Esi Edugyan

Esi Edugyan (* 1978 in Calgary, Alberta) ist eine kanadische Schriftstellerin mit Vorfahren aus Ghana,[1] die mehrere renommierte Literaturpreise gewann. So bekam sie für ihren zweiten Roman Half-Blood Blues 2011 den Scotiabank Giller Prize und 2012 den zu den BC Book Prizes gehörenden Ethel Wilson Fiction Prize[2] sowie den Anisfield-Wolf Book Award.

Esi Edugyan mit ihrem Buch Washington Black (2018)

Leben

Esi Edugyan wurde 1978 in Calgary als Tochter von Einwanderern aus Ghana geboren. Der Vater Kweku kam nach Kanada, um dort seine Postdoktorandenzeit zu absolvieren und arbeitete in Alberta als Wirtschaftsanalytiker für die Gemeindeverwaltung,[3] die Mutter als Krankenschwester in der Geriatrie. Später sollte der Vater als Elektrotechniker arbeiten. Esi Edugyan hat zwei ältere Geschwister, eine Schwester, die als Personal Trainer arbeitet, und einen Bruder, der CAD studierte.[3] In Calgary wuchs Edugyan auf und studierte zunächst ab 1996 für ein Semester Journalistik.[4] Daraufhin wechselte sie aufgrund ihrer Schüchternheit zu Anglistik und Kreatives Schreiben bei Jack Hodgins an der University of Victoria, wo sie auch ihren späteren Ehemann kennenlernte, und der Johns Hopkins University. Weitere Dozenten waren Patrick Lane und Bill Gaston, die ebenfalls ihr Talent entdeckten.[3] 2001 publizierte sie eine Kurzgeschichtensammlung mit dem Titel The bone house and other stories, die auch gleichzeitig ihre Magisterarbeit darstellte.

Drei Jahre später veröffentlichte sie ihren Debütroman, The Second Life of Samuel Tyne,[1] in dem sie das Immigrantenleben des gebürtigen Ghanaers Tyne in Kanada beschrieb. Außerdem hatte sie ein Stipendium am Fine Arts Work Center in Provincetown und an der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart.

Obwohl sie für ihr Erstlingswerk einige gute Kritiken erhielt, hatte Edugyan zunächst Schwierigkeiten einen Verlag für ihr zweites Manuskript zu finden. Der ursprünglich damit betraute Verlag, Key Porter Books,[5] bekam finanzielle Schwierigkeiten. So überlegte sie sich gegebenenfalls Jura zu studieren, um dann für einige Fellowships bzw. Stipendien nach Island, Frankreich, Deutschland und Ungarn zu gehen.[1] Der Aufenthalt als Writer in Residence in Stuttgart, wo sie auch Deutsch studierte, inspirierte sie zu ihrem Roman Half-Blood Blues, über den gemischtrassigen Jazztrompeter Hieronymus Falk, der zusammen mit den Hot-Time Swingers im Berlin der späten 1930er Jahre heimlich in den Kellerkneipen die verbotene „farbige Musik“ des Swing spielt. Als Sohn einer deutschen und eines afrikanischen Vaters ist er zusätzlich von einer Verhaftung durch die Gestapo bedroht. Mit dem Auftauchen der attraktiven US-Amerikanerin Delilah, die die Truppe um Hiero nach Paris zu Louis Armstrong zwecks einer Musikaufnahme einladen möchte, scheinen dessen Zukunftsträume wahr zu werden – bis sie von den politischen Ereignisse eingeholt werden. Hiero wird 1940 von den Nationalsozialisten verhaftet und verschwindet spurlos. 50 Jahre später erinnert sich Hieros einstiger Freund und Kollege Sid, der selbst inzwischen auf eine erfolgreiche Karriere zurückblicken kann, an die Geschehnisse zurück und lässt sie in einer Mischung von Deutsch-Englischem Slang Revue passieren.

Bei ihrer Arbeit strich Edugyan den Einfluss und die Unterstützung von Künstlern in Europa positiv hervor: „The Europeans, especially the Germans and the French, are just amazing at supporting their artists, (...) [Artists] are almost hallowed.“[1] – Die Europäer, speziell die Deutschen und Franzosen, sind erstaunlich beim Unterstützen ihrer Künstler. Diese werden meist verehrt.“ Über die deutsche Kultur urteilte sie enthusiastisch: „There are so many amazing things about the country: its reverence for the arts; its reverence for beauty and thought; the strains of philosophy. And the landscape: it’s extremely beautiful. (...) Germany has such a heavy history.”[1] – „Da sind so einige erstaunliche Dinge bei diesem Land: seine Referenzen gegenüber den Künsten, seine Referenzen an die Schönheit und das Denken; seine Grundzüge der Philosophie. Und die Landschaft: sie ist extrem schön. (...) Deutschland hat eine derart schwerwiegende Geschichte.“

Half-Blood Blues, (dt. Spiel's noch einmal) der 2011 erschien, stand nach einheitlich positiven Kritikerstimmen auf der Shortlist des Man Booker Prize,[6] Scotiabank Giller Prize,[7] Rogers Writers’ Trust Fiction Prize[8] und des Governor General's Award for English language fiction.[9]

