Eringait
Das Mineral Eringait ist ein seltenes Silikat aus der Obergruppe der Granate mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ca3Sc3+2Si3O12. Es kristallisiert im kubischen Kristallsystem mit der Struktur von Granat.
Eringait | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
IMA-Nummer |
2009-054[1] |
IMA-Symbol |
Erg[2] |
Chemische Formel | Ca3Sc3+2Si3O12 |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nummer nach Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) |
VIII/A.08-145 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | kubisch |
Kristallklasse; Symbol | hexakisoktaedrisch; 4/m32/m |
Raumgruppe | Ia3d (Nr. 230)[3] |
Gitterparameter | a = synthetisch: 12,250[4] natürlich: 12,19 Å[3] |
Formeleinheiten | Z = 8[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | nicht bestimmt |
Dichte (g/cm3) | berechnet: 3,654[3] |
Spaltbarkeit | keine[3] |
Bruch; Tenazität | uneben[3] |
Farbe | natürlich: hellbraun bis gelb[3], synthetisch: farblos[5] |
Strichfarbe | cremeweiß[3] |
Transparenz | Bitte ergänzen |
Glanz | Glasglanz[3] |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | n = nicht bestimmt |
Doppelbrechung | isotrop |
In seiner Typlokalität, einem rodingitartigen Skarn vom Fluss Wiljui in der Republik Sacha (Jakutien), Russland, tritt Eringait in Form weniger µm großer, hellbrauner bis gelber Zonen und Flecken in Schorlomit- und Kerimasitreichen Granaten auf. Darüber hinaus wurde er bislang (Stand 2017) nur in einigen Meteoriten nachgewiesen,[6] wo er als Einschluss in Diopsid auftritt. Es wird angenommen, dass Eringait zu den frühesten silikatischen Kondenseaten aus dem präsolarem Nebel gehört.[7][8]
Etymologie und Geschichte
Im Zuge systematischer Untersuchungen der chemisch sehr variablen Granatgruppe wurden skandiumhaltige Granate und Eringait bereits in den 1970er Jahren künstlich hergestellt.[4][5]
Die ersten natürlichen skandiumhaltigen Granate wurden 2005 in rodingitartigen Skarnen am Ufer des Flusses Wiljui in Jakutien, Russland gefunden.[9] In dem gleichen Gestein wurde 5 Jahre später auch der Skandium-Granat Eringait beschrieben. Benannt wurde er nach dem Fluss Eringa, der gegenüber der Fundstelle in den Wiljui mündet.[3]
Seither wurde Eringait nur noch als submikroskopischer Einschluss in einigen Meteoriten gefunden.[7][8]
Klassifikation
Die strukturelle Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) zählt den Eringait zur Granat-Obergruppe, wo er zusammen mit Menzerit-(Y), Pyrop, Grossular, Spessartin, Almandin, Goldmanit, Momoiit, Knorringit, Uwarowit, Andradit, Calderit, Rubinit, Majorit und Morimotoit die Granat-Gruppe mit 12 positiven Ladungen auf der tetraedrisch koordinierten Gitterposition bildet.[10]
