Ethylnitrit

Ethylnitrit, der Salpetrigsäureester des Ethanols, ist bei Raumtemperatur (20 °C) ein farbloses, hochentzündliches und giftiges Gas.[1]

Strukturformel
Struktur von Ethylnitrit
Allgemeines
Name Ethylnitrit
Andere Namen

Salpetrigsäureethylester

Summenformel C2H5NO2
Kurzbeschreibung

farbloses bis gelbliches Gas bzw. Flüssigkeit mit etherischem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 109-95-5
EG-Nummer 203-722-6
ECHA-InfoCard 100.003.385
PubChem 8026
Wikidata Q3342209
Eigenschaften
Molare Masse 75,07 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig[1]

Dichte

0,9062 g·cm−3 (Flüssigkeit bei 8,8 °C)[1]

Schmelzpunkt

−50 °C[1]

Siedepunkt

17 °C[1]

Löslichkeit

wenig in Wasser unter Zersetzung[1]

Brechungsindex

1,3418 (10 °C, 589 nm)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 225319
P: 210233240241242305+351+338[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Darstellung

Ethylnitrit entsteht beim Einwirken von kalter, verdünnter Schwefelsäure auf eine Wasser-Ethanol-Lösung von Natriumnitrit.[4][5]

Synthese von Ethylnitrit
Synthese von Ethylnitrit

Ethylnitrit kann auch durch Umsetzung von Silbernitrit mit Iodethan hergestellt werden.[6]

Eigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Mit einem Siedepunkt bei Normaldruck von 17 °C ist Ethylnitrit bei Normaltemperatur eine farblose bis gelbliche Flüssigkeit mit etherischem Geruch[1], bei Raumtemperatur ein farbloses Gas. Die Verbindung hat einen Schmelzpunkt von −50 °C.[1] Die Dampfdruckfunktion ergibt sich nach August entsprechend lg(P) = −A/T+B (P in Torr, T in K) mit A = 1340 und B = 7,50 im Temperaturbereich von 255 K bis 280 K.[7] Aus der Dampfdruckfunktion lässt sich eine molare Verdampfungsenthalpie von 27,84 kJ·mol−1 ableiten.[7]

Ethylnitrit liegt wie andere Alkylnitrite als Gemisch aus dem anti- und dem syn-Konformeren vor. Die Umwandlungsenthalpie zwischen beiden Konformeren beträgt 1,477 kJ·mol−1.[8]

Chemische Eigenschaften

Die Verbindung ist thermisch instabil. Ab 90 °C kann eine explosionsartige Zersetzung erfolgen. Eine Zersetzung kann auch durch Sonnenlicht oder Feuchtigkeit ausgelöst werden. Heftige Reaktionen werden mit Säuren, Aminen, Ammoniak, Cyaniden, Reduktionsmitteln und starken Oxidationsmitteln erwartet.[9][10]

Sicherheitstechnische Kenngrößen

Ethylnitrit bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einen Flammpunkt von −35 °C. Der Explosionsbereich liegt zwischen 3,0 Vol.‑% (90 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 50 Vol.‑% (1555 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[11] Der maximale Explosionsdruck beträgt 11,6 bar.[11] Die Grenzspaltweite wurde mit 0,96 mm bestimmt.[11] Es resultiert damit eine Zuordnung in die Explosionsgruppe IIA.[11] Die Zündtemperatur beträgt 90 °C.[1] Der Stoff fällt somit in die Temperaturklasse T6.

Verwendung

Ethylnitrit ist der wichtigste Inhaltsstoff in Witdulsies, einem traditionellen auf Ethanol basierenden südafrikanischen Mittel gegen Erkältungen und Grippe, das in Apotheken verkauft wurde. Allerdings verbot die FDA das Mittel, vertrieben als Süßes Nitrit oder Salpetergeist, in den USA schon 1980.[12]

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu Ethylnitrit in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  2. Eric G. Cowley, James R. Partington: 293. Studies in dielectric polarisation. Parts VIII, IX, X, and XI. In: Journal of the Chemical Society (Resumed). 1933, S. 1252, doi:10.1039/jr9330001252.
  3. Eintrag zu Ethyl nitrite im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. L. F. Fieser, M. Fieser: Organischen Chemie. 2. Auflage, Verlag Chemie, 1975. - P. Tarte: Rotational Isomerism as a General Property of Alkyl Nitrites. In: The Journal of Chemical Physics. Band 20, Nr. 10, 1952, S. 1570–1575, doi:10.1063/1.1700218.
  5. J. Thiele, H. Eichwede. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie. 311, 1900, Fußnote auf Seite 366: Etwas abweichend von den gewöhnlichen Methoden stellt man dasselbe vortheilhaft dar, indem man 200 g Natriumnitrit in so viel Wasser löst, dass 150 g Alkohol keine Fällung geben und bei gewöhnlicher Temperatur verdünnte Salzsäure in das Gemisch einlaufen lässt, wobei sich das Aethylnitrit in regelmässigem Strome entwickelt. Ausbeute 80-85 pC. der Theorie.
  6. Donald L. Pavia, Gary M. Lampman, George S. Kriz: Organic Chemistry. Band 2. Thompson Custom Publishing, Mason, Ohio 2004, ISBN 0-03-014813-8 (englisch).
  7. H. W. Thompson, F. S. Dainton: The photochemistry of alkyl nitrites. III. In: Transactions of the Faraday Society. Band 33, 1937, S. 1546–1555, doi:10.1039/TF9373301546.
  8. K. I. Lazaar, S. H. Bauer: Intramolecular conversion rates over low barriers. 2. The alkyl nitrites. In: The Journal of Physical Chemistry. Band 88, Nr. 14, 1984, S. 3052–3059, doi:10.1021/j150658a025.
  9. P.G. Urben; M.J. Pitt: Bretherick's Handbook of Reactive Chemical Hazards. 8. Edition, Vol. 1, Butterworth/Heinemann 2017, ISBN 978-0-08-100971-0, S. 211.
  10. R.P. Pohanish, S.A. Green: Wiley Guide to Chemical Incompatibilities, 2nd Edition, John Wiley & Sons, Inc. 2003, ISBN 0-471-23859-7, S. 543.
  11. E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen – Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase, Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft GmbH, Bremerhaven 2003.
  12. FDA: Rulemaking History for OTC Sweet Spirits of Nitre Drug Products
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