Emil Jakob Schindler
Emil Jakob Schindler (* 27. April 1842 in Wien; † 9. August 1892 in Westerland/Sylt) war ein österreichischer Landschaftsmaler.
Leben
Schindler entstammte einer Fabrikantenfamilie, die seit dem späten 17. Jahrhundert in Niederösterreich ansässig war. Er wurde als Sohn des Handlungsgesellschafters Jakob Schindler (1814–1846) und dessen Gattin Maria Penz (1816–1886) in der damaligen Wiener Vorstadt Leopoldstadt Nr. 11 (heute Obere Donaustraße 75) geboren.
Schindler sollte eigentlich eine militärische Laufbahn einschlagen, er entschied sich jedoch für die Bildende Kunst. 1860 trat er in die Wiener Akademie der bildenden Künste ein und wurde Schüler von Albert Zimmermann. Zimmermann schloss er sich jedoch nur hinsichtlich der Maltechnik an. Seine Vorbilder fand er bei den niederländischen Meistern, wie Meindert Hobbema und Jacob Izaaksoon van Ruisdael. Zu den engen Freunden Schindlers zählte der Wiener „Künstlerfürst“ Hans Makart, der Wien gegen Ende des 19. Jahrhunderts sehr prägte, bei dem er auch eine Zeit lang wohnen konnte. 1873 reiste Schindler nach Venedig, 1874 nach Dalmatien und 1875 nach Holland.
Am 4. Februar 1879 heiratete Schindler die Sängerin Anna Sofie Bergen (1857–1938), die zum Zeitpunkt der Hochzeit bereits im dritten Monat schwanger war. Die finanziellen Verhältnisse des Ehepaars waren sehr beengt; sie mussten sich ihre Wohnung mit einem Freund und Künstler-Kollegen von Schindler, Julius Victor Berger, teilen. Auch als die erste Tochter geboren wurde, die später unter dem Namen Alma Mahler-Werfel berühmt wurde, war es dem Ehepaar noch nicht möglich, diese beengten Wohnverhältnisse zu verlassen. Während einer krankheitsbedingten längeren Abwesenheit von Emil Jakob begann Anna Schindler ein Verhältnis mit Berger. Margarethe Julie Schindler, die am 16. August 1880 zur Welt kam, war vermutlich die Tochter von Berger.
Im Februar 1881 gewann Schindler den mit 1.500 Gulden dotierten Reichel-Künstlerpreis, was die finanzielle Notlage der Familie beendete und den Umzug in eine größere Wohnung ermöglichte. Dem Gewinn des Reichel-Künstlerpreises schlossen sich eine Reihe von Aufträgen und Bilderverkäufen an, was der Familie allmählich relativen Wohlstand ermöglichte. Seit 1885 verbrachte er den Sommer in Schloss Plankenberg bei Neulengbach. Hier entstand eine Künstlerkolonie, in der Schindler unterrichtete (u. a. Marie Egner). 1887 erhielt Schindler vom österreichischen Kronprinzen den Auftrag, Küstenorte in Dalmatien und Griechenland in Tuschezeichnungen oder Aquarellen festzuhalten. Es war Teil eines großen Projekts unter dem Namen „Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild“, die der Kronprinz herausgeben wollte. Die Reise im Auftrag des Kronprinzen führte dazu, dass man ihn zu den bedeutendsten Malern der k.u.k-Monarchie zählte. Er wurde mit zahlreichen Ehrungen gewürdigt. Bereits 1887 war er zum Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste in Wien ernannt worden. Im folgenden Jahr wurde ihm die Ehrenmitgliedschaft der Münchener Akademie angetragen. 1891 erhielt Schindler die Goldene Staatsmedaille.
Weniger glücklich war sein Privatleben. Seine Frau hatte zwar die Liaison mit Berger beendet. Sie hatte jedoch ein neues Liebesverhältnis mit Schindlers Schüler und Assistenten Carl Moll, das heimlich über mehrere Jahre bestand. Alma Mahler-Werfels Biograph Oliver Hilmes sieht die Ursache für die psychische Disposition der beiden Schindler-Töchter in diesem von Heimlichkeiten und Verleugnungen geprägten Familienleben.
