Flamboyantgotik
Als Flamboyant (franz. für „flammend“) wird die letzte Phase der Gotik in Frankreich und Belgien (Flandern) bezeichnet, in jüngerer Zeit auch gleichartige Formen in Mitteleuropa. Namengebendes, aber nicht einziges Kennzeichen ist die Überlängerung bestimmter Formen des Maßwerks, die an Flammen erinnern. Außer Bauten mit überquellendem Dekor gibt es den sparsamen, aber kreativen Umgang mit gotischen Formen. Typisch ist die Verzierung eigentlich rechteckiger Fenster und Tore mit entsprechend verzerrten Kielbögen.
Zur Zeit des Flamboyantstils in Frankreich mit Ausstrahlung nach Osten gab es in Portugal den sehr üppigen manuelinischen Stil (Vgl. Kloster Batalha) und in Spanien den isabellinischen Stil. Manche Bauten der Spätgotik in Deutschland weisen Formen des Flamboyantstils auf.[1] Nicht zuletzt mehrere Werke der Parlergotik in Süddeutschland und Tschechien verdienen diese Bezeichnung. Andererseits gab es in Deutschland in dieser Zeit Tendenzen zu äußerst sparsamem Umgang mit Schmuckformen, zum Beispiel an der Münchener Frauenkirche oder der Stralsunder Marienkirche.
Beispiele
Beispiele für die Flamboyantgotik sind:
in Frankreich:
- die Sainte-Chapelle, 1394–1403, von Riom
- die Sainte-Chapelle, 1379–1480, von Vincennes,
- die Kirche La Trinité in Vendôme, Westfassade 1508
- Querhaus und Obergaden der Kathedrale von Senlis,
- der Chor der Klosterkirche auf dem Mont-Saint-Michel,
- die Westfassade, 1460–1497, der Kathedrale Saint-Étienne von Toul
- die Basilika Notre-Dame de L'Épine, 1406–1427, in der Champagne
- der Flügel Louis' XII. von Schloss Blois, 1489–1503.
- die frühere Kollegiatkirche Notre-Dame-de-Roscudon (Pont-Croix), um 1500 im Stil der Flamboyantgotik erweitert
- Chapelle de Languidou, Umbau nach 1500
in Belgien:
- der Nordflügel des Rathauses von Gent, errichtet 1519–1539 als nieuwe Schepenhuis van de Keure
- in Brügge
- das Rathaus (1378–1400)
- St.-Ivo-Kapelle und Kriminalkanzlei an der Heilig-Blut-Basilika (um 1500)
- das Rathaus von Löwen,
in Tschechien:
- Dom der heiligen Barbara in Kutná Hora, begonnen 1388 von Johann Parler dem Jüngeren,
in Litauen:
- die St.-Annen-Kirche in Vilnius
- Sainte-Chapelle, 1394–1403, in Riom
- Flamboyant-Dekor am Flügel Louis' XII. (1498–1503) von Schloss Blois an der Loire
- Schloss Gien an der Loire, 1494–1500, Kielbogenportal, Korbbogenarkade, Kreuzstockfenster ohne Attiken
- Kollegiatkirche Notre-Dame-de-Roscudon (Pont-Croix), Vorhalle
- Chapelle de Languidou, Fensterrose in der Chorwand
Literatur
- Georg Germann: Flamboyant. In: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte. Bd. 9, 1992, Sp. 638–641.
Einzelnachweise
- Dehio-Handbuch Bremen-Niedersachsen. Deutscher Kunstverlag, 1992, ISBN 3-422-03022-0, u. a, S. 181: Balge – ev. Kirche St. Bartholomäus