Exe (Flensburg)

Die Exe (ursprünglich Kurzform für Exerzierplatz bzw. Exerzierlücke, dänisch Ekserserpladsen bzw. Ekserserløkke) in Flensburg ist ein jahrhundertealter Festplatz und Versammlungsplatz. Zudem bildet die Exe samt der umliegenden Bebauung einen gleichnamigen Stadtbezirk innerhalb des Stadtteils Friesischer Berg.[5][6]

Exe
Exerzierplatz bzw. Exerzierlücke
Ekserserpladsen bzw. Ekserserløkke (dän.)
Platz in Flensburg
Exe
Die als Parkplatz genutzte Exe (2013)
Basisdaten
Ort Flensburg
Ortsteil Friesischer Berg
Hist. Namen Ratsherrenkoppel oder Ratsherrenlücke (um 1768)
Kleine Exerzierslücke (um 1849)
Einmündende Straßen Nikolaiallee (Nicolaiallé)[1],
Klaus-Groth-Straße (Klaus Groths gade)[2],
Professor-Mensing-Straße (Professor Mensings Gade)[3],
Zur Exe (Exegade)[4],
Katharinenstraße (Katrinegade)[2], Kastanienweg (Kastanievej)[2],
Kleine Sophienstraße (Lille Sophiegade)[2]
Bauwerke Marktwache von 1938,
Kiosk „Zur Exe“
Nutzung
Nutzergruppen Fußverkehr, Radverkehr, Autoverkehr (Parkplätze), Jogger und Dogger

Geschichte der Exe

Pfingstgelage und Vogelschießen

Schon vor dem Jahr 1284, dem Jahr der Erlangung des Stadtrechtes, existierte die Knudsgilde, die irgendwann damit begann, auf dem Platz,[7][8] der oberhalb der Stadt auf einem Hügel lag, am zweiten oder dritten Pfingsttag das Pfingstgelage zu feiern.[9] Während dieses Festes gab es ein Vogelschießen.[9] Dafür stand auf dem Platz die Vogelstange[9] (auch Vogelbaum[7] oder Papageienbaum[10] genannt), an der der sogenannte Papagei befestigt war.[7] Das Vogelschießen, an dem die Schützengilden[6] teilnahmen, fand bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts statt.[9][11] Zudem fanden im Mittelalter auf dem Platz wohl auch Versammlungen der Bürgerschaft statt, auf denen wichtige Rechtssatzungen beschlossen wurden.[7][12] Eine solche Versammlung auf dem Platz vor der Stadt ist vom Mittwoch vor Pfingsten des Jahres 1548 überliefert, womit der Platz erstmals bezeugt ist.[10] Der eigentliche Versammlungsort der Bürgerschaft war jedoch der Thingplatz innerhalb der Stadt.

Zunächst trug der Platz wohl den Namen Ratsherrenkoppel[13] oder Ratsherrenlücke. Der Name Ratsherrenlücke ist für das Jahr 1768 bezeugt.[7] Mit Lücke (früher häufig: Lycke geschrieben,[14] dem dänischen Wort Løkke entsprechend) wird ein eingefriedetes Landstück bezeichnet.

Viehmarkt und Exerzierplatz

Am nördlichen Rand des Platzes, im Bereich der heutigen Friesischen Straße, befand sich um 1779 der sogenannte Vieh-Markts-Platz.[15][16] Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden dort offenbar hauptsächlich Ochsen verkauft, weshalb dieser Bereich in der Folge den Namen Ochsenmarkt erhielt. Die Pferde wurden etwas weiter östlich auf dem Südermarkt gehandelt.[16]

Anfang des 19. Jahrhunderts nutzte das dänische Militär die Ratsherrenlücke zum Exerzieren,[6] weshalb der Platz Exerzierlücke genannt wurde.[7] Nachdem dort, wo sich heute der Flugplatz Flensburg-Schäferhaus befindet, ein größerer Exerzierplatz eingerichtet worden war,[6] erhielt der alte Platz den Namen „Kleine Exerzierslücke“. Im Jahr 1849 ist auf dem deutschsprachigen Stadtplan von Wergeland erstmals der Name „Exercier Platz“ als Name bezeugt. Da aber Lücke weiblich ist, könnte dies der Grund sein, weshalb sich im Volksmund bei der Verwendung der Verkürzung Exe der weibliche Artikel, also die Exe,[17] durchsetzte und nicht der Exer wie beim Exerzierplatz in Kiel.