Zusammen mit Patrick deWitt war sie die einzige Schriftstellerin, die auf allen vier Auswahllisten zu finden war.[7] Am 8. November 2011 gewann sie den Giller Prize für Half-Blood Blues. Dabei wurde sie bei der Preisverleihung von Popsängerin Nelly Furtado vorgestellt.[10] Die Jury fand eine bildhafte Begründung für die Preisvergabe an das Werk, das sie mit Louis Armstrongs West End Blues verglichen: „Imagine Mozart were a black German trumpet player and Salieri a bassist, and 18th century Vienna were WWII Paris; that's Esi Edugyan's joyful lament, Half-Blood Blues. It's conventional to liken the prose in novels about jazz to the music itself, as though there could be no higher praise. In this case, say rather that any jazz musician would be happy to play the way Edugyan writes.“[10] – „Stellen sie sich vor, dass Mozart ein schwarzer deutscher Trompeter und Salieri ein Bassist wären, das Wien des 18. Jahrhunderts wäre das Paris während des Zweiten Weltkriegs. Es ist schon ein Gemeinplatz, dass man die Prosa in Roman über die Jazzmusik mit gerade dem Wesen dieser Musik vergleicht, als ob es keine höhere Würdigung geben würde. In diesem Fall, wäre wohl jeder Jazzmusiker froh, wenn er so musizieren würde wie Edugyan schreibt.“

Darüber hinaus war das Buch ebenso wie deWitts The Sisters Brothers für den Walter Scott Prize 2012 für Historische Romane nominiert.[11] Dort vermochte es nicht die Jury zu überzeugen, gewann aber den zu den BC Book Prizes gehörenden Ethel Wilson Fiction Prize[12] und Anisfield-Wolf Book Award. Dabei war ihr Mann ebenfalls für den Ethel Wilson Fiction Prize nominiert, was ebenfalls in der literarischen Welt Kanadas ein Novum darstellte.[13]

Ihre Bücher wurden bis dato ins Deutsche, Niederländische und Ungarische übersetzt, wobei ihr Debütroman nicht ins Deutsche, aber ihre Kurzgeschichtensammlung und ihr zweiter Roman ins Deutsche übertragen wurden.

Edugyan lebt in Victoria, British Columbia, zusammen mit ihrem Mann, dem Schriftsteller und Dichter Steven Price, sowie ihrer Tochter, die 2011 geboren wurde.[1] Sie unterrichtet Kreatives Schreiben an der University of Victoria.[10] Im Jahr 2023 war sie Vorsitzende der Booker-Prize-Jury, die Paul Lynchs dystopischen Roman Prophet Song die Auszeichnung zuerkannte.[14]

Rezensionen

Positiv
  • „Half-Blood Blues itself represents a kind of flowering-that of a gifted storyteller.“[15] – „Half-Blood Blues präsentiert sich selbst als eine Art Blüte einer begabten Erzählerin.“
  • „...a stunning, powerful read, a compelling story brilliantly told.“ (Quill and Quire)[16][17] – „... betäubend, kraftvoll zu lesen, eine fesselnde Geschichte, die brilliant erzählt wird.“
Differenzierend
  • „And that's it: the Afro-German story is once again sidelined. In spite of this, Edugyan really can write, and the final chapter is redemptive. But if it's an Afro-German story you're after, then Hans Massaquoi's extraordinary Destined to Witness: Growing up Black in Nazi Germany is a good place to start“.[18] – „Und das ist der Punkt: die Afro-Deutsche Geschichte wird erneut an die Seite gedrängt. Nichtsdestoweniger kann Edugyan wirklich schreiben und das Schlusskapitel ist überwiegend. Aber wenn man wirklich eine Afro-Deutsche Geschichte lesen möchte, ist Hans Massaquois außerordentliches Neger, Neger, Schornsteinfeger der richtige Startplatz.“
  • „Though "Half-Blood Blues" is a jazz book, its greatest strength lies more in the rhythms of its conversations and Griffiths' pitch-perfect voice than in any musical exchanges.“[19] – „Auch wenn "Half-Blood Blues" ein Jazz-Buch ist, seine größte Stärke liegt mehr im Rhythmus seiner Konversation und Griffiths perfekt getroffenen Stimme als in irgendeiner musikalischen Wiedergabe.“

Werke

Kurzgeschichten:

  • The bone house and other stories. Thesis (M.A.), Johns Hopkins University, 2001.
  • Dreaming of elsewhere: Observations on home.[20]

Romane:

  • The Second Life of Samuel Tyne. Amistad, New York 2004 ISBN 0-06-073603-8
  • Half-Blood Blues. Thomas Allen Publishers, 2011 ISBN 978-0-88762-741-5
    • Spiel's noch einmal. Aus dem Englischen von Peter Knecht. Insel, Berlin 2011 ISBN 978-3-458-35783-4
  • Washington Black. HarperCollins 2018 ISBN 9781443423380
    • Übers. Anabelle Assaf: Washington Black. Eichborn, Frankfurt 2020

Artikel:

Essaysammlung:

  • Out of the Sun: Essays at the Crossroads of Race. Serpent’s Tail, London 2022, ISBN 978-1-78816-990-5.

