Kitt

Kitt ist die Bezeichnung für ein Klebe- und Dichtungsmittel. Der Begriff ist nicht klar abgrenzbar, insbesondere bestehen Überlappungen zu den Klebstoffen einerseits und den Füll- oder Dichtungsmassen andererseits. Generell kann festgehalten werden, dass bei der Herstellung von Klebverbindungen zwischen zwei Werkteilen diese möglichst fugenlos zusammenpassen sollten, während Kittverbindungen dazu imstande sind, die Teile auch mit größeren Fugenabständen, die durch den Kitt ausgefüllt werden, zu verbinden.[1]

Intumeszenz-Kitt im Einsatz als Abschottung in einer Betondecke mit zweistündiger Feuerwiderstandsklasse

Abgeleitet von der verbindenden Funktion dieser Masse ist die Redewendung etwas „kitten“, beispielsweise in Bezug auf eine zwischenmenschliche Beziehung.

Historisch wurde der Begriff „Kitt“ (auch Kütt) allgemein für sehr verschiedene Arten von Bindemitteln wie Leime, Kleister und Mörtel verwendet.[2][3][4] Heute wird er häufig als Kompositum mit den zu verbindenden Materialien benutzt, z. B. Glaserkitt, Holzkitt, Fugenkitt oder Fensterkitt.

Ähnliche Massen, die weniger dem Verbinden von Bauteilen, als dem Ausgleichen von Oberflächen dienen, werden als Spachtelmasse bezeichnet.

Einteilung

Nach ihren Klebeeigenschaften können Kitte in Klebkitte und Füllkitte unterschieden werden. Erstere weisen eine stärkere Haftfestigkeit auf und stellen im Wesentlichen Klebstoffe dar, die üblicherweise Füllstoffe enthalten und auch zum Überbrücken breiterer Klebefugen geeignet sind. An Füllkitte werden bezüglich der Haftfestigkeit keine hohen Anforderungen gestellt. Diese dienen mehr zum Ausfüllen größerer Hohlräume als zur Herstellung einer Klebverbindung.[5]

Darüber hinaus können Kitte aufgrund ihrer Bildungsmechanismen wie folgt unterteilt werden:[5]

Schmelzkitte sind bei Raumtemperatur fest, schmelzen beim Erwärmen unter Ausbildung plastischer Verformbarkeit und erstarren beim Abkühlen ohne Schwund. Ein praktisches Beispiel sind thermoplastische Edelsteinkitte, die zum Aufkitten von Rohedelsteinen auf geeignete Träger während des Schleifens dienen, und die sich rückstandsfrei ablösen lassen.[6] Abdunstkitte enthalten demgegenüber einen Lösemittelanteil, der sich beim Erstarren verflüchtigt, wodurch die Masse geringfügig schwinden kann. Reaktionskitte sind Stoffgemische von teigartiger Konsistenz, die durch chemische Reaktion aushärten. Klassischer Fensterkitt gehört in diese Kategorie.

Chemische Zusammensetzung

Man kann weiterhin zwischen anorganischen und organischen Kitten unterscheiden[1], wobei erstere in jüngerer Zeit an Bedeutung verloren haben.

Anorganische Kitte

Hierzu gehören Kitte auf der Basis von Wasserglas (bildet mit Metalloxiden unlösliche Silicate), Magnesiumoxychlorid-Kitte (Sorelzement), Zinkoxidkitte (härten mit Zinkchlorid oder Phosphorsäure), Rostkitte (Eisenteilchen in der Kittmasse bilden zusammenbackenden Eisenrost); schwefelhaltige Kitte (auf der Basis von geschmolzenem Schwefel) und Glasflüsse (leichtschmelzende Glaszusammensetzungen, die in Pulverform mit Bindemittel auf die Kittstellen aufgetragen werden).

Organische Kitte

Organische Kitte bestehen entweder aus synthetischen Polymeren (Polyvinylacetate, Epoxidharze, Polyurethane, Phenol-Formaldehyd-Harze) oder aus natürlichen Produkten (Kautschuk, Bitumen, Schellack, Wachse, Terpentine, Casein). Glycerin bildet mit manchen Metalloxiden (etwa Bleioxid) rasch abbindende Massen, die ebenfalls als Kitte eingesetzt werden können. Ölkitte auf der Basis von trocknenden Ölen können mit verschiedenen Metalloxiden oder -carbonaten angesetzt werden (vgl. den folgenden Abschnitt).