Emil Jakob Schindler verstarb auf dem Höhepunkt seines Erfolges am 9. August 1892 an den Folgen einer verschleppten Blinddarmentzündung. Seine Witwe heiratete am 3. November 1895 Carl Moll (1861–1945). Schindler erhielt ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14 A, Nummer 51),[2] das vom Bildhauer Edmund Hellmer gestaltet wurde. Dieser schuf auch ein Marmor-Denkmal für Schindler (1895) im Wiener Stadtpark. Bereits 1894 war die Schindlergasse in Wien-Währing nach dem Künstler benannt worden.
Leistung
Schindler begann zunächst in der Art von Ferdinand Georg Waldmüller. Im Gegensatz zu den romantisierenden Tendenzen der zeitgenössischen Landschaftsmalerei strebte Schindler nach realistischer Darstellung. Seine poetische Veranlagung, welche ihn frühzeitig und ganz unabhängig von den in die gleiche Richtung strebenden französischen Malern auf die Stimmungslandschaft führte, offenbarte sich zuerst 1864 in einem Zyklus von Illustrationen zu dem von Zedlitzschen Idyll „Das Waldfräulein“. Für seine in Öl gemalten Landschaften wählte er die Motive zunächst mit besonderer Vorliebe aus dem Prater, später aus Mähren, Ungarn und Holland. Die Malweise Schindlers wird gemeinhin als Stimmungsimpressionismus bezeichnet.
Werke
- Boote an der Donau (St. Pölten, Museum Niederösterreich, Inv. Nr. 5525), um 1870–72, Öl auf Holz
- Donaudampfschiffe (St. Pölten, Museum Niederösterreich, Inv. Nr. 7517), 1871, Öl auf Holz, 21,2 × 33,9 cm
- Die Dampfschiffstation an der Donau gegenüber Kaisermühlen (Wien, Belvedere, Inv. Nr. 3338), um 1871–72, Öl auf Leinwand, 55 × 78,5 cm
- Holländische Landschaft – Gracht in Amsterdam (Graz, Neue Galerie Graz), um 1875–76, Öl auf Holz, 44,8 × 65,2 cm
- An der Thaya bei Lundenburg I (Wien, Belvedere, Inv. Nr. 4586), 1877, Öl auf Holz, 39,5 × 74 cm
- Brandung (Linz, Schlossmuseum, Inv. Nr. G 2022), 1879, Öl auf Leinwand, 127 × 159 cm
- Weißenkirchen (Linz, Schlossmuseum, Inv. Nr. Ka 124), um 1879, Öl auf Holz, 35 × 52 cm
- Blumengarten in Weißenkirchen (Linz, Schlossmuseum, Inv. Nr. G 2023), 1879, Öl auf Holz, 41,5 × 53 cm
- Hof eines Bauernhauses in Weißenkirchen (St. Pölten, Museum Niederösterreich, Inv. Nr. 7516), 1879, Öl auf Leinwand, 87 × 68,6 cm
- Weiher in Atzgersdorf (Wien Museum), 1880, Öl auf Leinwand, 56 × 42 cm
- Hackinger Au (Wien, Belvedere, Inv. Nr. 4012), 1880, Öl auf Leinwand, 90 × 68 cm
- Alter Hof in Weißenkirchen (St. Pölten, Museum Niederösterreich, Inv. Nr. 5717), um 1880, Öl auf Leinwand, 98 × 74 cm
- Buchenwald in Goisern (Wien Museum), 1884, Öl auf Leinwand, 43 × 56 cm
- Februarstimmung – Vorfrühling im Wienerwald (Wien, Belvedere, Inv. Nr. 5228), 1884, Öl auf Leinwand, 120 × 96 cm
- Parklandschaft in Plankenberg – Flieder (Wien, Belvedere, Inv. Nr. 3815), 1887, Öl auf Holz, 49,5 × 66 cm
- Brücke bei Goisern (Wien, Sammlung Eisenberger), 1887, Öl auf Leinwand, 98 × 84 cm
