Landesfürst (Liechtenstein)

Der Landesfürst ist das Staatsoberhaupt des Fürstentums Liechtenstein und neben dem Landesvolk einer der beiden Träger der liechtensteinischen Souveränität. Als Regent ist er mit weitreichenden Regierungsbefugnissen ausgestattet, die er aber in der Regel grösstenteils an die Regierung delegiert. Der Landesfürst führt den offiziellen Titel Fürst von und zu Liechtenstein, Herzog von Troppau und Jägerndorf, Graf zu Rietberg, Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein.[1]

Fürst von Liechtenstein
Landesfürst
Wappen S.D. des Fürsten von Liechtenstein
Standarte des Fürsten
Amtierend
Hans-Adam II.
seit dem 13. November 1989
Anrede Seine Durchlaucht
Amtssitz Schloss Vaduz
Amtszeit auf Lebenszeit
Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, (seit dem 15. August 2004 Prinzregent)
Schaffung des Amtes 20. Dezember 1608
Erster Amtsinhaber Karl I.
Letzter Amtsinhaber Franz Josef II.
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Da Liechtenstein gemäss seiner Verfassung eine konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage ist, ist das Amt des Landesfürsten erblich und wurde bis dato stets von einem männlichen Mitglied des Hauses Liechtenstein bekleidet.[2] Seit dem Jahr 1989 ist Hans-Adam II. von und zu Liechtenstein der Landesfürst des Fürstentums Liechtenstein. Die Staatsgeschäfte nimmt allerdings seit August 2004 dessen Sohn, Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein, als Prinzregent wahr.

Die Stellung des Landesfürsten als Oberhaupt des Staates wird im Absatz 1 des Artikels 7 der Verfassung geregelt. Das entsprechende zweite Hauptstück der Verfassung steht unter dem Titel Vom Landesfürsten.[3]

Verfassungsrechtliche Stellung des Fürsten

Die Verfassung Liechtensteins aus dem Jahr 1921, vor den wesentlichen Änderungen im Jahr 2003, hat dem Fürsten bereits eine eher starke Stellung verliehen, stärker als dies in der Praxis anderer europäischer Monarchien, die Mitglied des Europarates sind, üblich ist.[4] Durch die Verfassungsänderung 2003 hat sich die Stellung des Landesfürsten noch weiter verstärkt.[5]

GRECO hat in seinem Liechtenstein-Bericht 2011[6] festgehalten: «Der Fürst spielt im Land traditionellerweise eine führende Rolle. Das politische Leben wird nicht durch starke Oppositionen geprägt, und seit vielen Jahren haben die zwei grösseren politischen Gruppierungen ihre Macht üblicherweise in Rahmen von parlamentarischen Koalitionen geteilt, auch wenn ihre politischen Färbungen stark differenziert sind. Die beiden grösseren Tageszeitungen sind eng mit diesen Parteien verbunden ...»[7]

Es wird in diesem Bericht auch eine differenzierte Sicht der Position und faktischen sowie rechtlichen Stellung des Landesfürsten in Liechtenstein aufgezeigt: «Dieses positive Bild (über die Lage von Richtern und Staatsanwälten und den Spezialisierungsgrad der Strafverfolgungsbehörden in Liechtenstein) wird durch gewisse Besonderheiten abgeschwächt, welche die dominante Stellung der Exekutive, einschliesslich des Fürsten, widerspiegeln, und dies betrifft auch die Situation im Gerichts- und Strafverfolgungssystem.»[8] GRECO empfiehlt in seinem Liechtenstein-Bericht 2011[9] die «Befugnisse des Fürsten zu überprüfen, wonach er gemäss Art. 12 der Landesverfassung und anderen gesetzlichen Bestimmungen strafrechtliche Untersuchungen und Verfahren verhindern oder einstellen kann.»[10]

Die besondere und kritisch betrachtete Stellung des Landesfürsten und seines Vertreters zeigt sich zum Beispiel darin:

  • dass der Landesfürst und (falls einer von ihm ernannt ist) sein Amtsausführender Stellvertreter (im Sinne von Art 7 Abs. 2 und Art 13bis Landesverfassung) dauernde und absolute Immunität geniessen,[11]
  • im weitumfassenden Recht der Begnadigung, der Milderung und Umwandlung rechtskräftig zuerkannter Strafen und der Niederschlagung eingeleiteter Untersuchungen,[12]
  • der zentralen Befugnissen und Möglichkeiten des Landesfürsten bei der Vorauswahl und der Einstellung von Richtern für die Landesgerichte,[13]
  • den Vetomöglichkeiten des Fürsten bei Gesetzen. Dies ist selbst dann möglich, wenn diese Gesetze in einer Volksabstimmung angenommen wurden,[14]
  • umfassendes und unpräzis formuliertes Notverordnungsrecht des Fürsten,[15]
  • dass die Regierung Liechtensteins nicht dem Landtag verantwortlich ist, sondern dem Fürsten[14].

