Erika Cremer
Erika Cremer (* 20. Mai 1900 in München; † 21. September 1996 in Innsbruck) war eine deutsche Physikochemikerin.
Leben
Die Tochter des Physiologieprofessors Max Cremer, Schwester des Mathematikers Hubert Cremer und des Akustikers Lothar Cremer, studierte Chemie, Physik und Mathematik in Berlin. Vorerst durfte sie als Mädchen nur eine Studienanstalt für junge Frauen, die sich auf naturwissenschaftlich-technischem Gebiet weiterbilden, statt des Gymnasiums besuchen.[1]
Wissenschaftliche Laufbahn
Sie promovierte 1927 bei Max Bodenstein mit einer Dissertation über die Chlorknallgas-Reaktion (Über die Reaktion zwischen Chlor, Wasserstoff und Sauerstoff im Licht).[2]
Historisch interessant ist ihre Zeit in der Arbeitsgruppe Otto Hahns während der Entdeckung der Kernspaltung. Ihre Erinnerungen als Zeitzeugin auch während des Krieges hat Erika Cremer in einem Aufsatz Zur Geschichte der Entfesselung der Kernenergie in der Österreichischen Chemiker-Zeitung 1989 zusammengefasst.
Ihre Berufung 1940 als Frau an das Institut für Physikalische Chemie nach Innsbruck war für diese Zeit außergewöhnlich. Fast ihr ganzes Berufsleben lang hatte sie im Wissenschaftsbetrieb darunter zu leiden, dass sie eine Frau war. Trotz hervorragender Leistungen (über 200 Veröffentlichungen) dauerte es im Vergleich zur Karriere von männlichen Kollegen sehr lange, bis sie von der Universitätsdozentin zur außerordentlichen Professorin und dann zur Lehrstuhlinhaberin aufstieg. Die Funktion des Dekans der Philosophischen Fakultät der Universität Innsbruck wurde ihr erst knapp vor ihrer Emeritierung mit 70 Jahren angeboten.
1989 wurde sie mit dem Tiroler Landespreis für Wissenschaft ausgezeichnet.[3]
2009 startete die Universität Innsbruck das Erika-Cremer-Habilitationsprogramm. Im Andenken an die große Forscherin, die trotz hervorragender wissenschaftlicher Leistung erst 1959 zur ordentlichen Univ.-Prof. für physikalische Chemie bestellt und zum Vorstand des Physikalisch-Chemischen Institutes ernannt wurde, will die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck wissenschaftliche Frauenkarrieren fördern.[4]
1944 entwickelte sie die Grundlagen der Adsorptionsgaschromatographie. Die vorgesehene Veröffentlichung ging in den Wirren des Kriegsendes auf dem Weg zum Verlag verloren. Zusammen mit ihrem Dissertanten Fritz Prior entwickelte sie nach dem Krieg die Methode weiter.
Literatur
- Gerhard Oberkofler: Erika Cremer (1900–1996). Ein Leben für die Chemie. Herausgegeben von der Zentralbibliothek für Physik in Wien. StudienVerlag, Innsbruck/Wien/Bozen 1998.
- Brigitte Bischof: Cremer, Erika. In: Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hrsg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2002, ISBN 3-205-99467-1, S. 121–124.
- Gerhard Oberkofler: Eine weltweit anerkannte Arbeit. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 11, 2000, ISSN 0944-5560, S. 63–67 (luise-berlin.de).
Weblinks
- Literatur von und über Erika Cremer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Klaus Beneke: Erika Cremer. (PDF; 1,7 MB) In: Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 1999, S. 311–334 (Biografie).
- Gerhard Oberkofler: In memoriam em. Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. rer.nat. H.c. Erika Cremer (1900-1996). 96 Jahre eines Forscherlebens. In: Berichte des naturwissenschaftlich-medizinischen Vereins Innsbruck. Band 84. Innsbruck 1997, S. 397–406 (zobodat.at [PDF; 1,6 MB]).
- Eintrag über Erika Cremer in der Datenbank der Wilhelm-Exner-Medaillen-Stiftung.
- Informationen zu und akademischer Stammbaum von Erika Cremer bei academictree.org
Einzelnachweise
- Eintrag zu Erika Cremer im Austria-Forum (Biographie) abgerufen am 15. Dezember 2011.
- Dissertation im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Tiroler Landespreis für Wissenschaft – Preisträger 1984 bis 2014 (Memento vom 13. Oktober 2015 im Internet Archive). Abgerufen am 14. Oktober 2015.
- Universität Innsbruck: Erika-Cremer-Habilitationsprogramm.