Erneuerungsprozess
Ein Erneuerungsprozess ist ein spezieller stochastischer Prozess, der in der Erneuerungstheorie untersucht wird. Er ist ein Zählprozess, dessen Zwischenankunftszeiten unabhängige, identisch verteilte, nichtnegative Zufallsvariablen sind.
Begriffsherkunft
Der Begriff Erneuerung hat seinen Ursprung in industriellen Anwendungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Typischerweise besitzen Systemkomponenten (z. B. Maschinen, Werkzeuge, Beleuchtungskörper) Lebenszeiten, die den Charakter nichtnegativer Zufallsvariablen haben. Wenn solche Komponenten ausfallen, müssen sie durch gleichartige Komponenten ersetzt (erneuert) werden, um das Funktionieren des Systems zu gewährleisten.
Definitionen
seien die Zwischenankunftszeiten, z. B. die Lebenszeiten von Komponenten. Diese Zufallsvariablen werden als unabhängig und identisch verteilt angenommen. Außerdem seien die fast sicher positiv mit Erwartungswert .
- wird als Erneuerungsfolge bezeichnet.
Ihre gemeinsame Verteilungsfunktion werde mit bezeichnet, das heißt, es gilt . Falls die eine Wahrscheinlichkeitsdichte besitzen, wird diese mit bezeichnet.
Weiter sei der Zeitpunkt der -ten Erneuerung, das heißt
Die Verteilung von werde mit bezeichnet, d. h. .
Der Erneuerungsprozess ist nun der durch
definierte stochastische Prozess, das heißt ist die Anzahl der Erneuerungen bis zum Zeitpunkt .
Die Äquivalenz der Beschreibung über und kommt in folgender grundlegenden Beziehung zum Ausdruck
- .
Beide Mengen enthalten genau diejenigen Elemente des zugrunde liegenden Wahrscheinlichkeitsraums, für die bis zum Zeitpunkt mindestens Erneuerungen stattgefunden haben.
Eigenschaften
ist Summe identisch verteilter, unabhängiger Zufallsvariablen, daher ist die -fache Faltung der Verteilung und wird rekursiv wie folgt berechnet
- ,
wobei die Wahrscheinlichkeitsdichte von oben ist.
Es gilt[1]
Mit obiger Notation sehen wir, dass folgende Integralgleichung erfüllt ist.
Beweis
- Wir gehen von aus und ersetzen und ein und erhalten
- Nach Zusammenfassen der Integrale und unter Beachtung von folgt die Behauptung.
Die eben dargestellte Integralgleichung dient als Ausgangspunkt einer Theorie von Zählprozessen, deren Wartezeiten nicht exponentialverteilt sind.[2][3] Sie ist somit eine Basis für die Generalisierung der Theorie der Poissonprozesse.
Die mittlere Anzahl der Erneuerungen im Zeitintervall heißt Erneuerungsfunktion und wird mit bezeichnet. Es gilt
Einzelnachweise
- Geoffry R. Grimmett, David R. Stirzaker: Probability and Random Processes. Clarendon Press, Oxford 1982, ISBN 0-19-853185-0.
- Rainer Winkelmann: Duration Dependence and Dispersion in Count Data. In: Journal of Business & Economic Statistics. 13(4). Jahrgang, 1995, S. 467–474.
- Blake McShane, Moshe Adrian, Eric T. Bradlow, Peter S. Fader: Count Models Based On Weibull Interarrival Times. In: Journal of Business & Economic Statistics. 26(3). Jahrgang, 2008, S. 369–378.