Direktmandat

Als Direktmandat wird in Deutschland ein Parlamentsmandat bezeichnet, das der Bewerber erringt, der bei einer Parlamentswahl in einem Wahlkreis die meisten Stimmen erhält. Bei der in Deutschland üblichen personalisierten Verhältniswahl erhält eine Partei für in den Wahlkreisen gewonnene Sitze entsprechend weniger Listenmandate, so dass Direktmandate grundsätzlich keinen Einfluss auf die Sitzzahlen der Parteien im Parlament haben. Dagegen hängen bei einem Mehrheitswahlrecht wie beispielsweise in Großbritannien die Sitzzahlen der Parteien ausschließlich von ihren Erfolgen in den Wahlkreisen ab.

Deutschland

Bundestagswahlen

299 Abgeordnete des Deutschen Bundestages werden direkt in ihrem Bundestagswahlkreis gewählt. Mindestens weitere 299 (299 plus eventuelle Ausgleichsmandate) werden über die Wahlliste ihrer Partei gewählt (Listenkandidat). Die Erststimme und die Zweitstimme können unabhängig voneinander gegeben werden. Die Direktmandate werden bei der Wahl zum Deutschen Bundestag nach dem Bundeswahlgesetz durch die Erststimmen vergeben.

Nach dem Bundestagswahlrecht treten in jedem Wahlkreis Kandidaten der politischen Parteien und eventuell parteiunabhängige Kandidaten, sogenannte Einzelbewerber, gegeneinander an. Gewählt wird dabei nach dem relativen Mehrheitswahlrecht, d. h., der Kandidat mit den meisten Stimmen ist als Wahlkreisabgeordneter gewählt.[1]

Konnte eine Partei mindestens drei Direktmandate gewinnen, so erhält sie bis 2023 auch dann Mandate gemäß ihrem Zweitstimmenanteil, wenn sie weniger als fünf Prozent der Zweitstimmen gewonnen hatte (Grundmandatsklausel). Dies war zuletzt 2021 der Fall, als Die Linke zwar drei Direktmandate, aber nur 4,9 % der Zweitstimmen erringen konnte. Die Gesamtzahl der Mandate, die eine Partei erhält, bestimmt sich nach ihrem Anteil an den Zweitstimmen. Von den ihr nach diesem Anteil zustehenden Mandaten werden die Direktmandate abgezogen, die übrigen werden mit Bewerbern von der Liste besetzt. Hat eine Partei mehr Direktmandate, als ihr nach Zweitstimmen zustehen, kommt es zu Überhangmandaten. Da es seit 2013 Ausgleichsmandate gibt, vergrößern Überhänge für eine Partei zwar den Bundestag, bringen ihr aber keinen systematischen Vorteil durch einen höheren Mandatsanteil mehr.

Über Direktmandate gewählte Abgeordnete des Bundestages nach Parteien
WahlCDUCSUSPDFDPBPDPZentrumPDS/
Die Linke
Bündnis 90/
Grüne
AfDUnabhängigeSumme
1949912496121153242
1953130424514101242
1957147474616247
19611144291247
19651183694248
19698734127248
19726531152248
19769440114248
19808140127248
19831364468248
19871244579248
1990192439111328
1994177441034328
199874382124328
2002824317121299
20051064414531299
20091734564161299
2013191455841299
20171854659513299
2021984512131616299

Landtagswahlen

Die Abgeordneten der meisten Landtage werden zu einem Teil direkt in ihrem Wahlkreis und zum anderen Teil über die Wahlliste ihrer Partei gewählt (dabei darf ein Kandidat nur in einem Wahlkreis antreten).[2] Nur in Hamburg, Bremen und im Saarland gibt es keine Einpersonenwahlkreise. Der Anteil der Direktmandate an der Gesamtzahl der Sitze variiert zwischen den verschiedenen Bundesländern. Prinzipiell wird bei der Sitzverteilung ähnlich verfahren. Überall gibt es für Überhangmandate Ausgleichsmandate. In Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Ausgleichsmandate beschränkt, so dass es zu nicht ausgeglichenen Überhangmandaten kommen kann.

Keine Wahllisten gibt es bei der Wahl zum Landtag von Baden-Württemberg. Hier werden Direktmandate, die in Baden-Württemberg Erstmandate genannt werden, an die Gewinner der jeweiligen Wahlkreise sowie Zweitmandate an die unterlegenen Wahlkreiskandidaten mit den höchsten Stimmenanteilen vergeben.

Wiktionary: Direktmandat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Bundeswahlgesetz § 41 Feststellung des Wahlergebnisses im Wahlkreis
  2. Bundeswahlgesetz § 20 Inhalt und Form der Kreiswahlvorschläge. In: gesetze-im-internet.de.
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