Erwin Kruk
Erwin Kruk, Pseudonym Marek Doski (* 4. Mai 1941 in Gutfeld, Kreis Neidenburg; † 31. März 2017 in Olsztyn, Ermland-Masuren)[1] war ein deutsch-polnischer Schriftsteller, masurischer Dichter und Literaturkritiker polnischer Sprache. Er galt als Stimme und literarisches Gedächtnis Masurens.[2]
Kindheit und Jugend
Erwin Kruks Vater war der Landwirt Hermann Kruk, der im Zuge der Ostpreußischen Operation von der Roten Armee deportiert wurde. Seine Mutter Meta Kruk starb bei der Zwangsarbeit. Als Waise lebte Erwin Kruk zunächst bei Verwandten und in einer sozialen Gemeinschaft von verbliebenen Einheimischen. Zunehmende Spannungen zwischen ihnen und Zuwanderern, Entrechtung, Identitätsverlust und Entfremdung machten die Masuren zu „Vertriebenen im eigenen Land“.[3] Als sie Masuren nach und nach verlassen hatten, kam Kruk in Heime und Internate. Von seiner Herkunft abgetrennt, musste er sie schließlich verleugnen. Er wuchs ohne jeden sozialen Schutz auf.[4] Mit Hilfe eines Wörterbuchs konnte er Deutsch lesen, aber nicht schreiben.[5] In einem Brief zitierte er den vertriebenen Schlesier Louis Ferdinand Helbig:[5]
„Die Fremde ist nicht Heimat geworden, aber die Heimat Fremde.“
Werdegang
Nachdem Kruk 1960 in Morąg das Abitur gemacht hatte, studierte er Polonistik an der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń. Er leitete den studentischen Hörfunk und gründete die literarische Gruppe Kadyk. Als Herausgeber des Almanach poezji widmete er sich unter anderem Studentenliedern der Kopernikus-Universität aus der Zeit von 1945 bis 1965.
Nach Abschluss des Studiums zog er 1966 nach Olsztyn, wo er über 13 Jahre als Journalist bei der Zeitung Głos Olsztyński (Gazeta Olsztyńska) arbeitete. Danach war er Publizist und Chefredakteur der Zeitschrift Przemiany (dt. Wandel). Im März 1980 verließ er die Redaktion der Gazeta Olsztyńska.
Im selben Jahr begann er sich in der Solidarność zu engagieren.[6] Er war Mitgründer des Masurischen Kulturverbandes, der von der Regierung nicht genehmigt wurde. Bei seiner Zusammenarbeit mit vielen gesellschaftskulturellen Zeitschriften entschloss er sich 1981, bei der Monatsschrift Meritum in Warschau zu arbeiten. In den Jahren 1989–1991 vertrat er die Woiwodschaft Olsztyn im Senat der Republik Polen. Später wechselte er zur Unia Demokratyczna.
Der polnische P.E.N. wählte ihn Ende der 1990er Jahre zum Vizepräsidenten. Er war Präsident der Literatenvereinigung (SPP Club) in Olsztyn und Mitgründer der Masurisch-Evangelischen Gesellschaft (1999).[7] Eingehend befasste er sich mit Simon Dach und der Kürbishütte.[8]
Er übersetzte Wojciech Kętrzyńskis Poesiensammlung Aus dem Liederbuch eines Germanisierten (1854–1862) sowie Gedichte von Ernst Wiechert.
Mitgliedschaften
- Verband polnischer Literaten (1969)
- Vereinigung polnischer Journalisten (bis zur Auflösung 1981)
- Solidarność (1980)
- P.E.N.
