Emil Sommer (General)
Emil Sommer, auch Emil Samuel von Sommer (* 19. November 1869 in Dorna-Watra, Bukowina; † 10. April 1947 in Danvers, Massachusetts, USA) war ein Offizier Österreich-Ungarns im Ersten Weltkrieg.
Leben
Nach dem Besuch des Gymnasiums absolvierte Emil Sommer die Infanterie-Kadettenschule in Budapest, die Korpsoffiziersschule in Hermannstadt, dann den Stabsoffizierskurs in Wien mit den dazugehörigen Prüfungen. Seit 1889 war er Berufsoffizier.
Im Ersten Weltkrieg war er Bataillonskommandeur an der russischen Front und wurde 1915 am Uszokerpass verwundet (Lungenschuss und Schlüsselbeinbruch). Er geriet in russische Gefangenschaft, konnte aber nach einem ersten erfolglosen Versuch (aus Sibirien, Festnahme in Kischinew) aus dem Lager Novo Nikolajewsk über Finnland in seine Heimat flüchten und wurde danach Oberstleutnant und sofort wieder auf den italienischen Kriegsschauplatz abkommandiert (Regimentskommandant bei der Piave-Offensive im Juni 1918). Im selben Jahr wurde er zum Oberst befördert.
1922 war er Leiter der militärischen Eroberung des Burgenlandes und wurde daraufhin Generalmajor. 1924 wurde er in den Ruhestand versetzt.
Sommer gründete 1932 den Bund jüdischer Frontsoldaten (BJF), spaltete sich 1934 von diesem ab und gründete die Legitimistischen jüdischen Frontkämpfer (LJF). Sommer konnte Otto von Habsburg dafür gewinnen, das Protektorat über den Verein zu übernehmen.[1]
Nachdem sein Schwiegersohn 1938 nach dem „Anschluss Österreichs“ von den Nationalsozialisten im KZ Buchenwald festgesetzt worden war, gelang es Emil Sommer, ihn zu befreien, indem er sich für ihn bei Walther von Brauchitsch, dem deutschen Generalfeldmarschall und Oberbefehlshaber des Heeres, einsetzte, der es Sommer gestattete, in Berlin in dieser Angelegenheit bei ihm persönlich vorzusprechen, wo Sommer zur Verwunderung der ganzen Umgebung in Ehren empfangen wurde, und von Brauchitsch schließlich die Freilassung versprach. Tatsächlich hielt sich von Brauchitsch dann auch an sein gegebenes Versprechen.[2]
Kurze Zeit vorher, wenige Tage nach dem „Anschluss“, hatte Emil Sommer in einer aufsehenerregenden Aktion die Nationalsozialisten blamiert, als sie ihn gemeinsam mit anderen Juden Wiens zwingen wollten, in erniedrigender Weise die Straßen zu säubern. Er fragte, ob er, bevor er seine Arbeit beginne, sich noch schnell umziehen dürfe und erschien dann, nachdem er die Erlaubnis erhalten hatte, in voller Generalsuniform mit allen Orden und Ehrenzeichen mit den Worten: „Bitte meine Herren, gehen wir!“ Daraufhin ließ man ihn beschämt seines Weges ziehen.[3][4]
Emil Sommer war verheiratet mit Anna Sommer, geborene Mittler (1887 Wien – 1970). Beide waren seit dem 12. September 1942 im Ghetto Theresienstadt interniert, wo sie als sogenannte prominente Häftlinge galten. Nach der Befreiung Theresienstadts durch die Rote Armee am 8. Mai 1945 konnten die Eheleute Sommer am 1. Juni 1945 in die amerikanische Zone von Wien zurückkehren. Sie hatten zwei Kinder: Erika Sommer (1909–1988) und Anton Sommer (1911–1992).
Emil Sommer wurde im Familiengrab in der Alten Jüdischen Abteilung des Wiener Zentralfriedhofs bestattet (Tor 1, Gruppe 20, Reihe 24, Nr. 214).
Kriegsauszeichnungen
- Orden der Eisernen Krone III. Klasse mit Schwertern und mit der Kriegsdekoration
- Österreichisches Militärverdienstkreuz mit Schwertern und mit der Kriegsdekoration
- Karl-Truppenkreuz
- Verwundetenmedaille
- Dienstzeichen für 40-jährige Offizierszeit
Literatur
- M. Senekowitsch: Sommer Emil. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 12, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3580-7, S. 412.
- Marthi Pritzker-Ehrlich und Andreas Pritzker: Gestörte Bürgerlichkeit. Zeugnisse einer jüdisch-christlichen Familie in Briefen, Dokumenten und Bildern. Munda, Brugg 2007, Band 1 (Zeitraum 1802–1937), ISBN 978-3-9523161-0-8; Band 2 (Zeitraum 1938–1948), ISBN 978-3-9523161-1-5.
Weblinks
- Sommer im Prominentenalbum des Ghettos Theresienstadt auf www.ghetto-theresienstadt.de
- „Der Feldmarschall hat zwei Kugeln bekommen“: Artikel von Arno Lustiger in Die Welt, 23. Januar 2010.
Einzelnachweise
- Marta S. Halpert: Mutig hinaus für Kaiser und Vaterland. In: Wina – Das jüdische Stadtmagazin. Juni 2014, abgerufen am 1. September 2018.
- Rudolf Steiner, George E. Berkley, Jews, Wellesley, Massachusetts, U.S.A.: Branden Pub Co, 1997, Seite 213
- Thomas Chaimowicz: „Lacht nicht, ich wasche Gottes Erde“. In: Thomas Chorherr (Hrsg.): 1938 – Anatomie eines Jahres. Ueberreuter, Wien 1987, ISBN 3-8000-3245-7, S. 293.
- Zeitungsmeldung des Jewish Chronicle vom 17. August 1945: „Jewish General Defied Nazis and Lived: Major-General Emil von Sommer, a famous Jewish Soldier who served the old Austro-Hungarian Empire, and who was believed to have been executed by the Nazis, has returnd to Vienna with his wife from Theresienstadt. General von Sommer, a few days after the Anschluss, on April [sic] 12, 1938, created a minor world sensation by his action when Nazi storm troopers called at his home and ordered him to report immediately for compulsory street cleaning. Asking permission to change his clothes, he appeared in a few minutes in full general's uniform, wearing all his medals. He then announced that he was ready to wield shovel an broom. The party of storm troopers, shamed and apparently unwilling to degrade the general's uniform, saluted and retired. Still vigorous, despite his 75 years, General von Sommer seems to have recovered from the effects of his confinement. He and his wife hope eventually to migrate to the United States to join their daughter.“