Euchlorin
Euchlorin ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ (einschließlich Selenate und Tellurate) mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung KNaCu3[O|(SO4)3][2] und ist damit chemisch gesehen ein Kalium-Natrium-Kupfer-Sulfat mit zusätzlichen Sauerstoffionen.
Euchlorin | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Symbol |
Ecr[1] |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Sulfate, Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VI/B.06 VI/B.06-010 7.BC.30 30.03.01.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[4] |
Raumgruppe | C2/c (Nr. 15) |
Gitterparameter | a = 18,41 Å; b = 9,43 Å; c = 14,21 Å β = 113,7°[2] |
Formeleinheiten | Z = 8[2] |
Häufige Kristallflächen | {001}[5] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | nicht definiert |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,27; berechnet: 3,28[5] |
Spaltbarkeit | gut nach zwei Richtungen[5] |
Farbe | dunkel- bis hellgrün, smaragd- bis türkisgrün[6] |
Strichfarbe | pistaziengrün[7] |
Transparenz | durchscheinend |
Glanz | nicht definiert |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,580[8] nβ = 1,605[8] nγ = 1,644[8] |
Doppelbrechung | δ = 0,064[8] |
Optischer Charakter | zweiachsig positiv |
Pleochroismus | Sichtbar:[8] X = hellgrasgrün Y = grasgrün Z = leuchtend gelbgrün |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | wasserlöslich[5] |
Euchlorin kristallisiert im monokline Kristallsystem und entwickelt in Richtung der a-Achse [100][8] tafelige Kristalle mit rechteckigem Querschnitt bis etwa zwei Millimeter[5] Größe, findet sich aber meist in Form krustiger Überzüge. Das Mineral ist durchscheinend und von dunkel smaragdgrüner bis hell türkisgrüner Farbe bei pistaziengrüner Strichfarbe. Eine Beschreibung des Oberflächenglanzes fehlt bisher.
Etymologie und Geschichte
Entdeckt wurde Euchlorin bereits 1869 durch Arcangelo Scacchi nach einem Vulkanausbruch an den Fumarolen des Vesuv in der italienischen Region Kampanien. Die Erstbeschreibung des Minerals erfolgte allerdings erst 1884 durch seinen Sohn Eugenio im italienischen Fachmagazin Rendiconto dell'Accademia delle Scienze Fisiche e Matematiche, der es in Anlehnung an dessen charakteristische hellgrüne Farbe nach dem griechischen Wort εΰχλωρος (eukhlōros) für grünlich, gelblich benannte.[6] Dieses setzt sich wiederum aus εΰ (eu) für fein oder schön und χλωρος (khlōros) für hellgrün zusammen.
Euchlorin war zwar als Cu-Na-K-Sulfat bekannt, jedoch fehlte eine genaue Bestimmung der chemischen Zusammensetzung. 1989 führten F. Scordari, F. Stasi und A. De Marco daher eine Neuanalyse des Minerals anhand einer Probe aus der Sammlung des Mineralogischen Museums von Neapel (italienisch: Real Museo Mineralogico[9]), die als „Euchlorin vom Vesuv, 1880“ gekennzeichnet war.[10]
Aufgrund der Erstbeschreibung vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) 1958 ist das Mineral trotz der erst später ermittelten, genauen Zusammensetzung als sogenanntes grandfathered Mineral (G) registriert.[3]
Klassifikation
Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Euchlorin zur Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate“ (einschließlich Selenate und Tellurate) und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Sulfate, mit fremden Anionen“, wo er als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe VI/B.06 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Euchlorin ebenfalls in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) mit zusätzlichen Anionen, ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und großen Kationen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Fedotovit die unbenannte Gruppe 7.BC.30 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Euchlorin in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate“ (einschließlich Selenate, Tellurate, Selenite, Tellurite und Sulfite) und dort in die Abteilung der „Wasserfreie Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 30.03.01 innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Sulfate mit Hydroxyl oder Halogen mit verschiedenen Formeln“ zu finden.