- Synodaler der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen
Ehrungen
Unvollständige Liste
- Stanislaw Piętak-Preis (1977)
- Polcul Foundation (1988)
- Polnisches Ministerium für Kunst und Kultur (1989)
- Martin-Luther-Medaille (1991)
- Literacka Nagroda Warmii i Mazur (2006)
- Gloria-Artis-Medaille für kulturelle Verdienste (2007)
- Adam-Mickiewicz-Preis für Nieobecność (2016)
- Ehrenbürger von Olsztyn[9]
- Ehrendoktor der Universität Ermland-Masuren[10]
Werke
Romane
- Drogami o świcie (1967) – Unterwegs am Morgen
- Na uboczu święta (1967) – Weihnachten abseits der Straßen
- Rondo (1971) – Kreisverkehr
- Pusta noc (1976) – Leere Nacht
- Łaknienie (1980) – Begierde
- Kronika z Mazur (1989) – Eine Chronik aus Masuren
Essays
- Szkice z mazurskiego brulionu (2003) – Skizzen aus der masurischen Kladde
- Spadek. Zapiski mazurskie 2007–2008 (2009) – Das Erbe. Masurische Notizen
Gedichte
- Rysowane z pamięci (1963) – Aus dem Gedächtnis gezeichnet
- Zapisy powrotu (1969) – Notizen der Rückkehr
- Moja Północ (1977) – Mein Norden
- Powrót na wygnanie (1977) – Heimkehr ins Exil
- Z krainy Nod (1987) – Aus dem Lande Nod
- Znikanie (2005) – Das Verschwinden
Geschichtsbücher
- Ewangelicy w Olsztynie (2002) – Evangelische in Allenstein
- Warmia i Mazury (Ermland und Masuren). Breslau 2003
Literatur
- Friedrich Griese, Leszek Szaruga: Erwin Kruk. Arbeitsgruppe Literatur Polska, Krakau 2000, ISBN 978-8-388-29231-6.
- Jens Stüben (Hrsg.): Ostpreußen – Westpreußen – Danzig. Eine historische Literaturlandschaft. Oldenburg 2007, ISBN 978-3-486-58185-0 (GoogleBooks).
Weblinks
- WorldCat
- Erwin Kruk. Leksykon Kultury Warmii i Mazur des „Centrum Edukacji i Inicjatyw Kulturalnych w Olsztynie“ (polnisch)
- Burkhard Ollech: Übermittlung. Erwin Kruk: Gedichte (Auswahl). (pdf, 60 kB) Mitteilungen der Internationalen Ernst-Wiechert-Gesellschaft, archiviert vom am 4. März 2016; abgerufen am 1. April 2017.
Einzelnachweise
- Grzegorz Szydłowski, Tomasz Kurs: Erwin Kruk nie żyje. Mazur, poeta i legenda „Solidarności“. In: Gazeta Wyborcza. 31. März 2017, abgerufen am 1. April 2017 (polnisch).
- Klaus Bednarz: Andreas Kossert: Masuren – Ostpreußens vergessener Süden. Buchbesprechung in der Deutschlandfunk-Sendung „Politische Literatur“, 12. November 2001, abgerufen am 1. April 2017.
Kruk, Erwin. Baza osób polskich – polnische Personendatenbank, abgerufen am 1. April 2017. - Erwin Kruk im Interview mit Kultura (Paris).
- Burkhard Ollech: Im Schatten. Der masurische Dichter Erwin Kruk.
- Erwin Kruk in einem Brief vom 24. Februar 1991.
- Paweł Warot: Erwin Kruk. Encyklopedia Solidarności, archiviert vom am 5. Juni 2014; abgerufen am 1. April 2017 (englisch).
- Masurisch-Evangelische Gesellschaft. Vereins-Wiki, abgerufen am 1. April 2017.
- Anna Gajdis: Die Rezeption von Simon Dach in Polen. In: Axel E. Walter (Hrsg.): Simon Dach (1605–1659): Werk und Nachwirken. Niemeyer, Tübingen, 2008, ISBN 978-3-484-36626-8, ISSN 0934-5531, S. 451.
- Honorowi Obywatele Olsztyna. Website der Stadt Olsztyn, abgerufen am 1. April 2017 (polnisch).
- Erwin Kruk doktorem honoris causa UWM. Aus dem Info-Portal von Olsztyn olsztyn.wm.pl (polnisch).