Enrique Melaka
Enrique Melaka (auch Enrique von Malakka) (* um 1493 in Malakka[1]; † unbekannt, letzte Erwähnung 1. Mai 1521 auf der Insel Cebu) war Sklave, Diener und Dolmetscher von Ferdinand Magellan. Er nahm an der ersten Weltumsegelung (1519–1522), die den praktischen Beweis erbrachte, dass die Erde eine Kugel ist, von 1519 bis 1521 teil.
Leben
Enrique stammte von der Malaiischen Halbinsel, nach anderen Angaben aus Sumatra. Er wurde 1511 schon als Jugendlicher im Laufe der portugiesischen Belagerung und Eroberung Malakkas von Magellan gefangen genommen und versklavt. Dies geht aus Magellans Testament hervor („meinen gefangenen dunkelhäutigen Sklaven, gebürtig aus der Stadt Malakka“[1]). Er lernte von Magellan Portugiesisch und Spanisch. Auf den Reisen dolmetschte er u. a. zwischen den Bewohnern der Visayas und den Spaniern. Nach dem gewaltsamen Tod Magellans im April 1521 auf der Philippineninsel Mactan wäre Enrique, dem Testament und Willen Magellans entsprechend, frei gewesen. Doch der neue Kapitän widersprach; er wollte Enrique weiter als Dolmetscher einsetzen. Enrique soll daraufhin zur Erlangung seiner Freiheit ein blutiges Bankett mit dem cebuanischen Fürsten Raja Humabon mitgeplant haben, bei dem die vierundzwanzig europäischen Teilnehmer getötet wurden. Danach verlieren sich die Spuren Enriques (1. Mai 1521).
Die historische Quelle aus erster Hand über Enrique ist Pigafettas Reisebericht. Sonst wird sein Name nur noch in Magellans Testament und in den Mannschaftslisten der Magellan-Expedition erwähnt.
Mythos der ersten Weltumrundung
Inhalt
Ein Mythos besagt, dass Magellans Sklave Enrique nicht von Sumatra, sondern von den Philippinen stammte und mit der Magellan-Expedition dorthin zurückkehrte und somit die Erde als erster Mensch vollständig umrundete.
Ursprung
Seinen Ursprung hat die These im fiktiven historischen Roman Panglima Awang des aus Singapur stammenden malaiischen Schriftstellers Harun Aminurrashid (Harun bin Mohd Amin 1907–1986) aus dem Jahre 1957. Im Roman wird der Herkunftsort des Helden kurzerhand um ca. 2000 km nach Osten auf die Philippinen verlegt. Im Laufe der Zeit verschmolz der historische Enrique Melaka zunehmend mit der Romanfigur Panglima Awang und wurde zu einem malaiischen Nationalhelden hochstilisiert. Im Jahr 1980 präsentierte der philippinische Historiker Carlos Quirino die These aus dem "fiktiven historischen Roman" von 1957 dann erstmals als Tatsache. Die These ist seitdem vor allem im südostasiatischen Raum (Indonesien, Malaysia, Philippinen) und auf diversen Homepages weit verbreitet.
Vorgänger des Mythos
In Stefan Zweigs Roman Magellan. Der Mann und seine Tat aus dem Jahre 1938 wird noch nicht behauptet, Enrique sei der erste Mensch, der die Welt umrundet hat. In diesem Buch werden noch sehr schwammige Formulierungen verwendet, wie etwa, er sei der erste Mensch gewesen, der seine Heimatzone oder Sprachsphäre wieder erreicht habe. Dennoch ist dieser Teil des Buches sicherlich als Vorgänger des Mythos zu betrachten. Zwanzig Jahre später, im Roman „Panglima Awang“, ist Enrique/Panglima Awang dann Dank Verschiebung seiner Herkunftsinsel der Erste.
Das Hauptargument hinter dieser These ist, dass Enrique die Sprache der Menschen rund um Cebu – Bisayan – verstand, und er müsse daher von Cebu und nicht von Sumatra stammen. Das ist ein Fehler dieser Argumentation: Pigafettas Bericht, die einzige Quelle über Enrique, berichtet, dass er nur sehr „schlecht und recht“[2] bis überhaupt nicht bei seiner ersten Begegnung mit den Eingeborenen kommunizieren konnte. Erst als er mit ihrem König – oder mit Händlern – sprach, fanden sie plötzlich eine gemeinsame Sprache.
Pigafetta schrieb: „Sobald sich die Barke unserem Schiff genügend genähert hatte, sprach unser Sklave den König an. Der König verstand ihn – denn die Könige dieser Inseln sprechen mehrere Sprachen.“[2] Dies ist sicherlich nicht überraschend. Malay war seit dem 15. Jahrhundert die Lingua franca des ganzen Archipels, und die offizielle Sprache der internationalen Diplomatie und des Handels für die gesamte Region. Alle Verweise auf Enrique in Pigafettas Chronik erwähnen ihn im Gespräch mit Königen, Fürsten oder Händlern. Mit dem gemeinen Volk, das nicht die internationale Handels- und Diplomatiesprache der Malaien beherrschte, sprach er nicht.