Im Ersten Schleswig-Holsteinischen Krieg 1848–1851 sammelten sich dort die Fuhrwerke mit Ausrüstungen, ebenso im Zweiten Schleswig-Holsteinischen Krieg 1864 sowie im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71.[6] Ende der 1850er-Jahre wurde der Platz daneben auch für Viehmärkte genutzt. In den 1880er Jahren fand zusätzlich zweimal jährlich der Kramermarkt statt, mit dem die heutige Nutzung als Jahrmarktsplatz und Zirkusplatz begann.[6] Ein dritter Exerzierplatz wurde im Übrigen um 1910 in Mürwik, wo sich die Kaiserliche Marine angesiedelt hatte, im oberen Bereich der Torpedostation geschaffen. Zu diesem Exerzierplatz gehörte eine zeitgleich errichtete Exerzierhalle, die heute noch, im Gegensatz zum zugehörigen Exerzierplatz, erhalten blieb, aber später in Morsehalle umbenannt wurde und heute anderen Zwecken dient.[18][19][20]

Bücherverbrennung

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten kam es auf der Exe am 30. Mai 1933 zur Bücherverbrennung. Der Hauptredner war der Flensburger NS-Kampfbundführer F. Schröder. Verbrannt wurde Literatur von Sigmund Freud, Erich Kästner, Heinrich Mann, Karl Marx, Erich Maria Remarque und Kurt Tucholsky. Mitverbrannt wurden sozialdemokratische Fahnen.[21]

Marktwache

1938 wurde die Marktwache nach einem Entwurf des Architekten Theodor Rieve, vermutlich unter Beteiligung des Magistratsbaurats Paul Ziegler, errichtet.[22]

Die Exe heute

Als die Umgebung der Exe bebaut wurde, entstand ein kleiner Stadtbezirk. Hier erscheint die Exe auch im Namen einzelner Geschäfte, zum Beispiel bei einem Kiosk am nördlichen Rand der Exe. Nahe der Exe finden sich heute auch der Kinder- und Jugendtreff die exxe, eine Kinder- und Jugendfreizeiteinrichtung,[23] ein Hostel[24] sowie das Studentenwohnheim Norderburse.[25] Zwei der umliegenden Straßen verweisen mit ihren Namen auf die Exe: Die Straße Kleine Exe[7] ist auf aktuellen Stadtplänen verzeichnet, besitzt aber kein Straßenschild; die Straße Zur Exe (Exegade)[4] ist Teil der B 199. Daneben erinnert die Straße Am Ochsenmarkt (Ved Oksetorvet)[26] an den Ochsenmarkt.[16] Zwei weitere Straßennamen in der Umgebung, Schützenkuhle (Skyttekulen)[27] und Kanonenberg (Kanonbjerget)[2], verweisen auf die St.-Nikolai-Schützengilde von 1583.[28]

Im Dezember 2015 eröffnete auf der Exe im Zuge der Flüchtlingskrise in Europa Flensburgs größte Flüchtlingsunterkunft, die für bis zu 400 Bewohner ausgelegt war. Rund 25 Prozent Fläche des gesamten Platzes wurden für einen Zeitraum von zwei Jahren zur Unterbringung von Asylsuchenden genutzt.[29][30]

Trotz Wohncontainer findet heute zweimal jährlich ein Jahrmarkt sowie mehrmals im Jahr ein Flohmarkt auf der Exe statt.[31] Von Zeit zu Zeit schlagen auch große Zirkusse dort ihre Zelte auf,[31] wie der Zirkus Charles Knie,[32] der Circus Carl Busch[33] oder der Circus Krone.[34][35] Auch als Konzertfläche wurde die Exe schon genutzt; 2008 sang dort vor 22.000 Zuschauern Herbert Grönemeyer.[36] Ein weiteres Grönemeyer-Konzert erfolgte 2019 im Rahmen der Tumult Tour auf dem Platz. Wenn keine Veranstaltungen stattfinden, wird die Exe als Parkplatz genutzt. Die Flensburger Innenstadt ist von dort zu Fuß innerhalb von zehn Minuten erreichbar.[31]