Chemismus
Sieben Analysen mit der Elektronenstrahl-Mikrosonde ergaben eine durchschnittliche Zusammensetzung von 44,50 % CuO, 8,41 % K2O, 6,47 % Na2O, 0,07 % CaO, 0,17 % MgO, 0,06 % Al2O3, 42,18 % SO3 (Σ= 101,86 Gew.-%). Auf der Kalkulationsbasis von 100 Gew.-% wurde daraus die empirische Formel Na1,180K1,012Ca0,007Mg0,024Cu3,146O1,273(SO4)3 ermittelt, die zu NaKCu3O(SO4)3 idealisiert wurde.[10]
In der idealisierten, theoretischen Zusammensetzung besteht Euchlorin aus 7,02 % Kalium (K), 4,13 % Natrium (Na), 34,23 % Kupfer (Cu), 17,27 % Schwefel (S) und 37,35 % Sauerstoff (O).[4]
Kristallstruktur
Euchlorin kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15) mit den Gitterparametern a = 18,41 Å; b = 9,43 Å; c = 14,21 Å und β = 113,7° sowie 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Eigenschaften
Euchlorin ist wie die meisten Sulfate leicht wasserlöslich.[5]
Die Angabe zur Mohshärte von Euchlorin fehlt bisher ebenso wie die zum Bruchverhalten. Auch die Angaben zur Spaltbarkeit des Minerals ist bisher nur ungenau bekannt und wird mit gut nach zwei Richtungen beschrieben. Die gemessene Dichte für Euchlorin beträgt 3,27 g/cm3 und die berechnete Dichte 3,28 g/cm3.[5]
Bildung und Fundorte
Euchlorin bildet sich als Ausfällungsprodukt an Fumarolen. An seiner Typlokalität am Vesuv traten als Begleitminerale die Sulfate Dolerophanit und Chalkocyanit sowie die Chloride Eriochalcit und Melanothallit hinzu.
Als seltene Mineralbildung konnte Euchlorin nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 10 Fundorte[11] dokumentiert sind (Stand 2018). In Italien fand sich das Mineral dabei außer am Vesuv bisher nur noch im Atrio del Cavallo, dem westlichen Teil des Verbindungstals Valle del Gigante zwischen Vesuv und Monte Somma.
An den Fumarolen des Vulkans Izalco im Departamento Santa Ana in El Salvador fand sich Euchlorin vergesellschaftet mit den dort erstmals entdeckten Mineralen Fingerit, Mcbirneyit, Stoiberit, Thénardit und Ziesit.
Am Vulkan Tolbatschik und dessen nördlichem Bruch mit seinem ersten und zweiten Schlackenkegel auf der Halbinsel Kamtschatka im Fernen Osten Russlands trat das Mineral neben den bereits genannten unter anderem noch zusammen mit kupferhaltigem Anglesit, Fedotovit, gediegen Gold, Tenorit und Vergasovait auf. Daneben kann es Einschlüsse von Coparsit enthalten.[12]
Des Weiteren kennt man Euchlorin noch aus den brennenden Kohle-Halden der Grube Marcel bei Radlin im Rybniker Revier in der polnischen Woiwodschaft Schlesien.[13]
Siehe auch
Literatur
- Eugenio Scacchi: Sull’ euclorina, sull’ eriocaleo e sul melanotallo. In: Rendiconto dell'Accademia delle Scienze Fisiche e Matematiche. Band 23, 1884, S. 158–165 (italienisch, rruff.info [PDF; 776 kB; abgerufen am 10. Oktober 2018]).
- F. Scordari, F. Stasi, A. De Marco: Euchlorin: New crystallographic and chemical data. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. Band 3, 1989, S. 541–550 (englisch).
- John L. Jambor, Jazec Puziewicz: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 75, 1990, S. 1209–1216 (englisch, rruff.info [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 11. Oktober 2018] Euchlorine S. 1214).
- F. Scordari, F. Stasi: The crystal structure of euchlorine, NaKCu3O(SO4)3. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Abhandlungen. Band 161, 1990, S. 241–253 (englisch).
- Richard V. Gaines, H. Catherine W. Skinner, Eugene E. Foord, Brian Mason, Abraham Rosenzweig: Dana’s New Mineralogy. 8. Auflage. John Wiley & Sons, New York (u. a.) 1997, ISBN 0-471-19310-0, S. 637 (englisch).
Weblinks
Einzelnachweise
- Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 275 (englisch).
- IMA/CNMNC List of Mineral Names; September 2018 (englisch, PDF 1,7 MB)
- Webmineral – Euchlorine (englisch).
- Euchlorine. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 66 kB; abgerufen am 11. Oktober 2018]).
- Marco E. Ciriotti, Lorenza Fascio, Marco Pasero: Italian Type Minerals. 1. Auflage. Edizioni Plus - Università di Pisa, Pisa 2009, ISBN 978-88-8492-592-3, S. 115.
- Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- Mindat – Euchlorine (englisch).
- Homepage des Real Museo Mineralogico (Memento des vom 2. Oktober 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (italienisch).
- John L. Jambor, Jazec Puziewicz: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 75, 1990, S. 1209–1216 (englisch, rruff.info [PDF; 1,4 MB; abgerufen am 11. Oktober 2018] Euchlorine S. 1214).
- Mindat – Anzahl der Fundorte für Euchlorine (englisch).
- John Leslie Jambor, V. A. Kovalenker, Andrew C. Roberts: New Mineral Names. In: American Mineralogist. Band 85, 2000, S. 873–877 (englisch, rruff.info [PDF; 44 kB; abgerufen am 4. November 2020]).
- Fundortliste für Euchlorin beim Mineralienatlas und bei Mindat.