Die mittlerweile veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz führt den Eringait nicht auf. Einzig im „Lapis-Mineralienverzeichnis“ von Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach der klassischen Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System-Nr. VIII/A.08-145 und würde damit zusammen mit Almandin, Andradit, Calderit, Goldmanit, Grossular, Henritermierit, Hibschit, Holtstamit, Hydrougrandit, Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin, Uwarowit, Wadalit und Yamatoit (diskreditiert, da identisch mit Momoiit) zur „Granatgruppe“ mit der System-Nr. VIII/A.08 innerhalb der Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ gehören.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik führt den Eringait ebenfalls noch nicht auf. Hier würde er jedoch auch in die Abteilung der „Inselsilikate (Nesosilikate)“ eingeordnet werden. Diese ist hier weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit weiterer Anionen sowie der Koordination der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung der „Inselsilikate ohne zusätzliche Anionen; Kationen in oktaedrischer [6]er- und gewöhnlich größerer Koordination“ zu finden wäre, wo es zusammen mit Almandin, Andradit, Calderit, Goldmanit, Henritermierit, Holtstamit, Katoit, Kimzeyit, Knorringit, Majorit, Morimotoit, Pyrop, Schorlomit, Spessartin und Uwarowit zur „Granatgruppe“ mit der System-Nr. 9.AD.25 gezählt werden würde. Ebenfalls zu dieser Gruppe gezählt wurden die mittlerweile nicht mehr als Mineral angesehenen Granatverbindungen Blythit, Hibschit, Hydroandradit und Skiagit. Wadalit, damals noch bei den Granaten eingruppiert, erwies sich als strukturell unterschiedlich und wird heute mit Chlormayenit und Fluormayenit einer eigenen Gruppe zugeordnet.[10] Die nach 2001 beschriebenen Granate Irinarassit, Hutcheonit, Kerimasit, Toturit und Menzerit-(Y) wären hingegen in die Granatgruppe einsortiert worden.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana würde den Eringait in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Inselsilikatminerale“ einordnen. Hier würde er zusammen mit Andradit, Goldmanit, Uwarowit und Yamatoit in der „Granatgruppe (Ugrandit-Reihe)“ mit der System-Nr. 51.04.03b innerhalb der Unterabteilung „Inselsilikate: SiO4-Gruppen nur mit Kationen in [6] und >[6]-Koordination“ zu finden sein.
Chemismus
Eringait ist das Skandium (Sc)-Analog von Grossular und bildet komplexe Mischkristalle vor allem mit Kimzeyit, Schorlomit und Andradit. Die gemessene Zusammensetzung aus der Typlokalität ist
- [X](Ca2,98Y0,01Mg0,01)[Y](Sc3+0,82Ti4+0,44Fe3+0,30Zr4+0,21Mg2+0,10Al3+0,09Cr3+0,08Fe2+0,05V3+0,01)[Z](Si2,48Al0,30Fe3+0,22)O30.[3]
Die Ti- und Zr-Gehalte auf der Y-Position gehen zusammen mit den Fe3+- und Al-Gehalten auf der Z-Position auf die Mischkristallbildung mit schorlomitischen Granaten ([X]Ca3[Y](Zr,Ti)4+2[Z]((Fe,Al)3+2Si)O12) zurück, entsprechend der Austauschreaktion
- [Y]Sc3+ + [Z]Si3+ = [Y](Ti,Zr)4+ + [Z](Al,Fe)3+
Die Fe3+-Gehalte auf der Y-Position können auf die Beimischung von Andradit [X]Ca3[Y]Fe3+2[Z]Si4+3O12 entsprechend der Austauschreaktion
- [Y]Sc3+ = [Y]Fe3+
zurückgeführt werden.
