Fibula Praenestina

Die Fibula Praenestina, auch Manios-Spange genannt, ist eine goldene Fibel, die im mittelitalienischen Ort Palestrina (dem antiken Praeneste) gefunden wurde und in das 7. Jahrhundert v. Chr. datiert wird. Sie befindet sich heute im Museo Nazionale Preistorico Etnografico „Luigi Pigorini“ in Rom.

Die Fibula Praenestina

Benannt ist die Fibel nach ihrem Fundort beziehungsweise nach dem in der darauf enthaltenen Inschrift benannten Schöpfer Manios. Die Inschrift gilt als ältestes Zeugnis des Lateinischen.

Fibel und Inschrift

Inschrift der Fibula Praenestina

Die 10,7 Zentimeter lange Fibel gehört zum Typus der sogenannten Dragofibeln (a drago). Auf der Außenseite ihres Nadelhalters befindet sich die vermutlich älteste bekannte Inschrift in frühlateinischer Sprache. Die Inschrift ist linksläufig und lautet:

MANIOS: MED: FHE:FHAKED: NVMASIOI[1]

In klassischem Latein würde der Text folgendermaßen lauten:

Manius me fecit Numerio („Manius hat mich für Numerius gemacht“)

Bemerkenswert sind das sonst nicht belegte Reduplikationsperfekt fhefhaked statt fecit zu facere sowie die Bezeichnung des Frikativs [f] durch ein Zeichenkombination aus Digamma (𐌅), das als Einzelbuchstabe für einen [w]-Laut stand, mit nachfolgendem Heta (𐌇, H), wie sie sonst nur in frühen griechischen,[2] etruskischen und venetischen Inschriften zu finden ist. Während im Etruskischen die Schreibung des Lautes später zu 𐌚 vereinfacht wurde,[3] wurde sie im Lateinischen zu F verkürzt.

Die Echtheitsfrage

Die Echtheit der Inschrift (nicht der Fibel) war in der neueren Forschung über ein Jahrhundert umstritten, da die genauen Fundumstände nicht geklärt sind. Die Fibel wurde 1887 von dem Archäologen Wolfgang Helbig erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt, ohne dass er damals deren Herkunft oder Erwerb erläuterte.[4] Sogar Helbig selbst wurde eine Fälschung unterstellt. Während die Echtheit der Fibel schon länger als gesichert galt, blieb die Echtheit der Inschrift weiter umstritten. Graphologische Untersuchungen konnten zumindest bestätigen, dass Helbig nicht der Urheber der Inschrift war. Der Streit gilt seit 2011 als endgültig zugunsten der Echtheit entschieden, und zwar aufgrund der eingehenden Untersuchungen durch Edilberto Formigli und Daniela Ferro, die auch eine Datierung auf die 1. Hälfte des 7. Jahrhunderts v. Chr. lieferten.[5] So konnte Formigli, der auch die Bronzefigur A von Riace restaurierte, in einigen Ritzen der Buchstaben Kristallstrukturen des Goldes nachweisen, die sich erst nach sehr langer Zeit bilden.[6]

Literatur

  • Carlo De Simone: Ancora sulla Fibula Praenestina (e fine). In: Simo Örmä, Kaj Sandberg (Hrsg.): Wolfgang Helbig e la scienza dell’antichità del suo tempo. Atti del Convegno internazionale in occasione del 170° compleanno di Wolfgang Helbig, Institutum Romanum Finlandiae 2.2.2009 (= Acta Instituti Romani Finlandiae. 37). Institutum Romanum Finlandiae, Rom 2011, ISBN 978-88-7140-469-1, S. 229–235.
  • Edilberto Formigli: Indagini archeometriche sull’autenticità della Fibula Praenestina. In: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung. Band 99, 1992, S. 329–343.
  • Karin Geppert: Manios. In: Rainer Vollkommer (Hrsg.): Künstlerlexikon der Antike. Band 1: A–K. Saur, München/Leipzig 2001, ISBN 3-598-11413-3, S. 486–487.
  • Markus Hartmann: Die frühlateinischen Inschriften und ihre Datierung. Eine linguistisch-archäologisch-paläographische Untersuchung (= Münchner Forschungen zur historischen Sprachwissenschaft. 3). Hempen, Bremen 2005, ISBN 3-934106-47-1, S. 67–106, (Zugleich: Würzburg, Universität, Dissertation, 2003/2004; Rezension).
  • Elisabetta Mangani: La Fibula Prenestina: oltre un secolo di discussioni. In: Bullettino di Paletnologia Italiana. Band 99, 2011/2014 (2015), S. 1–41, (Digitalisat).
  • Franz Wieacker: Die Manios-Inschrift von Präneste. Zu einer exemplarischen Kontroverse. In: Nachrichten der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-Historische Klasse. 1984, ISSN 0065-5287, S. 373–399.
Commons: Fibula Praenestinae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum 1², 3 = CIL 14, 4123,1.
  2. Hermann Röhl: Inscriptiones Graecae antiquissimae. Reimer, Berlin 1882, S. 46 Nr. 131 aus Tanagra (Digitalisat).
  3. Michel Lejeune: Notes de linguistique italique, XX: Notes sur la ponctuation syllabique de vénète et de l’étrusque méridional. In: Revue des Études Latines. Band 43, 1965, S. 164–180, hier S. 170 f.
  4. Arnoldo Momigliano: The Origin of Rome. III. Settlement, Society and Culture in Latium and at Rome. In: Iorwerth E. S. Edwards (Hrsg.): The Cambridge Ancient History. Band 7, Teil 2: The Rise of Rome to 220 B.C. 2nd edition. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 1989, ISBN 0-521-23446-8, S. 63–81, hier S. 73–74.
  5. Daniele F. Maras: Scientists declare the Fibula Prenestina and its inscription to be genuine “beyond any reasonable doubt.” In: Etruscan News. Band 14, Nummer 2, 2012, S. 1. 20, (online).
  6. Maria-Aurora von Hase Salto: Zur Echtheit der Praenestiner Maniosfibel und ihrer Inschrift: Neue naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse. In: Antike Welt. Nummer 6, 2011, S. 82–85, JSTOR:44477428.
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