Literatur

  • Günther Winkler: Verfassungsrecht in Liechtenstein. Springer-Verlag, Wien 2001, ISBN 3-211-83610-1.
  • Stabsstelle für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.): Das Fürstentum Liechtenstein – Begegnung mit einem Kleinstaat. Vaduz 2006.
  • Patricia M. Schiess Rütimann: Die politische Verantwortung des Landesfürsten. In: Hubertus Schumacher, Wigbert Zimmermann (Hrsg.): 90 Jahre Fürstlicher Oberster Gerichtshof. Festschrift für Gert Delle Karth. Jan Sramek Verlag, Wien 2013, ISBN 978-3-7097-0002-0, S. 829–246.
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Einzelnachweise

  1. Artikel 2 Absatz 1 des Hausgesetzes des fürstlichen Hauses Liechtenstein vom 26. Oktober 1993
  2. Gemäss Art. 12 des Hausgesetzes des Fürstlichen Hauses Liechtenstein vom 26. Oktober 1993 (LGBl 100/1993) gilt in Liechtenstein der Grundsatz der Primogenitur für die Thronfolge. Weibliche Mitglieder des Fürstenhauses sind gemäss dem Hausgesetz von 1993 von der Thronfolge grundsätzlich ausgeschlossen.
  3. Verfassung des Fürstentums Liechtenstein, online abrufbar in der Liechtensteinischen Gesetzessammlung.
  4. Freies Zitat nach Pkt. 40 f aus dem Bericht der Venedig-Kommission.
  5. Siehe Bericht der Venedig-Kommission, Pkt. 41.
  6. GRECO Liechtenstein-Bericht 2011 - Vollversion siehe Weblinks.
  7. GRECO Liechtenstein-Bericht 2011, Pkt. 103.
  8. GRECO Liechtenstein-Bericht 2011, Pkt. 48
  9. Pkt. 49.
  10. Siehe hierzu auch die Stellungnahme betreffend die vom liechtensteinischen Fürstenhaus vorgeschlagenen Änderungen der liechtensteinischen Verfassung, an der 53. Plenarsitzung der Venedig-Kommission angenommen (Venedig, 13.-14. Dezember 2002), ebenfalls zitiert im GRECO Liechtenstein Bericht, Pkt. 50.
  11. Kritisiert in Stellungnahme betreffend die vom liechtensteinischen Fürstenhaus vorgeschlagenen Änderungen der liechtensteinischen Verfassung, an der 53. Plenarsitzung der Venedig-Kommission angenommen (Venedig, 13.-14. Dezember 2002) und im GRECO Liechtenstein-Bericht, Pkt. 57. Art. 13ter gibt mindestens 1500 Stimmberechtigten zwar das Recht, gegen den Landesfürsten einen begründeten Misstrauensantrag einzubringen, welcher bei einer Volksabstimmung angenommen werden muss. Eine Konsequenz daraus ist jedoch nicht verbindlich festgelegt: «Wird bei der Volksabstimmung der Misstrauensantrag angenommen, dann ist er dem Landesfürsten zur Behandlung nach dem Hausgesetz mitzuteilen. Die gemäss dem Hausgesetz getroffene Entscheidung wird dem Landtag durch den Landesfürsten innerhalb von sechs Monaten bekannt gegeben.» Siehe auch die Kritik dazu im Bericht der Venedig-Kommission, Pkt. 5, 26 mit Bezugnahme auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 28. Oktober 1999 im Fall Wille gegen Liechtenstein und Pkt. 34 f.
  12. Art 12 Landesverfassung, Art 8 Abs. 5 Staatsanwaltschaftsgesetz, Art 2 Abs. 6 StPO, GRECO Liechtenstein-Bericht 2011, Pkt. 26, 30, 140, 141.
  13. Art 96 Landesverfassung, GRECO Liechtenstein-Bericht, Pkt. 22, 23, 50, 140, 141. Gemäss GRECO Liechtenstein-Bericht, Pkt. 50: «die Notwendigkeit von Änderungen im Gerichtswesen ist offensichtlich, und Liechtenstein könnte sich diesbezüglich von den Standards des Europarates in diesem Bereich inspirieren lassen». Diese Befugnisse des Fürsten wurden bereits im Bericht der Venedig-Kommission, Pkt. 29–31, streng kritisiert.
  14. GRECO Liechtenstein-Bericht, Pkt. 29.
  15. Art 10 Landesverfassung. Siehe auch Bericht der Venedig-Kommission, Pkt. 32.

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