Ewald Kluge

Ewald Kluge (* 19. Januar 1909 in Lausa bei Dresden; † 19. August 1964 in Ingolstadt) war ein deutscher Motorradrennfahrer.

Motorradfahrer-Denkmal (1939) von Max Esser in Berlin. Ewald Kluge auf DKW, im Hintergrund der Funkturm
Eine DKW US 250, wie sie auch Ewald Kluge in der Saison 1939 pilotierte.
Die 350er-Dreizylinder-DKW (RM 350, Spitzname Singende Säge), wie sie Kluge in seinen letzten Rennen fuhr.
Gedenkstein für Ewald Kluge in Dresden-Gomlitz

Kluge zählt zu den bedeutendsten und erfolgreichsten deutschen Motorradrennfahrern der Geschichte. Einer seiner größten Erfolge war der Sieg bei der Tourist Trophy 1938.

Leben

Ewald Kluge hatte eine schwere Jugendzeit. Als er zwölf Jahre alt war, starb seine Mutter, so dass er im Haus und im Geschäft seines Vaters mitarbeiten musste. Zwei Jahre später suchte er erfolglos eine Lehrstelle, fand aber nur Arbeit als Wagenwäscher bei einem Vertreter für Margarine, der ihm zu einer Ausbildung zum Kraftfahrzeugmechaniker in einer Reparaturwerkstatt verhalf. Wegen der schlechten Geschäftslage dieses Betriebs zu Beginn der Weltwirtschaftskrise verlor Kluge als 19-Jähriger den Arbeitsplatz und nahm die Stelle eines Taxifahrers in Dresden an.

Für 800 Reichsmark kaufte er sich ein Motorrad, eine englische Dunelt, mit der er 1929 beim Freiberger Dreiecksrennen erstmals als Rennfahrer startete und Dritter wurde. In den nächsten Jahren fuhr er eine private DKW, bevor ihn die DKW-Werke in Zschopau 1934 als Rennmonteur und Reservefahrer einstellten. Ab 1935 war er vollwertiges Mitglied des DKW-Werksteams.

Während des Zweiten Weltkriegs war Ewald Kluge als Unteroffizier in Leipzig und an der Schule für Heeresmotorisierung in Wünsdorf. Auf Antrag der Auto Union wurde er 1943 freigestellt, um in deren Versuchsabteilung zu arbeiten. Die ihm wie vielen Fahrerkollegen „angetragene“ Mitgliedschaft im NSKK führte nach Kriegsende dazu, dass er als Nationalsozialist denunziert und von 1946 bis 1949 im Speziallager Nr. 1 Mühlberg inhaftiert war.

Ab 1950 war Kluge wieder als Rennfahrer für DKW aktiv, bis ein schwerer Sturz auf dem Nürburgring, bei dem er sich einen Trümmerbruch eines Oberschenkels zuzog, seine Laufbahn beendete. Danach war er in der Öffentlichkeitsarbeit der Auto Union eingesetzt.

Ewald Kluge starb am 19. August 1964 an einem Krebsleiden. Er war verheiratet und hatte einen Sohn und eine Tochter.

Motorsportlaufbahn

Ewald Kluges sportliche Laufbahn begann 1929, als er beim Freiberger Dreiecksrennen mit einer Dunelt hinter zwei DKW-Werksmaschinen den dritten Platz belegte. Bis 1933 startete er als Privatfahrer.

1934 gewann er mit dem DKW-Team die Goldmedaille in der Internationalen Sechstagefahrt und bei der 2000-km-Deutschlandfahrt sowie 1935 die Silbervase bei der Internationalen Sechstagefahrt.

