Berücksichtigungsfeld

Berücksichtigungsfeld (oder als Anglizismus Evoked set, deutsch „akzeptierte Alternativen“) ist beim Kaufverhalten der Konsumenten diejenige Teilmenge von Produkten einer Produktart, die vom Konsumenten so positiv bewertet wird, dass sie stets für eine Kaufentscheidung in Frage kommt. In der Regel kann sich der Konsument spontan an die Produkte im evoked set erinnern.

Allgemeines

Bevor ein Konsument eine Kaufentscheidung trifft, muss er unter anderem auch das Produkt oder konkret die Marke auswählen, die er kaufen will. Zur Auswahl stehen die dem Konsumenten bekannten Produkte (englisch awareness set).[1] Nicht zur Auswahl gehören die abgelehnten Marken (englisch reject set) und die Marken, die zwar nicht abgelehnt werden, jedoch auch nicht als akzeptabel angesehen werden (englisch inert set).[2] Letztere werden weder positiv noch negativ vom Konsumenten eingeschätzt,[3] er verhält sich ihnen gegenüber indifferent. Das evoked set besteht aus gleichartigen Produkten, bei denen der Konsument Präferenzen hegt, mit denen er bereits Erfahrungen gesammelt hat oder bei denen es externe Reize gibt.[4]

Auch im deutschsprachigen Raum werden überwiegend diese Anglizismen verwendet, die durch Philip Kotler 1985 in das Marketing eingeführt wurden.[5] Eher selten werden Wahrnehmungsfeld, Markenrahmen, Berücksichtigungsfeld und Auswahlfeld verwendet.[6]

Entscheidungsprozess

Der evoked set ist neben den vorläufig zurückgestellten Marken (englisch hold set) ein Teil der vom Konsumenten als kauffähig oder kaufwürdig eingestuften Marken (englisch accept set).[7] Der Unterschied zwischen dem accept set und dem evoked set besteht darin, dass ersterer alle grundsätzlich zum Kauf vorgesehenen Marken bündelt, während der Konsument beim evoked set auf Präferenzen und Kauferfahrungen zurückgreifen kann.

Bei der Kaufentscheidung werden folgende Auswahlheuristiken zugrunde gelegt:[8]

  • Konjunktive Regel: Es werden diejenigen Alternativen verworfen, die ein Mindestniveau von Produkteigenschaften nicht erreichen.
  • Disjunktive Regel: Es werden diejenigen Alternativen ausgesondert, die in einer bestimmten Eigenschaft einen bestimmten Schwellenwert nicht erreichen.
  • Lexikografische Regel: Es werden diejenigen Alternativen ausgesondert, die bei den wichtigsten Eigenschaften schlechter abschneiden.

Diese Kriterien sind nicht kompensatorisch, so dass ein Nachteil in einem Merkmal nicht durch einen Vorteil in einem anderen ausgeglichen werden kann. Alle Produkte/Marken, welche aus diesen Auswahlkriterien als kaufrelevant hervorgehen, gehören zum evoked set.

Selektionsstufen

Nach dem „Dynamic Process Model“ aus 1995[9] steht dem Entscheidungsprozess des Konsumenten das gesamte Güterangebot (englisch total set) zur Verfügung, das sich aus dem einem Konsumenten bekannten Warenangebot (englisch awareness set) und dem unbekannten Warenangebot (englisch unawareness set) zusammensetzt. Ab dem bekannten, noch umfangreichen Angebot gibt es folgende Stufen, welche die Anzahl der bekannten Produkte auf letztlich ein Produkt verkürzen sollen:

Art Beschreibung deutscher Begriff
Awareness Set Produkte sind dem Konsumenten bekanntWahrnehmungsfeld
Reject Set bekannte, aber abgelehnte Produktezurückgewiesene Kaufalternativen
Inert Set bekannte, aber weder abgelehnte noch akzeptierte ProdukteWahrnehmungsfeld
Accept Set Hold set: vorläufig zurückgestellte Produkte
Evoked Set: die zur Kaufentscheidung anstehenden Produkte
Markenrahmen
Berücksichtigungsfeld, Auswahlfeld

Der awareness set wurde bereits 1975 in die Fachliteratur eingeführt.[10]

