Förderverein Berliner Schloss
Der Förderverein Berliner Schloss ist ein gemeinnütziger eingetragener Verein mit Sitz in Berlin. Er fördert den Wiederaufbau des Berliner Schlosses und ist unabhängig von der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss.
Förderverein Berliner Schloss | |
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Rechtsform | gemeinnütziger eingetragener Verein |
Gründung | 27. August 1992 |
Gründer | Wilhelm von Boddien |
Sitz | Berlin |
Vorsitz | Richard Schröder |
Umsatz | 6.209.679 Euro (2020) |
Beschäftigte | 10 (2019) |
Freiwillige | 80 (2020) |
Mitglieder | 1380 (2020) |
Website | Förderverein Berliner Schloss |
Gründung
Der Verein wurde am 27. August 1992 im Vereinsregister des Amtsgerichtes Charlottenburg eingetragen. Sein Zweck ist die Förderung des Wiederaufbaus des als „Hauptwerk des norddeutschen Barock“ (Georg Dehio) geltenden Berliner Schlosses.[1] Der Verein betrachtet die weitgehende Rekonstruktion des Schlosses, dessen Sprengung und Abriss zum Symbol der kommunistischen Diktatur wurde, zugleich als Symbol für die wiedergewonnene Deutsche Einheit und die Fähigkeit der Demokratie, kulturhistorisch wertvolle Gebäude für die Nachwelt wiederherzustellen und zu überliefern. Die Förderung der Bildung und Kultur stehe in einem engen Zusammenhang mit der künftigen Nutzung des Berliner Schlosses, unter anderem als Museum, Kultur- und Veranstaltungszentrums.
Vereinszwecke
Wesentlicher Zweck des Fördervereins ist laut Satzung der Wiederaufbau des Berliner Schlosses. Dieser solle durchgeführt werden in „weitestgehender Originaltreue seiner Fassaden und Höfe sowie wichtiger historischer Innenräume für Bildungs- und kulturelle Zwecke“. Angesichts der Bedeutung, welche das Berliner Schloss als Kunst- und Baudenkmal hat, wertet der Förderverein den Wiederaufbau als ein Anliegen von hohem nationalen und internationalen kulturellen Rang. Denn das Schloss sei ein Meisterwerk der handwerklich-künstlerischen, barocken Baukunst, ein Hauptwerk Andreas Schlüters und anderer berühmter Baumeister, und eine bestimmende Dominante der Stadtmitte Berlins und des historischen Stadtbildes von Berlin vor seiner Zerstörung. Aufgaben des Fördervereins sind die Beschaffung von Finanzmitteln, insbesondere das Einwerben von Spenden für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Kulturzentrum Humboldt Forum gemäß dem Beschluss des deutschen Bundestages vom 4. Juli 2002. Für die Werbung und die Annahme von Spenden gelten die jeweils aktuellen Spendenrichtlinien der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss als Grundlage.
Der Förderverein Berliner Schloss sagte dem Deutschen Bundestag 2002 zu, die Mehrkosten für die Wiedererrichtung der Barockfassaden des Berliner Schlosses im Zuge der Errichtung des Humboldt Forums zu übernehmen. Hierfür war ein in Form von Spenden einzuwerbender Betrag von 80 Millionen Euro vorgesehen. Für die vom Architekten des Humboldt Forums, Franco Stella, zusätzlich vorgesehene Rekonstruktion dreier Innenportale sowie der Durchgänge und der 60 Meter hohen Kuppel des Berliner Schlosses waren weitere, ebenfalls als Spenden einzuwerbende 25 Millionen Euro erforderlich.[2][3] Die Spendeneinnahmen wurden abzüglich geringer Vereinskosten regelmäßig an den Bauherrn abgeführt. Der aktuelle Spendenstand wird auf der Vereins-Website durch eine Spendenuhr dargestellt.[4]
2020 gab die Stiftung Humboldt Forum bekannt, dass das Spendenziel von insgesamt 105 Millionen Euro erreicht worden sei.[3] 2021 gab der Förderverein Berliner Schloss bekannt, dass weitere 13 Millionen Euro für die Rekonstruktion von 27 Balustradenfiguren sowie der beiden Portaldurchgänge auf der Lustgartenseite eingeworben werden sollen.[5] Davon gingen bis November 2022 bereits 12 Millionen Euro Spenden ein.[6]
Organe
Organe des Vereins sind:
- die Mitgliederversammlung, die einmal jährlich einberufen wird,
- der Vorstand, der aus fünf Vorstandsmitgliedern besteht und weitere Mitglieder haben darf,
- die Geschäftsführung, die aus ein oder zwei Personen besteht und vom Vorstand berufen wird,
- der Finanzbeirat, der gebildet werden kann, wenn es nötig erscheint.
