Essigsäurehex-3-enylester

Essigsäurehex-3-enylester, auch 3-Hexenylacetat, ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der ungesättigten Carbonsäureester und der grünen Blattduftstoffe. Der Ester leitet sich von Essigsäure und von "Blätteralkohol", (Z)-3-Hexenol, ab. (Z)-3-Hexenylacetat ist in der Natur deutlich verbreiteter als (E)-3-Hexenylacetat.

Strukturformel
Strukturformel von cis-Essigsäurehex-3-enester
Strukturformel von cis-Essigsäurehex-3-enester
Allgemeines
Name Essigsäurehex-3-enylester
Andere Namen
  • cis-3-Hexen-1-yl-acetat
  • cis-Hex-3-enyl-acetat
  • (Z)-Hex-3-enyl-acetat
  • Hex-3(cis)-enylacetat
  • CIS-3-HEXENYL ACETATE (INCI)[1]
Summenformel C8H14O2
Kurzbeschreibung

farblose bis gelbliche Flüssigkeit mit fruchtigem Geruch[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 3681-71-8
EG-Nummer 222-960-1
ECHA-InfoCard 100.020.873
PubChem 5363388
ChemSpider 4515742
Wikidata Q1368869
Eigenschaften
Molare Masse 142,19 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

0,90 g·cm−3 (25 °C)[2]

Siedepunkt

171,6 °C (1018 hPa)[2]

Löslichkeit
  • schwer in Wasser (1,11 g·l−1 bei 20 °C)[2]
  • sehr gut löslich in Ethanol[3]
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 226
P: 210233303+361+353370+378403+235501[2]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorkommen

Die Substanz wird bei vielen Pflanzen – neben dem (Z)-3-Hexenol – nach einer Verletzung des Gewebes zur Abtötung von Pilzen (Fungizid) und Bakterien (Bakterizid) sowie als Abwehrstoff gegen pflanzenfressende Tiere, meist Insekten, ausgeschüttet.[6] Die Verbindung wirkt beispielsweise abschreckend auf Weinbergschnecken.[7] Neben der direkten Wirkung auf Fraßfeinde, löst es auch die die Expression pflanzlicher Gene aus, die an weiteren Verteidigungsmechanismen beteiligt sind.[8] Das Phänomen der Freisetzung wurde an der Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa),[9] an Birken[10], an Schwarz-Erlen[11] und an Blaubeerpflanzen[12][13] untersucht, wobei jegliche Verletzung der Blätter sofort zur Absonderung des (Z)-3-Hexenylacetats und des freien Alkohols führte. Weitere Pflanzen, in denen die Verbindung beispielsweise in Blättern oder Blüten nachgewiesen wurde, sind Erdbeere, Apfel, Aprikose[14], Himbeere,[15] Tee[16][17], die milchweiße Pfingstrose,[18] gelben Teerosen,[19] Kugelamaranth,[20] Raps, Weißer Senf, Brauner Senf und Brassica arvensis,[21] Jasmin,[22][23] Baumwolle[24] und Gewürznelkenbaum.[25]

Die Verbindung kommt auch in vielen Früchten vor, beispielsweise in Pflaumen,[26] Melonen,[27] Pfirsich und Plattpfirsich,[28] Quitten,[29] Erdbeeren,[30] Passionsfrucht[31] und Curuba,[32] Guaven,[33] der Guaven-Art Psidium acidum,[34] der Feigenart Ficus hispida,[35] sowie in Mangaba,[36] Feijoa[37] und Lulo[38] vor.

