Franz Duncker

Franz Gustav Duncker (* 4. Juni 1822 in Berlin; † 18. Juni 1888 ebenda[1]) war ein deutscher Verleger, linksliberaler Politiker und Sozialreformer.[2]

Franz Gustav Duncker

Familie und Ausbildung

Franz Gustav Duncker war ein Sohn des Verlegers Carl Friedrich Wilhelm Duncker und jüngster Bruder des Verlegers Alexander Duncker, des Historikers Maximilian Duncker sowie des Berliner Bürgermeisters Hermann Duncker.

Duncker studierte Philosophie und Geschichtswissenschaften an der Universität Berlin. Er schloss sich der Alten Berliner Burschenschaft und 1842 dem burschenschaftlichen Leseverein an.[3] Nach seinem Studium arbeitete auch er als Verleger und Buchhändler.

Er war seit 1849 verheiratet mit Karoline Wilhelmine (genannt Lina) Duncker (* 17. April 1825 in Haus Ahr bei Wesel; † 12. Dezember 1885 in Berlin), geborene Tendering.[4] Sie hatten mehrere Kinder: Carl Ludwig Duncker (* 2. Oktober 1850 Berlin; † 26. Oktober 1889 Leipzig), der den väterlichen Verlag ab 1882 in Leipzig weiterführte;[5] eine Tochter Johanna (1849–1929) heiratete den Landgerichtsrat und späteren Senatspräsidenten am Kammergericht, Emil Lehweß (1839–1907), sie wurden Großeltern von Walter Lehweß-Litzmann;[6] eine weitere Tochter, Marie (verheiratete Magnus), wurde 1856 geboren.[7]

In zweiter Ehe heiratete er 1879[8] Marie Wilhelmine Albertine Lenz (1836–1915).

Buchhändler und Verleger

Franz Duncker gründete mit Aaron Bernstein die ab 1. April 1849 regelmäßig erscheinende Urwähler-Zeitung. Zum 9. April 1853 übernahm er die Anteile von Bernstein und führte die Zeitung alleinvertretend als Volks-Zeitung – Organ für Jedermann aus dem Volke fort.[9] In den frühen 1860er Jahren soll die Volks-Zeitung nach verlagseigener Statistik mit etwa 22.000 Exemplaren zu den auflagenstärksten Publikationen in der preußischen Hauptstadt gehört haben.[10] Zwischen 1850 und 1877 war Duncker Inhaber der Besserschen Verlagsbuchhandlung, die anschließend von Wilhelm Ludwig Hertz übernommen wurde.[4] Duncker war der Verleger von Ferdinand Lassalles: Die Philosophie Herakleitos des Dunklen von Ephesos (1858) und Der italienische Krieg und die Aufgabe Preußens (1859). Er verlegte 1859 von Karl Marx Zur Kritik der Politischen Oekonomie. Erstes Heft[11] sowie die anonym verfasste Broschüre von Friedrich Engels Po und Rhein.[12] Duncker verkaufte die Volks-Zeitung 1885 an den Verleger Emil Cohn, der sie rund zwanzig Jahre später an Rudolf Mosse weiterveräußerte.

Politisches Wirken

Während der Revolution von 1848 war er Hauptmann der Berliner Bürgerwehr.

Nach der Reaktionsära betätigte sich Duncker in der liberalen und nationalen Bewegung. Er gehörte zu den Mitunterzeichnern der Eisenacher Beschlüsse und war 1859 Mitbegründer des Deutschen Nationalvereins, in dem er bis 1867 Mitglied des leitenden Ausschusses war. Im Jahr 1861 gehörte Duncker auch zu den Mitbegründern der Fortschrittspartei und war Mitglied im Zentralwahlkomitee der Partei. Seit 1874 gehörte Duncker dem geschäftsführenden Ausschuss dieser Partei an, für die Duncker zwischen 1862 und 1877 als Abgeordneter im preußischen Abgeordnetenhaus saß. Im Jahr 1863 war er Mitglied des Sechsunddreißigerausschusses in Frankfurt am Main. Seit 1866 war Duncker zudem Mitglied im ständigen Ausschuss des deutschen Abgeordnetentages. Während des preußischen Verfassungskonflikts gehörte er 1861 zu denjenigen, die sich gegen die Umbildung der Landwehr wandten, weil dies zu einer Schwächung des „Bürgergeistes“ führen würde, der bis dahin das einzige Korrektiv gegenüber dem „militaristischen Corpsgeist“ gewesen sein soll.[13] Im preußischen Parlament wandte er sich 1873 nachdrücklich gegen den Kulturkampf. Er argumentierte, dass man die „Schwarzen“ als Schreckbilder vorführe, wie man 1848 die Demokraten verfolgt hätte.[14] Von 1867 bis 1877 gehörte er auch dem Reichstag an. Er selbst hatte keine Berührungsängste mit Politikern anderer Parteien und war zum Beispiel mit dem ebenfalls in Frankfurt lebenden SDAP-Mitgründer Samuel Spier befreundet.