Commons: Exe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Aktive Pensionister, torsdagsholdet (Hrsg.): Flensborgs gadenavne. Flensburg 1995, S. 18.
  2. Aktive Pensionister, torsdagsholdet (Hrsg.): Flensborgs gadenavne. Flensburg 1995, S. 15.
  3. Aktive Pensionister, torsdagsholdet (Hrsg.): Flensborgs gadenavne. Flensburg 1995, S. 19.
  4. Aktive Pensionister, torsdagsholdet (Hrsg.): Flensborgs gadenavne. Flensburg 1995, S. 24.
  5. Stadtteile, herausgegeben von der Stadt Flensburg (Memento vom 24. Februar 2016 im Internet Archive)
  6. Andreas Oeding, Broder Schwensen, Michael Sturm: Flexikon. 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg!. Flensburg 2009, Artikel: Exe
  7. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1, Artikel: Kleine Exe sowie Zur Exe
  8. Die Knudsgilde in Flensburg entstand wohl um 1200; Vgl. Schriften der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte (Hrsg.): Flensburg in Geschichte und Gegenwart. Flensburg 1972, S. 290
  9. Flensburg Atlas, Flensburg 1978, Karte Nr. 9 und Beiheft zum Flensburg-Atlas, Flensburg 1986
  10. Schriften der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte (Hrsg.): Flensburg in Geschichte und Gegenwart. Flensburg 1972, S. 390
  11. Solche Vogelschießen fanden und finden heute noch in anderen Teilen Deutschlands statt. Vgl. beispielsweise: St. Georgius, Heiden, Überlieferungen (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive); abgerufen am: 2. Juli 2014 sowie Schützenverein Berleburg 1838 e. V., Die Geschichte der Vogelstange (Memento des Originals vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.schuetzenverein-berleburg.de; abgerufen am: 2. Juli 2014
  12. Vgl. Schriften der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte (Hrsg.): Flensburg in Geschichte und Gegenwart. Flensburg 1972, S. 390
  13. Vgl. Andreas Oeding, Broder Schwensen, Michael Sturm: Flexikon. 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg!. Flensburg 2009, Artikel: Exe
  14. Vgl. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1, Artikel: Kleine Exe sowie Zur Exe
  15. Vgl. Flensburg Atlas, Flensburg 1978, Karte Nr. 11 (Karte von Jürgensen, 1779)
  16. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1, Artikel: Am Ochsenmarkt
  17. Flensburger Tageblatt: Stadtgeschichte: Einmalig: Flensburger Straßennamen, vom: 5. April 2018; abgerufen am: 5. April 2018
  18. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein, Band 2, Flensburg, Seite 544
  19. Gesetz, betreffend die vorläufige Regelung des Reichshaushalts für die Monate April und Mai 1907, abgerufen am: 22. Juli 2017
  20. Jörg Hillmann, Reinhard Scheiblich: Das rote Schloß am Meer. Die Marineschule Mürwik seit ihrer Gründung. Hamburg 2002, Seite 58
  21. Andreas Oeding, Broder Schwensen, Michael Sturm: Flexikon. 725 Aha-Erlebnisse aus Flensburg!. Flensburg 2009, Artikel: Bücherverbrennung
  22. Vgl. Broder Schwensen [Hrsg.]: Paul Ziegler – Magistratsbaurat in Flensburg 1905–1939. Flensburg 1998, ISBN 3-925856-31-5. (= Kleine Reihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Band 29.), S. 218
  23. die exxe (Seite des Kinder- und Jugendtreff die exxe)
  24. Flensburg Mobil, Hostel Flensburg; abgerufen am: 3. Juli 2014
  25. Flensburg Mobil, Studentenwohnheim Norderburse; abgerufen am: 3. Juli 2014
  26. Aktive Pensionister, torsdagsholdet (Hrsg.): Flensborgs gadenavne. Flensburg 1995, S. 8.
  27. Aktive Pensionister, torsdagsholdet (Hrsg.): Flensborgs gadenavne. Flensburg 1995, S. 20.
  28. Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN 3-925856-50-1, Artikel: Kanonenberg und Schützenkuhle
  29. Gunnar Dommasch: Parkplatz auf der Exe: Neue Wohnmodule – mehr Parkplätze. In: Flensburger Tageblatt. 17. Dezember 2015, abgerufen am 25. Mai 2016.
  30. Carlo Jolly: Asyl-Container in Flensburg: Ratten, Splitterrohre und lose Kabel. In: Flensburger Tageblatt. 23. Mai 2016, abgerufen am 25. Mai 2016.
  31. Marsch und Förde, Exe; abgerufen am: 2. Juli 2014
  32. MoinMoin: Zirkus »Charles Knie« gastiert, Vom 1. bis 6. Mai auf dem Festplatz Exe (Memento vom 14. Juli 2014 im Internet Archive), Artikel von Anfang 2012; abgerufen am: 2. Juli 2014
  33. Silke Bleek: Auftakt zur großen Zirkus-Show, Circus Carl Busch schlägt nach 11 Jahren Pause wieder in Flensburg die Zelte auf, in: Flensburger Tageblatt, 17. Juli 2013; abgerufen am: 2. Juli 2014
  34. Circus Krone kommt nach Flensburg, vom: Juli 2002; abgerufen am: 2. Juli 2014
  35. Straßensperrungen und Gastspiel von Zirkus Krone in Flensburg auf der Exe, vom; 15. Juli 2011; abgerufen am: 2. Juli 2014
  36. Joachim Pohl: Grönemeyer in Flensburg: Das Herbert-Festival rund um die Exe, in: Flensburger Tageblatt, 10. Juni 2008; abgerufen am: 2. Juli 2014

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