Sachlage
Die einzige Augenzeugenquelle über Enrique ist der Bericht Pigafettas. Aus ihm geht hervor:[2] Enrique stammte von der Insel Sumatra und sprach Malay.
Pigafetta schrieb: „Der Generalkapitän hatte einen Sklaven an Bord, der aus Sumatra stammte, das früher Traprobana hieß.“[2] (Später nennt er ihn bei seinem Taufnamen Enrique.)
Enrique begleitete die Reise bis zur Insel Cebu, wo er – laut Pigafetta – am 1. Mai 1521 an einer Verschwörung beteiligt war, in deren Folge 24 Männer der Expedition, unter ihnen die meisten Anführer (Kapitäne, Navigatoren) von den Insulanern bei einem Festmahl ermordet wurden.
Pigafetta schrieb: „Er (Enrique) begab sich zum König (von Cebu) und gab ihm den Rat, sich aller unserer Schiffe, Waren und Waffen zu bemächtigen, noch bevor wir wieder in See stachen. Der König lieh dem Sklaven bereitwillig Gehör und die beiden entwarfen nun ihren Plan, uns zu verraten.“[2]
Enrique blieb darauf auf Cebu zurück.
Pigafetta schrieb: „Auf unsere Frage, was aus unseren 24 Mann und dem Dolmetscher (Enrique) geworden sei, antwortete er (Serrano), die Insulaner hätten außer dem Dolmetscher, der zum Feind übergelaufen sei, alle erschlagen.“[2]
Enrique im Berichtsbrief des Maximilianus Transylvanus
Nach der Rückkehr der Victoria interviewte M. Transylvanus drei der Überlebenden, Juan Sebastián Elcano, Francisco Albo und Hernando de Bustamante, und stellte aus deren Aussagen eine kurze Zusammenfassung der Weltumsegelung zusammen, die er als Berichtsbrief an Matthäus Lang, den Erzbischof von Salzburg, sendete. Dieser Brief von 1522, der 1523 im Druck erschien, ist nach Pigafettas Augenzeugenbericht ein weiteres wichtiges Dokument der Weltumsegelung und bekräftigt Pigafettas Aussagen über Enrique.
Enrique stammte von der Insel Sumatra und sprach Malay.
M. Transylvanus schrieb: Magalhaes besaß einen Sklaven, der von dieser Inselwelt (östlich von Indien) stammte, und den er vor Jahren in Ostindien gekauft hatte. Dieser Sklave beherrschte die spanische Sprache vollkommen. Mit Hilfe eines Insulaners von Cebu, dem die Muttersprache dieses Sklaven (Enrique) bekannt war, regelte dieser den Verkehr mit den Eingeborenen.[3]
Hier beschreibt M. Transylvanus ganz eindeutig, dass Enrique die Sprache der Insulaner auf Cebu nicht beherrschte und eines Dolmetschers bedurfte (bei Pigafetta die Könige dieser Inseln, die mehrere Sprachen sprechen). Die Verständigung mit den Insulanern erfolgte also auf Bisayan-Malay-Spanisch.
Er begleitete die Reise bis zur Insel Cebu, wo er an einer Verschwörung beteiligt war, in deren Folge 24 Männer der Expedition, unter ihnen die meisten Anführer (Kapitäne, Navigatoren) von den Insulanern bei einem Festmahl ermordet wurden.
M. Transylvanus schrieb: Einige Tage später begab er (Enrique) sich zum König von Cebu und erzählte diesem, die Gier der Spanier nach Macht und Reichtümern sei unersättlich. Hätten sie doch sogar beschlossen, den König von Cebu nach der Unterwerfung des Königs von Mactan gefangenzunehmen und fortzuschleppen. Dagegen gäbe es kein anderes Mittel als Verrat. Er (der König von Cebu) schloss im geheimen mit den anderen Fürsten Frieden und beriet das Verderben unserer Leute. Während des Treffens wurden sie (die 24 zum Festmahl geladenen Männer) von Männern, die im Hinterhalt verborgen waren, jählings überfallen.[3]
Literatur
- Antonio Pigafetta: Mit Magellan um die Erde. Ein Augenzeugenbericht der ersten Weltumsegelung. Edition Erdmann, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-811-6.
- Hans Plischke: Fernao de Magalhaes, Die erste Weltumsegelung. Brockhaus 1922, S. 133–134
Einzelnachweise
- Compañía General de Tabacos de Filipinas (Hrsg.): Colección general de documentos relativos a las Islas Filipinas existentes en el Archivo General de las Indias de Sevilla. Band 2. Barcelona 1919, S. 318 (Magellan in seinem Testament über Enrique): „my esclavo cabtibo de color loro natural de la çibdad de malaca de hedad de veynte e seys años poco mas / o menos“
- Antonio Pigafetta: Mit Magellan um die Erde. Ein Augenzeugenbericht der ersten Weltumsegelung. Edition Erdmann, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-86539-811-6.
- Hans Plischke: Fernao de Magalhaes, Die erste Weltumsegelung. Brockhaus 1922, S. 133–134