erhaltene Werke

  • 9 geistliche Konzerte für 1 Gesangsstimme, darunter An Wasserflüssen Babylon
  • 9 geistliche Konzerte für 3–6 Gesangsstimmen

für Orgel:

  • 5 Praeludien (4 in g-Moll, 1 in F-Dur)
  • Canzone in G-Dur über ein Thema von della Porta
  • Choralfantasien:
Auf meinen lieben Gott
Christ lag in Todesbanden
Herr Gott, dich loben wir
In dich hab ich gehoffet, Herr
Jesus Christus, unser Heiland, der von uns den Gotteszorn wandt
Jesus Christus, wahr Gottes Sohn
Komm, Heiliger Geist, Herre Gott
Was kann uns kommen an für Not

Die mit der Autorenangabe Heinrich Scheidemann überlieferten, umfangreichen Choralfantasien

Allein zu dir, Herr Jesu Christ

sowie

Ein feste Burg ist unser Gott

wurden von Klaus Beckmann Franz Tunder zugewiesen.

Literatur

  • Max Seiffert: Tunder, Franz. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 38, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 788–790.
  • Fritz Jung: Die Musik in Lübeck, in: Geschichte der freien und Hansestadt Lübeck, hrsg. von Fritz Endres, Lübeck 1926, S. 171–209.
  • Wilhelm Stahl: Franz Tunder und Dietrich Buxtehude. Leipzig: Fr. Kistner & C. F. W. Siegel 1926
Digitalisat
  • Arndt Schnoor, Volker Scherliess: „Theater-Music in der Kirche“. Zur Geschichte der Lübecker Abendmusiken. Lübeck 2003. ISBN 3-933652-15-4.
  • Klaus Beckmann: Die Norddeutsche Schule. Orgelmusik im protestantischen Norddeutschland zwischen 1517 und 1755. Teil II: Blütezeit und Verfall 1620-1755. Mainz: Schott 2009.
  • Armin Raab: Tunder, Franz. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 713–714.
  • Kurt Gudewill: Franz Tunder und die nordelbingische Musikkultur seiner Zeit. Kultusverwaltung der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1967.

Einzelnachweise

  1. Gerhard Kay Birkner: Woher stammte Franz Tunder? Aus Lübeck und nicht von Fehmarn!, in: Lübeckische Blätter 161 (1996), Heft 16 (12. Oktober), S. 248
  2. ORGELSPIELE 2021 – Mitschnitt vom 16. Mai – Musikalische Orgelführung. Abgerufen am 27. Oktober 2022 (deutsch).
  3. Georg Karstädt: Tunder, Franz In: Stanley Sadie (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Reprint in paperback ed. Macmillan Publishers Ltd., London 1995, ISBN 1-56159-174-2, B. 19, S. 253f, hier 253.
VorgängerAmtNachfolger
Peter HasseOrganist an St. Marien zu Lübeck
1641–1667
Dietrich Buxtehude
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