Es ist ein trotzig und verzagt Ding

Es ist ein trotzig und verzagt Ding (BWV 176) ist eine Kirchenkantate von Johann Sebastian Bach. Er komponierte sie in Leipzig für den Sonntag Trinitatis und führte sie am 27. Mai 1725 zum ersten Mal auf. Damit beendete er das zweite Jahr regelmäßiger Kantatenkompositionen für die Liturgie in Leipzig.

Bachkantate
Es ist ein trotzig und verzagt Ding
BWV: 176
Anlass: Trinitatis
Entstehungsjahr: 1725
Entstehungsort: Leipzig
Gattung: Kirchenkantate
Solo: S A B
Chor: SATB
Instrumente: 2Ob Oc 2Vl Va Bc
Text
Christiana Mariana von Ziegler, Paul Gerhardt
Liste der Bachkantaten

Geschichte und Worte

Bach schrieb die Kantate für Trinitatis. Die vorgeschriebenen Lesungen für den Sonntag waren Röm 11,33–36  und Joh 3,1–15 , das Treffen von Jesus und Nikodemus.[1] In seinem zweiten Leipziger Amtsjahr hatte Bach vom ersten Sonntag nach Trinitatis bis Palmsonntag für seinen zweiten Kantatenzyklus konsequent Choralkantaten komponiert, war jedoch zu Ostern wieder zu Kantaten auf freierer Textgrundlage übergegangen. Dazu gehörten neun Kantaten auf Texte der Dichterin Christiana Mariana von Ziegler, darunter diese letzte Kantate ihrer Zusammenarbeit. Bach ordnete sie später seinem dritten Kantatenzyklus zu.[1]

Die Dichterin entnahm den Ausgangspunkt ihrer Ideen der Beobachtung aus dem Evangelium, dass Nikodemus aus Furcht in der Nacht zu Jesus kam. Sie begann ihren Text mit der Paraphrase eines Satzes von Jeremia (Jer 17,9 ), der das Herz des Menschen von Widersprüchen geprägt schildert, und übertrug dies auf die Lage des Christen im Allgemeinen.[1] Sie fuhr fort mit dem Gedanken des Nikodemus, dass niemand handeln könnte wie Jesus, wenn Gott nicht mit ihm wäre. Als Schlusschoral wählte sie die achte Strophe von Paul Gerhardts Kirchenlied „Was alle Weisheit in der Welt“ (1653),[2] das auf die Melodie von „Christ unser Herr zum Jordan kam“ gesungen wird.[3]

Bach führte die Kantate am 27. Mai 1725 erstmals auf. Sie war die letzte Kantate seines zweiten Amtsjahres in Leipzig.[3]

Besetzung und Aufbau

Die Kantate ist besetzt mit drei Vokalsolisten (Sopran, Alt und Bass), vierstimmigem Chor, zwei Oboen, Oboe da caccia, zwei Violinen, Viola und Basso continuo. Die Kantate enthält sechs Sätze.[1]

  1. Coro: Es ist ein trotzig und verzagt Ding
  2. Recitativo (Alt): Ich meine, recht verzagt
  3. Aria (Sopran): Dein sonst hell beliebter Schein
  4. Recitativo (Bass): So wundre dich, o Meister, nicht
  5. Aria (Alt): Ermuntert euch, furchtsam und schüchterne Sinne
  6. Choral: Auf daß wir also allzugleich

Musik

Der Eingangschor in c-Moll konzentriert sich auf eine Chorfuge ohne Vorspiel, Zwischenspiel oder Nachspiel. Ein komplexes Thema illustriert die gegensätzlichen Aspekte „trotzig“ und „verzagt“, „trotzig“ zunächst auf eine wiederholte hohe Note, die in einer Dreiklangsfanfare erreicht wird, „verzagt“ in chromatischen Seufzern. Die Streicher begleiten den „trotzigen“ Teil laut, den „verzagten“ leise, während die Oboen die Singstimmen unterstützen.[1] Klaus Hofmann bemerkt: „Insgesamt aber hat Bach, wohl nicht ganz im Sinne seiner Textdichterin, an der Darstellung des Trotzes mehr Gefallen gefunden als am Ausdruck der Verzagtheit.“[4]

