Flamingoblumen
Die Flamingoblumen (Anthurium), auch eingedeutscht Anthurien genannt, bilden mit mehr als 600 bis vermutlich 1000 Arten die einzige Gattung der Tribus Anthurieae und wohl artenreichste[1] Gattung der Familie der Aronstabgewächse (Araceae). Diese rein neotropische Gattung ist im tropischen Zentral- und Südamerika und auf den Karibischen Inseln verbreitet. Als Zimmerpflanzen sind vor allem Sorten von zwei Arten verbreitet: Die Große Flamingoblume (Anthurium andraeanum) und die Kleine Flamingoblume (Anthurium scherzerianum)[2].
Flamingoblumen | ||||||||||||
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Große Flamingoblume (Anthurium andraeanum) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Tribus | ||||||||||||
Anthurieae | ||||||||||||
Engl. | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Anthurium | ||||||||||||
Schott |
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Anthurium-Arten wachsen als immergrüne, ausdauernde krautige Pflanzen. Sie gedeihen meist epiphytisch, manchmal terrestrisch. Der Stängel ist kurz bis lang. Manchmal werden viele Wurzeln an den Knoten (Nodien) gebildet.[1]
Die meist lanzettlichen Niederblätter (Cataphylle) sind haltbar oder verwelken schnell meist zu Fasern. Die meist im oberen Bereich des Stängels konzentrierten Laubblätter sind deutlich in Blattscheide, Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Die Blattscheiden sind kurz. Die meist festen, steifen oder flexiblen Blattstiele besitzen je nach Art sehr unterschiedliche Querschnitte. Die mehr oder weniger ledrigen, selten dünnen Blattspreiten besitzen eine große Bandbreite an Formen: meist sind sie einfach und elliptisch bis lanzettlich, oft mit herzförmiger Basis; manchmal sind sie handförmig gelappt, wobei sie nur im äußeren Bereich oder bis zur Basis geteilt sein können. Die Blattspreiten sind netznervig mit meist erhabener Mittelrippe; die Basal- und Seitennerven bilden oft einen gemeinsamen Nerv entlang des Blattrandes.[1]
Generative Merkmale
An jedem Knoten (Nodium) kann über einem mehr oder weniger langen, unbeblätterten Blütenstandsschaft ein Blütenstand gebildet werden. Am Ende des Blütenstandsschaftes steht in einem meist schrägen Winkel die Spatha. Die ausgebreitete, zurückgebogene oder manchmal aufrechte Spatha ist nicht verwachsen, meist flach, lanzettlich, selten eiförmig, oft intensiv gefärbt und umhüllt manchmal den Kolben. Der sitzende oder kurz gestielte Kolben (Spadix) ist meist zylindrisch, selten keulen- bis kugelförmig, verjüngt sich meist allmählich bis zur Spitze, kann sehr unterschiedlich gefärbt sein und enthält spiralförmig, dicht angeordnet viele Blüten. Die kleinen, zwittrigen Blüten sind protogyn. Es sind nur vier Blütenhüllblätter vorhanden. Der Stempel besteht nur aus einem zweikammerigen Fruchtknoten auf dessen Spitze als schlitzartige Vertiefung sich die Narbe befindet. In jeder Fruchtknotenkammer befinden sich meist zwei, selten drei oder mehr Samenanlagen. Es sind vier fertile Staubblätter vorhanden. Die Staubfäden sind abgeflacht oder fleischig. Die Staubbeutel sind meist breiter als lang. Der Pollen ist je nach Art verschieden gefärbt.[1]
Der Fruchtstand ist meist hängend, manchmal aufrecht. Die eiförmigen, länglich-eiförmigen, länglichen oder verkehrt-eiförmigen Beeren sind meist saftig. Sie sind bei Reife sehr unterschiedlich gefärbt. Das Perikarp ist dünn und das durchscheinende Mesokarp ist süß. Die zweikammerige Beere enthält in jeder Kammer meist einen Samen. Die etwas abgeflachten Samen besitzen meist ein klebriges Anhängsel an mindestens einem Ende.[1]
Systematik
Taxonomie
Die Gattung Anthurium wurde 1829 durch Heinrich Wilhelm Schott in Wiener Zeitschrift für Kunst, Litteratur, Theater und Mode 1829, Band 3, Seite 828 aufgestellt.[3] Der Gattungsname Anthurium setzt sich aus den Altgriechischen Wörtern ᾰ̓́νθος = anthos für „Blüte“ und ουρά = oura für „Schwanz“ zusammen. Lectotypusart ist Anthurium acaule (Jacq.) Schott, genauer gesagt wurde 1923 dessen Basionym Pothos acaulis Jacq. durch Britton & Wilson in Sci. Surv. Porto Rico, Vomume 5, Seite 128 festgelegt.[3] Synonyme für Anthurium Schott sind: Podospadix Raf., Strepsanthera Raf.[3][4]
Äußere Systematik
Die Gattung Anthurium bildet alleine die Tribus Anthurieae Engl. in der Unterfamilie Pothoideae innerhalb der Familie Araceae.[5][6] Die Tribus Anthurieae wurde von Adolf Engler aufgestellt.