Sozialreformer

Das Grab von Franz Duncker mit dem von Gustav Eberlein gestalteten Grabstein

Im Jahr 1865 war Duncker Vorsitzender des großen Berliner Handwerkervereins. Zusammen mit Max Hirsch und Hermann Schulze-Delitzsch gründete Duncker die nach ihm mitbenannten Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine. Diese waren eine 1869 gegründete liberal ausgerichtete Gewerkschaftsbewegung. Im Jahr 1873 war er Mitbegründer des Vereins für Socialpolitik.

Grabstätte

Franz Duncker starb 1888 im Alter von 66 Jahren in Berlin. Seine letzte Ruhestätte befindet sich auf dem Friedhof I der Jerusalems- und Neuen Kirche in Berlin-Kreuzberg (Feld 1/2). Der bemerkenswerte Grabstein stammt von Gustav Eberlein. Ein aufwändig gearbeitetes Relief – umrankt von einer Girlande aus Mohnkapseln und Blüten – stellt Franz Duncker dar. Am Sockel des Grabdenkmals erinnert eine kleine Inschriftentafel an Dunckers Vater, dessen eigenes Grab auf dem benachbarten Friedhof III der Jerusalems- und Neuen Kirche nicht erhalten ist.[15]

Literatur

  • Werner Blumenberg: Marx' und Engels' Briefwechsel mit Franz Duncker. In: International Revue of Social History. Band 10, Assen, 1965, S. 105–119.
  • Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 1: A–E. Heidelberg 1996, S. 227.
  • Gerhard Eisfeld: Die Entstehung der liberalen Parteien in Deutschland 1858–1870. Studie zu den Organisationen und Programmen der Liberalen und Demokraten. (= Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung. Reihe B: Historisch-politische Schriften). Verlag für Literatur und Zeitgeschehen, Hannover 1969.
  • Jürgen Frölich: Franz Duncker (1822–1888). Berliner Großbürger, preußischer Demokrat und liberaler Gewerkschaftsgründer. In: liberal. Band 30, 1988, H. 2, S. 77–85.
  • Eckhard Hansen, Florian Tennstedt (Hrsg.) u. a.: Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945. Band 1: Sozialpolitiker im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918. Kassel University Press, Kassel 2010, ISBN 978-3-86219-038-6, S. 36 (Online, PDF; 2,2 MB).
  • Franz Mehring: Franz Duncker. Ein Gedenkblatt. Gutenberg Druck und Verlag, Berlin 1888.
  • Ludwig Rosenberg, Bernhard Tacke: Der Weg zur Einheits-Gewerkschaft. Hrsg. DGB-Bundesvorstand. Druck: satz + druck gmbh, Düsseldorf 1977.

Einzelnachweise

  1. Sterberegister Standesamt Berlin 2, Nr. 345/1888
  2. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte: Von der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges, 1849–1914. In: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 3. C. H. Beck, 1995, ISBN 3-406-32263-8, S. 162.
  3. Helge Dvorak: Biografisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 1: A–E. Heidelberg 1996, S. 227.
  4. Theodor Fontane, Martha Fontane: Ein Familienbriefnetz, hrsg. von Regina Dieterle (= Schriften der Theodor Fontane Gesellschaft, Band 4), Brief 142, Nummer 265, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2002, ISBN 978-3-11-085782-5.
  5. Börsenblatt für den deutschen Buchhandel 1889, Nr. 254, 30. Oktober 1889, S. 5641 (Web-Ressource).
  6. Hermann Aurich: Berliner in der Mark. Landsitze und Landbesitz (online-Lexikon).
  7. Ingrid Hassmann: Die Schwestern Tendering im 19. Jahrhundert, voerde.de, abgerufen am 12. Dezember 2015.
  8. Heiratsregister Standesamt Berlin 2, Nr. 539/1879
  9. Richard Kohnen: Pressepolitik des Deutschen Bundes. Methoden staatlicher Pressepolitik nach der Revolution von 1848. Kohnen-Vogell, 1995, S. 132 f.
  10. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 3: Von der deutschen Doppelrevolution bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges. 1849–1914. C. H. Beck, München 1995, S. 438.
  11. Marx-Engels-Gesamtausgabe. Abteilung II. Band 2, S. 197–245.
  12. Marx-Engels-Werke. Band 13, S. 223–268.
  13. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Band 3: Von der deutschen Doppelrevolution bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges. 1849–1914. C. H. Beck, München 1995, S. 259.
  14. Wilhelm Ribhegge: Preußen im Westen. Kampf um den Parlamentarismus in Rheinland und Westfalen. Münster 2008 (Sonderausgabe für die Landeszentrale für politische Bildung NRW), S. 223.
  15. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 212, 241.
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