Die Verbindung ist eine wichtige Aromakomponente in grünen Oliven und Olivenöl.[39][40][41] In Olivenöl kommt auch (E)-3-Hexenylacetat vor.[42]

Auch für andere Lebewesen hat die Verbindung wichtige biologische Bedeutungen. Bei Citrobacter, die als Darmbakterien bei der Fruchtfliege Bactrocera dorsalis vorkommen, ist die Verbindung ein Allomon, durch das die Fruchtfliegen dazu angeregt werden, ihre Eier auf Pflanzen zu legen, die von den Bakterien besiedelt sind.[43] Der Pilz Colleotrichum falcatum besiedelt Zuckerrohr und nimmt Einfluss auf die von diesem emittierten flüchtigen Verbindungen, um seine Beute, den Zuckerrohr-Bohrer (Diatreae saccharalis), anzulocken. Diese Veränderungen bestehen unter anderem in einer Verringerung der Emission von 3-Hexenylacetat.[44]

Die Verbindung kommt außerdem zum Teil als Verunreinigung in Trinkwasser vor und kann dort einen unangenehmen Geschmack verursachen.[45]

Biosynthese

(Z)-3-Hexenylacetat entsteht über den Lipoxygenase-Weg aus Linolensäure. Diese wird über Traumatinsäure, (Z)-3-Hexenal und (Z)-3-Hexenol unter anderem zu (Z)-3-Hexenylacetat umgewandelt.[39]

Herstellung

Industriell wird der (Z)-3-Hexenylacetat durch säurekatalysierte Veresterung von Essigsäure und (Z)-3-Hexenol hergestellt.[3] Es entsteht neben anderen Isomeren bei der Umsetzung von 1-Hexen mit Palladium(II)-acetat.[46]

Eigenschaften

3-Hexenylacetat ist eine farblose, kräftig nach grünen Früchten riechende Flüssigkeit.[3] Die Geruchsschwelle beim Menschen liegt bei 7,8 μg/kg.[47]

Verwendung

Die Verbindung wird in der Größenordnung von 100 bis 1000 Tonnen pro Jahr als Duftstoff eingesetzt.[48] Beide Isomere werden als Aromastoffe verwendet und sind in der EU für Lebensmittel allgemein zugelassen. Für das (Z)-Isomer besteht die Zulassung unter der FL-Nummer 09.197,[49] für das (E)-Isomer unter der Nummer 09.928.[50]

Sicherheitshinweise

Die Giftigkeit von Essigsäurehex-3-enylester im Tierversuch mit Kaninchen und Ratten war gering: die LD50-Werte lagen dermal und oral bei > 5 g/kg Körpergewicht.[4][5] Die Verbindung ist weder cytotoxisch, noch mutagen oder klastogen. Gabe von 1 g/kg täglich über längeren Zeitraum hatte keine negativen gesundheitlichen Effekte auf Ratten, auch nicht auf die Fortpflanzung oder den Nachwuchs. Wiederholter Hautkontakt mit der Verbindung kann zu Sensibilisierung führen, was nach den vorliegenden Studienergebnissen aber nur selten vorkommt.[51]

In den USA liegt der FEMA PADI-Wert bei 2,9 mg/Tag.[3]