Die Sopran-Arie „Dein sonst so hell beliebter Schein“ ist in großem Kontrast eine „leichtfüßige Gavotte“, zeitweise ohne Continuo.[4]

Im folgenden Secco-Rezitativ spricht Nikodemus für den Christen im Allgemeinen.[4] Bach fügte dem gedruckten Text einen abgewandelten Satz aus dem Evangelium hinzu, dass alle, „die an Dich glauben, nicht verloren werden“, und hebt ihn durch ein Arioso hervor.[5]

In der Alt-Arie wird die Trinität unterstrichen durch drei obligate Oboen, davon eine Oboe da caccia, die unisono spielen.[4]

Der Schlusschoral ist ein vierstimmiger Choral auf eine alte, modale Melodie[6] zu „Christ unser Herr zum Jordan kam“.[7]

Einspielungen (Auswahl)

LP / CD

DVD

Literatur

  • Alfred Dürr: Johann Sebastian Bach: Die Kantaten. Bärenreiter, Kassel 1999, ISBN 3-7618-1476-3 und Deutscher Taschenbuchverlag, München 1995, ISBN 3-423-04431-4.
  • Werner Neumann: Handbuch der Kantaten J.S.Bachs. 1947. 5. Auflage. 1984, ISBN 3-7651-0054-4
  • Hans-Joachim Schulze: Die Bach-Kantaten: Einführungen zu sämtlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs. Evangelische Verlags-Anstalt, Leipzig 2006, ISBN 3-374-02390-8; Carus-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-89948-073-2
  • Christoph Wolff, Ton Koopman: Die Welt der Bach-Kantaten Verlag J.B. Metzler, Stuttgart / Weimar 2006, ISBN 3-476-02127-0
  • Christina Aus der Au: Gott ist Beziehung, Bewegung und Gemeinschaft. Reflexion über den Kantatentext BWV 176. Es ist ein trotzig und verzagt Ding. Anlässlich der Aufführung in Teufen AR am 24. Mai 2013. J. S. Bach-Stiftung, 2013.[8]

Einzelnachweise

  1. Alfred Dürr: Die Kantaten von Johann Sebastian Bach. 4. Auflage. Band 1. Deutscher Taschenbuchverlag, 1981, ISBN 3-423-04080-7.
  2. Was alle Weisheit in der Welt Bach Cantatas, Texte und Übersetzungen, 2006 (englisch)
  3. Christoph Wolff: The transition between the second and the third yearly cycle of Bach’s Leipzig cantatas (1725) (PDF) Bach Cantatas, 1999, S. 2, 5 (englisch)
  4. Klaus Hofmann: Es ist ein trotzig und verzagt Ding, BWV 176 (PDF; 1400 kB) Bach Cantatas, 2007, S. 14–15 (englisch)
  5. John Eliot Gardiner: Cantatas for Trinity Sunday / St Magnus Cathedral, Kirkwall (PDF; 103 kB) Bach Cantatas, 2008, S. 8–10 (englisch)
  6. Julian Mincham: Chapter 50 BWV 176 Es ist ein trotzig und verzagt Ding / The human spirit may be both defiant and disheartened. In: jsbachcantatas.com. 2010, abgerufen am 25. Mai 2013 (englisch).
  7. unser Herr zum Jordan kam.htm Es ist ein trotzig und verzagt Ding Bach Cantatas, Chorale Melodies used in Bach’s Vocal Works (englisch)
  8. Reflexion zum Kantatentext BWV 176 in: bachipedia.org, J. S. Bach-Stiftung, St. Gallen, abgerufen am 26. März 2023.
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