Ein Kittmesser, mit dem Fensterkitt aufgetragen, verteilt, geformt und wieder entfernt wird

Fensterkitt

Eingekittetes Fenster mit klassischem Leinölkitt

Klassischer Fensterkitt (Leinölkitt) ist eine Dichtungsmasse, die zu rund 85 Prozent aus Schlämmkreide (Calciumcarbonat) und 15 Prozent aus Leinöl oder Leinölfirnis besteht. Er ist als geschmeidige knetbare Masse im Handel erhältlich. Aus den Bestandteilen Schlämmkreide und Leinölfirnis kann Kitt aber auch selbst hergestellt werden. Hauptsächlich verwendet wird Kitt als Abdichtung beim Einsetzen von Fensterscheiben, kann aber auch, ähnlich wie Holzkitt, zum Ausbessern schadhafter Stellen an Holzbauteilen benutzt werden. Kitt härtet an der Luft durch Oxidation des Leinöls im Laufe mehrerer Jahre aus und wird spröde. Er kann dann den Relativbewegungen zwischen Fenster und Glas nicht mehr folgen und bröckelt. Damit wird das Fenster undicht und die Verkittung muss ausgebessert oder erneuert werden. Alter versprödeter Kitt lässt sich am schonendsten durch kurze Bestrahlung mit kurzwelligen Infrarotstrahlen erweichen und dann leicht ausschaben. Entsprechende Strahler werden im Handel angeboten.

Aktuell werden Isolierglasscheiben hauptsächlich mit vollsynthetischen Dichtstoffen eingeglast. Klassischer Leinöl-Fensterkitt wird zwar in der industriellen Fertigung nur selten verwendet, jedoch im traditionellen Handwerk weiterhin zum Einglasen, für Abdichtungen und Reparaturarbeiten genutzt, besonders bei einfachverglasten Fenstern in Holz-, Metall- und Betonfassungen sowie bei Verbund- und Kastenfenstern mit Holzflügeln. Auch bei Verglasungen von antiken Möbeln findet er noch Verwendung. Klassischer Leinölkitt kann im Gegensatz zu Silikon überstrichen werden, mit traditioneller Leinölfarbe bereits nach einer Woche. Will man ihn allerdings mit Kunstharzlack überstreichen, so muss er zunächst bis zu vier bis sechs Wochen durchhärten.

Moderner Kitt kann auch als Intumeszenz-Stoff hergestellt werden, der bei der Abschottung von elektrischen und mechanischen Durchbrüchen in Bauteilen zum Erreichen einer bestimmten Feuerwiderstandsklasse angewendet wird.

Gesundheitsgefahren

Bis Mitte der 1980er Jahre wurde Fensterkitt mit Asbestfasern versetzt, um die Stabilität des Verbundes zu erhöhen.[7] Seit 1990 dürfen nur noch asbestfreie Kitte verwendet werden.[8] Untersuchungen der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt ergaben, dass bei unsachgemäßer Handhabung von alten Fensterkitt-Verbünden mit einer Freisetzung von Asbestfasern zu rechnen ist. Abhängig von der jeweiligen Bearbeitungsmethode, beispielsweise beim Abschleifen, können sich Konzentrationen von bis zu anderthalb Millionen lungengängiger Asbestfasern pro Kubikmeter Raumluft ergeben. Hingegen war beim Erwärmen mittels Infrarotstrahlen und dem anschließenden Abziehen des Kitts keine Faserfreisetzung messbar. Vor der Bearbeitung infrage kommender Verbünde ist daher unbedingt eine Beprobung auf asbesthaltiges Material vorzunehmen.

Literatur

  • Kitt. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 11: Kimpolung–Kyzĭkos. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1907, S. 78–80 (zeno.org).
  • Gustav Adolf Buchheister, Georg Ottersbach: Kitte und Klebmittel. In: Vorschriftenbuch für Drogisten: Die Herstellung der gebräuchlichen Verkaufsartikel. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2013, ISBN 978-3-662-42457-5, S. 495–511 (books.google.de Erstausgabe: 1914, Leseprobe).
  • Hanns Will: Kitte. In: Neues Manual für die praktische Pharmazie. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-53268-9, S. 275–283 (books.google.de Erstausgabe: 1953, Leseprobe).

Einzelnachweise

  1. W. Foerst (Hrsg.): Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie. 3. Auflage. Band 9. Urban & Schwarzenberg, München 1957, S. 565577.
  2. Kitt. In: Johann Georg Krünitz: Oeconomische Encyclopädie. (kruenitz1.uni-trier.de).
  3. kitt. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 11: K – (V). S. Hirzel, Leipzig 1873, Sp. 860–861 (woerterbuchnetz.de).
  4. Christian Friedrich Gottlieb Thon: Die Kitt-Kunst oder, Anleitung alle Arten von Kitten und Mörteln zweckmässig zu bereiten und sie mit Erfolg und Dauer Anzuwenden. Voigt, Weimar 1844 (archive.org).
  5. Römpp Chemie Lexikon. USB-Version. 11. Auflage. Thieme, Stuttgart 2008, Kitte.
  6. Karl Fischer: Edelsteinbearbeitung. 3. Auflage. Band 1. Rühle-Diebener-Verlag, Stuttgart 1995, S. 168171.
  7. Asbest im Fensterkitt. Glaser-Innung Hamburg, abgerufen am 1. April 2019.
  8. Asbest im Fensterkitt – Vorkommen, Gefahren & Maßnahmen. Hausjournal.net, 2015, abgerufen am 1. April 2019.
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