Innere Systematik
Eine mögliche Gliederung erfolgte bei Croat et al 1983[7]
Die Gattung Anthurium wird 1983 in 18 Sektionen gegliedert:[7] |
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Arten und ihre Verbreitung
Es gibt über 1000 Anthurium-Arten[4] |
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Nutzung
Es wurden viele Sorten durch Kreuzung und/oder Selektion erzeugt, die als Zierpflanzen in tropischen Parks und Gärten, als Zimmerpflanze oder lange haltbare Schnittblume verwendet werden.
Quellen
- Thomas B. Croat: Datenblatt Anthurium auf der Website International Aroid Society der Internationalen Gesellschaft der Aronstabgewächse.
Einzelnachweise
- Thomas B. Croat: Datenblatt Anthurium mit Beschreibung auf der Website International Aroid Society der Internationalen Gesellschaft der Aronstabgewächse.
- Walter Erhardt et al.: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5406-7.
- Anthurium bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis, abgerufen am 20. August 2023.
- Datenblatt Anthurium bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
- Simon J. Mayo, Justin Bogner, Peter C. Boyce: The Genera of Araceae. Royal Botanic Gardens, Kew, 1997.
- Anthurium im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 16. August 2023.
- Thomas B. Croat, R. D. Sheffer: Sectional groupings of Anthurium (Araceae). In: Aroideana, Volume 6, Issue 3, 1983, S. 85–123.
Weblinks
- Anthurium bei Tropicos.org. In: Vascular Plants of the Americas. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- Anthurium bei Tropicos.org. In: Flora Mesoamericana. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- Anthurium bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
- Anthurium bei Tropicos.org. In: Flora of Panama (WFO). Missouri Botanical Garden, St. Louis
Weiterführende Literatur
- Thomas B. Croat: A revision of the genus Anthurium (Araceae) of Mexico and Central America, II: Panama. Monographs In: Systematic botany - Missouri Botanical Garden, Volume 14, 1986, S. 1–204.
- Thomas B. Croat: A revision of Anthurium section Pachyneurium (Araceae). In: Ann. Missouri Bot. Gard., Volume 78, 1991, S. 539–855.
- Mónica M. Carlson, Thomas B. Croat: Taxonomic revision of Anthurium section Semaeophyllum Schott (Araceae). In: Harvard Papers in Botany, Volume 12, 2007, Issue 1, S. 173–234. [[doi:10.3100/1043-4534(2007)12[173:TROASS]2.0.CO;2]]
- Mónica M. Carlson: Understanding the origin and rapid diversification of the genus Anthurium Schott (Araceae), integrating molecular phylogenetics, morphology and fossils. PhD thesis, University of Missouri–St. Louis, USA, 2011. online.
- Barbara J. Bliss, Jon Y. Suzuki: Genome size in Anthurium evaluated in the context of karyotypes and phenotypes. In: AoB PLANTS 2012. doi:10.1093/aobpla/pls006
- Mónica M. Carlson, Thomas B. Croat: A reassessment of Anthurium species with palmately divided leaves, and a reinterpretation of Anthurium section Dactylophyllium (Araceae). In: PhytoKeys, Volume 23, 2013 S. 41–54. doi:10.3897/phytokeys.23.4754
- Mónica M. Carlson, Thomas B. Croat: A Molecular Phylogeny of the Species-Rich Neotropical Genus Anthurium (Araceae) based on Combined Chloroplast and Nuclear DNA. In: Systematic Botany, Volume 38, Issue 3, September 2013, S. 576–588. doi:10.1600/036364413X670287
- Letícia P. Poli, Lívia G. Temponi, Alessandra I. Coan: Floral vasculature and its variation for carpellary supply inAnthurium(Araceae, Alismatales). In: PeerJ, 5, 2017, e2929. doi:10.7717/peerj.2929
- Rodrigo Theófilo Valadares, Luana Silva Braucks Calazans, Claudine Massi Mynssen, Cassia Mônica Sakuragui: Beyond the typological characters: A morphometric approach to vegetative characters in Anthurium Schott (Araceae) species. In: Brazilian Journal of Botany, Volume 44, 2021, S. 715. doi:10.1007/s40415-021-00721-z