Auszeichnungen und Nominierungen

Literatur

  • Brenda Cooper: Diaspora, gender and identity: Twinning in three diasporic novels. In: English Academy Review, 25, no. 1, 2008, S. 51–65
  • Amy Elisabeth Fuller: Contemporary authors new revision series. : Volume 192 a bio-bibliographical guide to current writers in fiction, general nonfiction, poetry, journalism, drama, motion pictures, television, and other fields. Gale, Detroit 2010, ISBN 978-1-4144-5673-7

Einzelnachweise

  1. Donna Bailey Nurse: Writing the blues. In: Quill & Quire. Juli 2011. Abgerufen am 6. Juli 2012.
  2. Victoria writer Esi Edugyan wins the Ethel Wilson Fiction Award. (Memento vom 29. August 2012 im Internet Archive) In: Times Colonist. 13. Mai 2012. Abgerufen am 7. Juli 2012.
  3. Adrian Chamberlain: Esi Edugyan’s sweet victories. How a Booker nomination and a Giller win changed the Victoria writer’s life.@1@2Vorlage:Toter Link/www.montrealgazette.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Montreal Gazette. 23. März 2012. Ursprünglich: The Ottawa Citizen. Abgerufen am 7. Juli 2012.
  4. Interview mit Esi Edugyan (Memento vom 24. Mai 2012 im Internet Archive). auf: themanbookerprize.com. Abgerufen am 7. Juli 2012.
  5. Mark Medley: Esi Edugyan wins 2011 Giller Prize for Half-Blood Blues. In: National Post. 8. November 2011. Abgerufen am 7. Juli 2012.
  6. Two Canadians Shortlisted for Man Booker. (Memento vom 27. März 2012 im Internet Archive) In: The Mark. September 6, 2011. Abgerufen am 6. Juli 2012.
  7. DeWitt and Edugyan add Giller nods to Booker nominations. In: The Globe and Mail. 4. Oktober 2011. Abgerufen am 6. Juli 2012.
  8. Booker nominees Edugyan, deWitt make shortlist for Writers' Trust prize. In: The Globe and Mail. 28. September 2011. Abgerufen am 6. Juli 2012.
  9. Edugyan, deWitt shortlisted for Governor General literary award. (Memento vom 4. Januar 2013 im Webarchiv archive.today) In: Toronto Star. 11. Oktober 2011. Abgerufen am 6. Juli 2012.
  10. Esi Edugyan wins the Giller Prize. In: CBC News. 8. November 2011. Abgerufen am 7. Juli 2012.
  11. Edugyan and deWitt face off in yet another literary contest. In: The Globe and Mail. 4. April 2012. Abgerufen am 7. Juli 2012.
  12. Gewinner und Nominierte des Ethel Wilson Fiction Award (Memento vom 16. Juli 2012 im Internet Archive). auf: www.bcbookprizes.ca. Abgerufen am 6. Juli 2012.
  13. Mark Medley: Esi Edugyan to face husband Steven Price for Ethel Wilson Fiction Prize. In: National Post. 8. März 2011. Abgerufen am 7. Juli 2012
  14. Prophet Song. In: thebookerprizes.com (abgerufen am 27. November 2023).
  15. Barbara Carey: Half-Blood Blues by Esi Edugyan. In: Toronto Star, 10. September 2011. Abgerufen am 7. Juli 2012
  16. Robert J. Wiersema: Book Review. Half-Blood Blues by Esi Edugyan. In: Quill & Quire. November 2011. Abgerufen am 7. Juli 2012
  17. Zitiert nach www.thomasallen.ca (Memento des Originals vom 4. Juli 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.thomasallen.ca. Abgerufen am 6. Juli 2012
  18. Bernardine Evaristo: Half Blood Blues by Esi Edugyan – review. What could have been a great Afro-German story has been sidelined. In: The Guardian. 24. Juni 2011. Abgerufen am 7. Juli 2012.
  19. Chris Barton: Book review: 'Half-Blood Blues' by Esi Edugyan. In: Los Angeles Times, 4. März 2012. Abgerufen am 7. Juli 2012
  20. contribution to the annual Henry Kreisel Memorial Lecture, organized by the Canadian Literature Centre in Edmonton. Rezension (engl.)
  21. Kurzbiographie Esi Edugyan. Auf: literature.britishcouncil.org. Abgerufen am 7. Juli 2012
  22. The Man Booker Prizes - Shortlisted (Memento vom 10. Juni 2012 im Internet Archive). Abgerufen am 7. Juli 2012
  23. Esi Edugyan shortlisted for Orange Prize. Giller-winner a contender for British prize celebrating female novelists. In: CBC-News, 17. April 2012. Abgerufen am 7. Juli 2012
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