Regionale Freundeskreise
Es gibt Stand 2022 folgende regionale Freundeskreise:[7]
- Freunde des Berliner Schlosses in Berlin
- Freunde des Berliner Schlosses in Bremen
- Freunde des Berliner Schlosses in Düsseldorf
- Freunde des Berliner Schlosses in Frankfurt am Main
- Freunde des Berliner Schlosses in Halberstadt
- Freunde des Berliner Schlosses in Hameln – Bad Pyrmont
- Freunde des Berliner Schlosses in Hamburg
- Freunde des Berliner Schlosses in Hannover
- Freunde des Berliner Schlosses in Köln und Bonn
- Freunde des Berliner Schlosses in Lüneburg
- Freunde des Berliner Schlosses in München[8]
- Freunde des Berliner Schlosses in Baden-Württemberg[9]
Kontroversen
Im Oktober 2021 berichte der Architekt Philipp Oswalt in einem Artikel im Berliner Tagesspiegel, dass der Förderverein Berliner Schloss eine siebenstellige Spende des Bankiers Ehrhardt Bödecker erhalten hätte.[10] Bödeckers Preußenbild habe, so Oswalt, rechtsradikale Züge. Bödecker weise eine Nähe zur Neuen Rechten auf; der Zentralrat der Juden hielte Äußerungen von Bödecker für antisemitisch. Wilhelm von Boddien als Verantwortlicher des Fördervereins habe auf Nachfragen zu Bödecker eine Stellungnahme verweigert. In der Folgezeit wurde in verschiedenen Medien massive Kritik am Förderverein Berliner Schloss geübt.[11] So hätten neben Bödecker weitere fragwürdige Mäzene zur Finanzierung des Humboldt Forums beigetragen,[12] beispielsweise auch Rudolf-August Oetker, der sich zeitlebens gegen die Aufarbeitung der NS-Verstrickung seines Unternehmens gewehrt habe.[13] Gegenstand kritischer Diskussionen waren „die politischen Haltungen des Fördervereins“ sowie dessen Weigerung, zur Identifizierung weiterer rechter Geldgeber unter den Schloss-Förderern die Identitäten anonymer Spender offenzulegen.[14] Medienberichten aus dem Jahr 2022 zufolge bekenne sich der Förderverein „ohne Einschränkung“ zu den Spendern.[15][16] Die Süddeutsche Zeitung konstatierte, dass sich der Förderverein sich von „...einem Grüppchen Wochenend-Preußen (...) zu einem kulturkämpferischen Verband radikalisiert“ habe.[16] Jürgen Zimmerer kritisierte in der Berliner Zeitung, dass bei der Bewertung antisemitischer Tendenzen im Zusammenhang mit der Documenta 15 und dem Gebaren des Fördervereins mit zweierlei Maß gemessen werde.[17]
2022 gab das Humboldt Forum bekannt, dass man vom Förderverein eine Distanzierung von extremistischen und demokratiefeindlichen Positionen erwarte. Zuwendungen des Fördervereins würden zukünftig nur von namentlich bekannten Spendern angenommen, sofern diese den grundlegenden Werten des Humboldt Forums nicht widersprächen.[15] Im November 2022 teilte die Stiftung Humboldt Forum mit, dass sich der in der Presse geäußerte Verdacht, der Förderverein hätte von rechtsextremen Personen oder Organisationen Großspenden angenommen, bei einer Überprüfung nicht erhärtet habe. Damit sei die Voraussetzung für eine weitere konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Stiftung und dem Förderverein geschaffen.[18] Im Mai 2023 wurde das bis dahin unter Verschluss gehaltene Gutachten des Institut für Zeitgeschichte über den kritisierten Großspender Ehrhardt Bödecker veröffentlicht. Anders als zuvor von der Stiftung Humboldtforum behauptet, entlastete dieses Gutachten Bödecker nicht von dem Vorwurf, rechtsradikale Positionen vertreten zu haben. Das Gutachten zeigte vielmehr intensive Beziehungen Bödeckers zu den Kreisen der sogenannten „Neuen Rechten“ auf.[19]
Einzelnachweise
- Satzung des Vereins, abgerufen am 5. November 2018.