Die meteoritischen Eringaite enthalten ähnliche Mengen Skandium (Sc), kein Fe3+ aber deutlich mehr Yttrium (Y) und Titan (Ti3+!):
- [X](Ca2,31Mg0,56Y0,09Fe2+0,05)[Y](Sc3+0,82Y0,48Ti3+0,32Ti4+0,25Zr4+0,10V3+0,03Cr3+0,01)[Z](Si2,47Al0,44Ti4+0,09)O30[7]
Kristallstruktur
Eringait kristallisiert mit kubischer Symmetrie in der Raumgruppe Ia3d (Raumgruppen-Nr. 230) mit 8 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Das synthetische Endglied hat dem Gitterparameter a = 12,250 Å[4], der natürliche Mischkristall aus der Typlokalität a = 12,19 Å.[3]
Die Struktur ist die von Granat. Calcium (Ca2+) besetzt die dodekaedrisch von 8 Sauerstoffionen umgebenen X-Positionen, Skandium (Sc3+) die oktaedrisch von 6 Sauerstoffionen umgebene Y-Position und die tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebenen Z-Position ist vollständig mit Silicium (Si4+) besetzt.[4][3]
Bildung und Fundorte
Eringait bildet sich bei niedrigem Druck und hohen Temperaturen in kontaktmetamorphen Skarnen[3] oder als Kondensat aus dem präsolarem Nebel.[7][8]
Skarn
Die Typlokalität von Eringait ist ein Rodingitartiger Skarn vom Fluss Wiljui in der Republik Sacha (Jakutien), Russland. Begleitminerale sind Grossular, Andradit und Perowskit.[3]
Meteorite
In CV3-Chondriten findet sich Eringait in Calcium-Aluminium-reichen Einschlüssen (CAIs). Im Vigarano-Meteoriten tritt er als Einschluss in Davisit und Sc-reichem Diopsid auf, zusammen mit Tazheranit, Hexaferrum und MgAl-Spinell.[7]
Im Allende-Meteoriten tritt Eringait ebenfalls als Einschluss in Sc-reichem Diopsid auf, zusammen mit Spinell und Y-haltigen Perowskit.[8]
Siehe auch
Weblinks
- Mineralienatlas: Eringait (Wiki)
- Mindat – Eringaite (englisch)
Einzelnachweise
- Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
- Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
- I. O. Galuskina, E. V. Galuskin, B. Lazic, T. Armbruster, P. Dzierzanovski, K. Prusik and R. Wrzalik: Eringaite, Ca3Sc2(SiO4)3, a new mineral of the garnet group. In: Mineralogical Magazine. Band 74, Nr. 2, 2010, S. 365–373 (researchgate.net [PDF; 955 kB; abgerufen am 9. September 2017]).
- B. V. Mill, E. L. Belokoneva, M. A. Simonov, N. V. Belov: Refined crystal structures of the scandium garnets Ca3Sc2Si3O12, Ca3Sc2Ge3O12, and Cd3Sc2Ge3O12. In: Journal of Structural Chemistry. Band 18, Nr. 2, 1977, S. 321–323 (springer.com [PDF; 169 kB; abgerufen am 9. September 2017]).
- Simona Quartieri, Roberta Oberti, Massimo Boiocchi, Maria Chiara Dalconi, Federico Boscherini, Olga Safonova, and Alan B. Woodland: Site preference and local geometry of Sc in garnets: Part II. The crystal-chemistry of octahedral Sc in the andradite-Ca3Sc2Si3O12 join. In: American Mineralogist. Band 91, 2006, S. 1240–1248 (rruff.info [PDF; 443 kB; abgerufen am 9. September 2017]).
- Fundortliste für Eringait beim Mineralienatlas und bei Mindat
- Chi Ma: DISCOVERY OF METEORITIC ERINGAITE, Ca3(Sc,Y,Ti)2Si3O12, THE FIRST SOLAR GARNET? In: 75th Annual Meteoritical Society Meeting (2012). 2012 (usra.edu [PDF; 70 kB; abgerufen am 9. September 2017]).
- A. N. Krot, K. Nagashima, C. Ma, G. J. Wasserburg, U. Hawa: FORSTERITE-BEARING TYPE B CAI WITH A RELICT ERINGAITE-BEARING ULTRA-REFRACTORY CAI. In: 78th Annual Meteoritical Society Meeting (2015). 2015 (usra.edu [PDF; 96 kB; abgerufen am 9. September 2017]).
- Irina O. Galuskina, Evgeny V. Galuskin, Piotr Dzierzanovski, Thomas. Armbruster and Marcin Kozanecki: A natural scandian garnet. In: American Mineralogist. Band 90, 2005, S. 1688–1692 (amazonaws.com [PDF; 924 kB; abgerufen am 9. September 2017]).
- Edward S. Grew, Andrew J. Locock, Stuart J. Mills, Irina O. Galuskina, Evgeny V. Galuskin and Ulf Hålenius: IMA Report - Nomenclature of the garnet supergroup. In: American Mineralogist. Band 98, 2013, S. 785–811 (main.jp [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 8. Juli 2017]).