Von 1936 bis 1939 war Ewald Kluge Deutscher Meister sowie 1938 und 1939 Europameister in der 250er-Klasse. Seinen größten Erfolg erzielte er jedoch im Juni 1938, als er auf einer ULD 250 in einer Zeit von 3:21:56 Stunden bzw. mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 125,57 km/h das Schwerste Motorradrennen der Welt, die Tourist Trophy auf der Isle of Man, gewann. Kluge siegte mit einem Vorsprung von 11 Minuten und 10 Sekunden auf den Zweitplatzierten Ginger Wood[1] und war der erste Deutsche und der zweite aus Kontinentaleuropa stammende Pilot überhaupt, der dieses Rennen gewinnen konnte.[2]

Außer auf der Rundstrecke fuhr Kluge auch Bergrennen. So gewann er 1938 beim „Großen Bergpreis von Deutschland“, der auf der Großglockner-Hochalpenstraße zwischen der Mautstelle Ferleiten und dem Fuscher Törl ausgetragen wurde, die Deutsche Bergmeisterschaft. Der Sachse setzte dabei auf seiner 250er-DKW sogar die absolute Bestzeit und schlug somit auch sämtliche der auf 350- und 500-cm³-Maschinen angetretenen Piloten.

Nach dem Krieg trat er oft als Doppelstarter in der 250er- und der 350er-Klasse an und gewann unter anderem 1952 das Rennen auf der Autobahnspinne Dresden und auf der Dreizylinder-DKW das Eilenriederennen in Hannover in Tagesbestzeit bzw. mit einem Schnitt von 126,5 km/h. Des Weiteren startete er in der Saison 1952 als 43-Jähriger noch beim Grand Prix von Deutschland für Motorräder im Rahmen der Motorrad-Weltmeisterschaft auf der Solitude in Stuttgart und belegte, jeweils auf DKW, in der 250-cm³-Klasse den vierten und in der 350-cm³-Klasse den fünften Platz. Im WM-Gesamtklassement erzielte er damit den dreizehnten bzw. elften Rang.

1953 endete seine Laufbahn, als er auf dem Nürburgring an zweiter Stelle liegend schwer stürzte.

Statistik

Erfolge

Isle-of-Man-TT-Siege

JahrKlasseMaschineDurchschnittsgeschwindigkeit
1938Lightweight (250 cm³)DKW78,48 mph (126,3 km/h)

Rennsiege

(gefärbter Hintergrund = Europameisterschaftslauf)

JahrKlasseMaschineRennenStrecke
1936250 cm³DKWEilenriederennenEilenriede
250 cm³DKWEifelrennenNürburgring-Nordschleife
250 cm³DKWSchleizer DreieckrennenSchleizer Dreieck
1937350 cm³DKWEläintarhanajoEiläintarha
250 cm³DKWInternationales Solitude-RennenSolitude
250 cm³DKWGroßer Preis von DeutschlandSachsenring
250 cm³DKWSchleizer DreieckrennenSchleizer Dreieck
250 cm³DKWHockenheimer MotorradrennenHockenheimer Dreieck
250 cm³DKWMarienberger DreieckrennenMarienberger Dreieck
1938250 cm³DKWEilenriederennenEilenriede
250 cm³DKWHamburger StadtparkrennenHamburger Stadtpark
250 cm³DKWAVUS-RennenAVUS
250 cm³DKWGroßer Preis von BelgienSpa-Francorchamps
250 cm³DKWGroßer Preis der SchweizGenf
250 cm³DKWGroßer Preis der UMFNizza
250 cm³DKWDutch TTCircuit van Drenthe
250 cm³DKWGroßer Preis von DeutschlandSachsenring
1939250 cm³DKWEilenriederennenEilenriede
250 cm³DKWEifelrennenNürburgring-Nordschleife
250 cm³DKWDutch TTCircuit van Drenthe
250 cm³DKWGroßer Preis von FrankreichReims
250 cm³DKWGroßer Preis von BelgienSpa-Francorchamps
250 cm³DKWGroßer Preis von SchwedenSaxtorp
1950250 cm³DKWGrenzlandringrennenGrenzlandring
125 cm³DKWDieburger DreiecksrennenDieburger Dreieck
250 cm³DKWDieburger DreiecksrennenDieburger Dreieck
250 cm³DKWSchleizer DreieckrennenSchleizer Dreieck
125 cm³DKWGroßer Preis von DeutschlandSolitude
250 cm³DKWHamburger StadtparkrennenHamburger Stadtpark
250 cm³DKWFeldbergrennenFeldbergring
1952250 cm³DKWEifelrennenNürburgring-Nordschleife
350 cm³DKWEilenriederennenEilenriede
250 cm³DKWAutobahnspinneAutobahnspinne Dresden-Hellerau
350 cm³DKWAutobahnspinneAutobahnspinne Dresden-Hellerau
350 cm³DKWHamburger StadtparkrennenHamburger Stadtpark
350 cm³DKWSachsenring-RennenSachsenring
250 cm³DKWSchleizer DreieckrennenSchleizer Dreieck
350 cm³DKWSchleizer DreieckrennenSchleizer Dreieck