- Christine Eichelmann: Jetzt sollen die Berliner sich ihr Schloss zusammenkaufen. In: Berliner Morgenpost. 10. August 2014, abgerufen am 28. Dezember 2022 (deutsch).
- Ulrike Kiefert: Spendenziel erreicht: Förderverein Berliner Schloss hat 105 Millionen für Schlossfassade zusammen. In: Berliner Woche. 2. Dezember 2020, abgerufen am 28. Dezember 2022.
- Spendenstand am 6. November auf der Website des Vereins abgerufen am 6. November 2018
- Isabell Jürgens: Mehr Barock fürs Berliner Schloss. In: Berliner Morgenpost. 24. Mai 2021, abgerufen am 30. Dezember 2022 (deutsch).
- https://berliner-schloss.de/spenden-system/spendenstand/
- Regionale Freundeskreise. In: Internetangebot des Fördervereins Berliner Schloss e. V. Abgerufen am 30. Dezember 2022.
- Beispiel einer Benefizaktion des Münchner Freundeskreises, abgerufen am 6. November 2018.
- Regionale Freundeskreise, Partner des Vereins abgerufen am 5. November 2018
- Philipp Oswalt: Preußentum und Antisemitismus: Ehrt das Humboldt Forum einen Mäzen mit rechtsradikaler Gesinnung? In: Der Tagesspiegel Online. 27. Oktober 2021, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 25. Dezember 2022]).
- Andreas Kilb: Humboldt-Forum im Zwielicht: Ein Spender von rechts außen. In: FAZ.NET. 4. November 2021, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 25. Dezember 2022]).
- Jörg Häntzschel: Rechte Spenden für das Berliner Stadtschloss: Wer hat's bezahlt? Süddeutsche Zeitung, 9. Dezember 2021, abgerufen am 25. Dezember 2022.
- Christiane Peitz: Tafel des Großspenders wird entfernt: Bödecker ist nicht der einzige fragwürdige Mäzen des Humboldt Forums. In: Der Tagesspiegel Online. 5. November 2021, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 25. Dezember 2022]).
- Niklas Maak: Das Schloss und sein Spender: Preußendämmerung. In: FAZ.NET. 11. Dezember 2022, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 25. Dezember 2022]).
- Nina Breher, Thomas Lippold: Rechte Spenden für das Berliner Stadtschloss: Humboldt-Forum kündigt Konsequenzen gegenüber Förderverein an. In: Der Tagesspiegel Online. 15. Juli 2022, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 25. Dezember 2022]).
- Jörg Häntzschel: Rechte Spender beim Berliner Schloss: keine Klärung in Sicht. In: Süddeutsche Zeitung. 15. Dezember 2022, abgerufen am 25. Dezember 2022.
- Jürgen Zimmerer: Humboldt-Forum und Documenta: Wir sollten aufhören mit zweierlei Maß zu messen. Berliner Zeitung, 3. August 2022, abgerufen am 25. Dezember 2022.
- https://www.humboldtforum.org/de/presse/mitteilungen/transparenz-dank-gutachten-und-neuer-spendenrichtlinie/
- Gutachten zum Schloss-Spender Bödecker: Die NS-Verbrechen hat er relativiert. In: tagesspiegel.de. 10. Mai 2023, abgerufen am 13. Juni 2023.