Wirtschaftliche Aspekte

Der evoked set stellt eine limitierte Kaufentscheidung dar.[11] Zum evoked set gehören meist bis zu fünf Alternativen eines konkreten Produkts. Damit Produkte oder Marken überhaupt zum awareness set werden können, ist Werbung und Marketing erforderlich, um in den evoked set zu gelangen.[12] Durch Assoziation kann beispielsweise der Gedanke an Waschmittel spontane Erinnerungen des Konsumenten an bestimmte Marken hervorrufen.[13]

Abgrenzung

Evoked Set und Consideration Set werden in der Fachliteratur manchmal als Synonyme angesehen.[14][15] Frühere Autoren sprachen 1975 in der Hierarchie der verschiedenen sets vom Evoked Set.[16] Erst 1980 erfolgte eine Weiterentwicklung.[17] Eine Differenzierung zwischen Consideration Set und Evoked Set findet sich erstmals 1991.[18] Im Gegensatz zum Evoked Set, bei dem keine Unterscheidung zwischen den am Anfang und am Ende der Alternativensuche berücksichtigten Marken vorgenommen wird, bezieht sich der Consideration Set auf den Beginn des Auswahlprozesses.[19]

Literatur

  • Hans Knoblich, Betriebswirtschaftliche Warentypologie, Köln/Opladen, 1969, ISBN 3-663-00456-2.
  • Robert Nieschlag/Erwin Dichtl/Hans Hörschgen, Marketing, 15. Auflage, Stuttgart, 1988, ISBN 3-428-06532-8, S. 101.

Einzelnachweise

  1. Bernd Helmig/Dieter K. Tscheulin (Hrsg.), Gabler Lexikon Marktforschung, 2004, S. 48
  2. Gerold Behrens/Franz-Rudolf Esch/Maria Neumaier/Erika Leischner (Hrsg.), Gabler Lexikon Werbung, 2001, S. 126
  3. Thorsten Hadeler (Hrsg.), Gabler Wirtschaftslexikon, 2000, S. 312
  4. Christian Homburg, Grundlagen des Marketingmanagements, 2012, S. 104 f.; ISBN 9783834934369
  5. Philip Kotler/Karen F A Fox, Strategic Marketing for educational institutions, 1985, S. 249
  6. Wolfgang J. Koschnick, Management, 1996, S. 60
  7. Bernd Helmig/Dieter K. Tscheulin (Hrsg.), Gabler Lexikon Marktforschung, 2004, S. 4
  8. Bernd Helmig/Dieter K. Tscheulin (Hrsg.), Gabler Lexikon Marktforschung, 2004, S. 159
  9. Lou W Turley/Ronald P LeBlanc, Evoked Sets: A Dynamic Process Model, in: Journal of Marketing, Theory & Practise 3 (2), 1995, S. 30
  10. Chem L Narayana/Rom J Markin, Consumer Behavior and Product Performance, in: Journal of Marketing 39 (4), 1975, S. 1–6
  11. Ellen Roemer, Internationales Marketing Management, 2014, S. 80
  12. Werner Pepels, Gabler Lexikon Vertrieb und Handel, 1998, S. 131
  13. Gerold Behrens/Franz-Rudolf Esch/Maria Neumaier/Erika Leischner (Hrsg.), Gabler Lexikon Werbung, 2001, S. 43
  14. Sven Reinecke/Simone Janz, Marketingcontrolling, 2007, S. 252
  15. Leon G. Schiffman/Håvard Hansen/Leslie Lazar Kanuk, Consumer Behaviour, 2008, S. 80
  16. Chem L Narayana/Rom J Markin, Consumer Behavior and Product Performance, in: Journal of Marketing 39 (4), 1975, S. 2
  17. Jacques E Brisoux/Michael Laroche, A proposed strategy of simplification for categorizing brands, in J. D. Summey/R. D. Taylor (Hrsg.), Evolving marketing thought for 1980, 1980, S. 113
  18. Allan D Shocker/Moshe Ben-Akiva/Bruno Boccara/Prakash Nedungadi, Consideration Set Influences on Decision-Making and Choice, in: Marketing Letters 2 (3), 1991, S. 181–197
  19. Donald R. Lehmann/Yigang Pan, Context Effects, New Brand Entry, and Consideration Sets, in: Journal of Business Research 31, 1994, S. 394 f.
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