In der Motorrad-Weltmeisterschaft

SaisonKlasseMotorradRennenSiegePodienPunkteErgebnis
1952250 cm³DKW1313.
350 cm³DKW1211.
Gesamt25

Ehrungen

Sturmtief Herwart fegt im Oktober 2017 über die Ewald-Kluge-Eiche in Dresden-Gomlitz und den Gedenkstein.

In Ingolstadt und Weixdorf sind Straßen nach Kluge benannt, an der AVUS in Berlin steht ein Denkmal für ihn. An der Alten Moritzburger Straße im Dresdner Ortsteil Gomlitz wurde ihm ein Gedenkstein errichtet und dahinter im April 2013 von Mitgliedern des Vereins Freunde des Historischen Motorradrennsportes „Ewald Kluge“ Weixdorf e. V. anlässlich des 75. Jahrestags seines Sieges bei der Tourist Trophy die Ewald-Kluge-Eiche gepflanzt, die damit zu den Gedenkbäumen in Dresden gehört.

Literatur

  • Ernst Hornickel: Das sind unsere Rennfahrer. Ein Blick über den sportlichen Weg 24 deutscher Automobil- und Motorrad-Rennfahrer mit deren eigenen Erlebnisberichten. 2. Auflage. Karl und Alfred Walcker, Stuttgart 1941, S. 99–105.
  • Ewald Kluge: Taxifahrer – Avussieger – Europameister. 1. Auflage. Sportverlag Berlin, Berlin 1953.
  • Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Kluge, Ewald. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 139 f. (Digitalisat).
  • Dieter Herz: „Der kluge Mann“ in „Motor-Klassik“, Heft 5/1989
  • Steffen Ottinger: DKW Motorradsport 1920–1939. Von den ersten Siegen des Zschopauer Zweitakters bei Bahnrennen bis zu den Europameisterschafts-Erfolgen. 1. Auflage. HB-Werbung und Verlag, Chemnitz 2009, ISBN 978-3-00-028611-7, S. 48–123.
  • Steffen Ottinger: Rund um Zschopau. Die Geschichte einer Motorradgeländefahrt. 1. Auflage. Band 1. HB-Werbung und Verlag, Chemnitz 2004, ISBN 3-931770-49-4, S. 8 ff.
  • Steffen Ottinger: Rund um Zschopau. Die Geschichte einer Motorradgeländefahrt. 1. Auflage. Band 2. HB-Werbung und Verlag, Chemnitz 2011, ISBN 978-3-00-036705-2, S. 13, 17.
  • Steffen Ottinger: Internationale Sechstagefahrt 2012. Die Geschichte seit 1913. HB-Werbung und Verlag GmbH & Co. KG, Chemnitz 2012, ISBN 978-3-00-039566-6, S. 26–27, 34.
  • Frank Rönicke: Deutsche Motorrad Welt- und Europameister. Von Schorsch Meier bis Stefan Bradl. 1. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-613-03410-5, S. 48–54.

Einzelnachweise

  1. TT 1938 Lightweight TT Results. www.iomtt.com, abgerufen am 15. April 2011 (englisch).
  2. Ein großartiger Sieg in der englischen T.T. In: Österreichische MOTORWOCHE, 24. Juni 1938, S. 1 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/mot
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