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu CIS-3-HEXENYL ACETATE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 23. Oktober 2021.
  2. Eintrag zu (Z)-Hex-3-enylacetat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 10. Januar 2017. (JavaScript erforderlich)
  3. George A. Burdock: Fenaroli's handbook of flavor ingredients. 5. Auflage, CRC Press, 2005, ISBN 978-0-8493-3034-6, S. 800.
  4. Food and Cosmetics Toxicology, Vol. 13, 1975, S. 454.
  5. Eintrag zu 3-Hexenylacetate in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  6. John D’Auria: Wie die Bildung von grünen Blattduftstoffen gesteuert wird. (Memento des Originals vom 13. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mpg.de (PDF; 9,9 MB) Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Jena.
  7. Mick E Hanley, Roger W R Shannon, Damien G Lemoine, Bethan Sandey, Philip L Newland, Guy M Poppy: Riding on the wind: volatile compounds dictate selection of grassland seedlings by snails. In: Annals of Botany. Band 122, Nr. 6, 30. November 2018, S. 1075–1083, doi:10.1093/aob/mcy190, PMID 30418479, PMC 6266099 (freier Volltext).
  8. Rebecca A. Dewhirst, Joseph Lei, Cassandra A. Afseth, Cristina Castanha, Christina M. Wistrom, Jenny C. Mortimer, Kolby J. Jardine: Are Methanol-Derived Foliar Methyl Acetate Emissions a Tracer of Acetate-Mediated Drought Survival in Plants? In: Plants. Band 10, Nr. 2, 23. Februar 2021, S. 411, doi:10.3390/plants10020411, PMID 33672332, PMC 7927132 (freier Volltext).
  9. Eric Watkins, Thomas J. Gianfagna, Rongqi Sun, William A. Meyer: Volatile Compounds of Tufted Hairgrass. In: Crop Science. Band 46, Nr. 6, November 2006, S. 2575–2580, doi:10.2135/cropsci2006.02.0094.
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  11. Teja Tscharntke, Sabine Thiessen, Rainer Dolch, Wilhelm Boland: Herbivory, induced resistance, and interplant signal transfer in Alnus glutinosa. In: Biochemical Systematics and Ecology. Band 29, Nr. 10, November 2001, S. 1025–1047, doi:10.1016/S0305-1978(01)00048-5.
  12. Valery A. Isidorov, Ewa Pirożnikow, Viktoria L. Spirina, Alexander N. Vasyanin, Svetlana A. Kulakova, Irina F. Abdulmanova, Andrei A. Zaitsev: Emission of volatile organic compounds by plants on the floor of boreal and mid-latitude forests. In: Journal of Atmospheric Chemistry. Band 79, Nr. 3, September 2022, S. 153–166, doi:10.1007/s10874-022-09434-3.
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  14. Lebensmittel-Lexikon, Waldemar Ternes, ISBN 978-3-89947-165-6 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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  17. Jiadong Gui, Xiumin Fu, Ying Zhou, Tsuyoshi Katsuno, Xin Mei, Rufang Deng, Xinlan Xu, Linyun Zhang, Fang Dong, Naoharu Watanabe, Ziyin Yang: Does Enzymatic Hydrolysis of Glycosidically Bound Volatile Compounds Really Contribute to the Formation of Volatile Compounds During the Oolong Tea Manufacturing Process? In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 63, Nr. 31, 12. August 2015, S. 6905–6914, doi:10.1021/acs.jafc.5b02741.
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  28. Peng-Fei Lu, Hai-Li Qiao, Zhi-Chun Xu, Jin Cheng, Shi-Xiang Zong, You-Qing Luo: Comparative analysis of peach and pear fruit volatiles attractive to the oriental fruit moth, Cydia molesta. In: Journal of Plant Interactions. Band 9, Nr. 1, 2. Januar 2014, S. 388–395, doi:10.1080/17429145.2013.843724.
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  38. Margoth Suarez, Carmenza Duque: Volatile constituents of lulo (Solanum vestissimum D.) fruit. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 39, Nr. 8, August 1991, S. 1498–1500, doi:10.1021/jf00008a026.
  39. M. T. Morales, R. Aparicio: Effect of extraction conditions on sensory quality of virgin olive oil. In: Journal of the American Oil Chemists' Society. Band 76, Nr. 3, März 1999, S. 295–300, doi:10.1007/s11746-999-0234-9.
  40. Ramon Aparicio, Maria T. Morales: Characterization of Olive Ripeness by Green Aroma Compounds of Virgin Olive Oil. In: Journal of Agricultural and Food Chemistry. Band 46, Nr. 3, 1. März 1998, S. 1116–1122, doi:10.1021/jf970540o.
  41. F Angerosa: Virgin olive oil odour notes: their relationships with volatile compounds from the lipoxygenase pathway and secoiridoid compounds. In: Food Chemistry. Band 68, Nr. 3, 15. Februar 2000, S. 283–287, doi:10.1016/S0308-8146(99)00189-2.
  42. Manel Issaoui, Guido Flamini, Faten Brahmi, Samia Dabbou, Kaouther Ben Hassine, Amani Taamali, Hechmi Chehab, Myriem Ellouz, Mokhtar Zarrouk, Mohamed Hammami: Effect of the growing area conditions on differentiation between Chemlali and Chétoui olive oils. In: Food Chemistry. Band 119, Nr. 1, März 2010, S. 220–225, doi:10.1016/j.foodchem.2009.06.012.
  43. Muyang He, Huimin Chen, Xiaorui Yang, Yang Gao, Yongyue Lu, Daifeng Cheng: Gut bacteria induce oviposition preference through ovipositor recognition in fruit fly. In: Communications Biology. Band 5, Nr. 1, 15. September 2022, doi:10.1038/s42003-022-03947-z, PMID 36109578, PMC 9477868 (freier Volltext).
  44. Flávia P Franco, Amanda C Túler, Diego Z Gallan, Felipe G Gonçalves, Arodí P Favaris, Maria Fernanda G V Peñaflor, Walter S Leal, Daniel S Moura, José Maurício S Bento, Marcio C Silva-Filho: Colletotrichum falcatum modulates the olfactory behavior of the sugarcane borer, favoring pathogen infection. In: FEMS Microbiology Ecology. Band 98, Nr. 4, 21. April 2022, doi:10.1093/femsec/fiac035.
  45. Xichao Chen, Qian Luo, Shengguang Yuan, Zi Wei, Hanwen Song, Donghong Wang, Zijian Wang: Simultaneous determination of ten taste and odor compounds in drinking water by solid-phase microextraction combined with gas chromatography-mass spectrometry. In: Journal of Environmental Sciences. Band 25, Nr. 11, November 2013, S. 2313–2323, doi:10.1016/S1001-0742(12)60290-3.
  46. N.Yu. Kozitsyna, A.A. Bukharkina, M.V. Martens, M.N. Vargaftik, I.I. Moiseev: Oxidative esterification of alkenes via π- and σ-organopalladium complexes: new pathways for the reaction. In: Journal of Organometallic Chemistry. Band 636, Nr. 1-2, November 2001, S. 69–75, doi:10.1016/S0022-328X(01)00825-7.
  47. Hans-Dieter Belitz: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. Springer-Verlag, 2008, ISBN 978-3-540-73202-0, S. 388 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  48. A.M. Api, D. Belsito, D. Botelho, M. Bruze, G.A. Burton, J. Buschmann, M.A. Cancellieri, M.L. Dagli, M. Date, W. Dekant, C. Deodhar, A.D. Fryer, L. Jones, K. Joshi, M. Kumar, A. Lapczynski, M. Lavelle, I. Lee, D.C. Liebler, H. Moustakas, M. Na, T.M. Penning, G. Ritacco, J. Romine, N. Sadekar, T.W. Schultz, D. Selechnik, F. Siddiqi, I.G. Sipes, G. Sullivan, Y. Thakkar, Y. Tokura: RIFM fragrance ingredient safety assessment, hex-3-enyl acetate, CAS Registry Number 1708-82-3. In: Food and Chemical Toxicology. Band 161, März 2022, S. 112866, doi:10.1016/j.fct.2022.112866.
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  51. A.M. Api, D. Belsito, D. Botelho, M. Bruze, G.A. Burton, J. Buschmann, M.A. Cancellieri, M.L. Dagli, M. Date, W. Dekant, C. Deodhar, A.D. Fryer, L. Jones, K. Joshi, M. Kumar, A. Lapczynski, M. Lavelle, I. Lee, D.C. Liebler, H. Moustakas, M. Na, T.M. Penning, G. Ritacco, J. Romine, N. Sadekar, T.W. Schultz, D. Selechnik, F. Siddiqi, I.G. Sipes, G. Sullivan, Y. Thakkar, Y. Tokura: RIFM fragrance ingredient safety assessment, hex-3-enyl acetate, CAS Registry Number 1708-82-3. In: Food and Chemical Toxicology. Band 161, März 2022, S. 112866, doi:10.1016/j.fct.2022.112866.
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