- Bosnische Flüchtlinge im Dom von Spalato – Episode aus dem Okkupationskrieg, um 1888, Öl auf Holz, 76 × 53 cm
- Hafen von Ragusa bei Abendstimmung im Dezember (Wien Museum), 1889, Öl auf Leinwand, 75 × 45 cm
- Waldweg bei Plankenberg im Herbst (St. Pölten, Museum Niederösterreich, Inv. Nr. 1162), um 1889–90, Öl auf Leinwand, 59,3 × 42,6 cm
- Küstenlandschaft aus Dalmatien (Wien, Belvedere, Inv. Nr. 5971), 1890, Öl auf Holz, 71 × 106 cm
- Adrialandschaft (Linz, Schlossmuseum, Inv. Nr. G 2024), 1890, Öl auf Holz, 58,5 × 86 cm
- Mühle in Plankenberg (Wien Museum), 1890, Öl auf Leinwand, 105 × 82 cm
- Pax – Der Friedhof von Gravosa bei Ragusa (Wien, Belvedere, Inv. Nr. 2548), 1891, Öl auf Leinwand, 207 × 271 cm
- Pappelallee nach dem Gewitter (St. Pölten, Museum Niederösterreich, Inv. Nr. 1218), 1892, Öl auf Leinwand
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Schindler, Emil. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 30. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1875, S. 8 f. (Digitalisat).
- Friedrich Pollak: Schindler, Emil Jakob. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 16 f.
- Plein-air: Emil Jakob Schindler. Ein Gedenkblatt anläßlich der Gedächtnisausstellung seiner Werke in der Galerie Miethke. In: Wiener Sonn- und Montags-Zeitung, Nr. 13/1912 (L. Jahrgang), 18. März 1912, S. 2 (unten) f. (online bei ANNO).
- Carl Moll: Emil Jakob Schindler 1842-1892. Eine Bildnisstudie. Österreichische Staatsdruckerei, Wien 1930, OBV.
- Gustav Künstler: Ein Wiener Maler: E. J. Schindler. Oesterreichische Galerie und Albertina. In: Neues Wiener Tagblatt, Nr. 134/1942 (LXXVI. Jahrgang), 16. Mai 1942, S. 3 unten (online bei ANNO).
- Heinrich Fuchs: Emil Jakob Schindler. Zeugnisse eines ungewöhnlichen Künstlerlebens. Werkkatalog. Selbstverlag, Wien 1970, OBV.
- Stefanie Knechtl: Schindler und Tina Blau. Beziehungen und Abhängigkeiten. Diplomarbeit. Hochschule für Angewandte Kunst, Wien 1989, OBV.
- Peter Weninger, Peter Müller: Die Schule von Plankenberg. Emil Jakob Schindler und der österreichische Stimmungsimpressionismus. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1991, ISBN 3-201-01537-7.
- G(erbert) Frodl: Schindler, Emil Jakob. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 10, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1994, ISBN 3-7001-2186-5, S. 148 f. (Direktlinks auf S. 148, S. 149).
- Bärbel Holaus: Studien zu Emil Jakob Schindler. Diplomarbeit. Universität Wien, Wien 1994, OBV.
- Elisabeth Edith Kamenicek: Emil Jakob Schindler (1842–1892). Sein schriftliches Werk im Kontext von Kunsthandel, Mäzenatentum und Kunstkritik seiner Zeit. 2 Bände. Dissertation. Universität Salzburg, Salzburg 2002, OBV.
- Mathias F. Müller: Emil Jakob Schindler und ein neues Ölgemälde mit den Wissower Klippen auf Rügen. In: Unsere Heimat. Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich. 79/3 (LXXIX. Jahrgang), St. Pölten 2008, OBV, S. 257–259.
- Agnes Husslein-Arco, Alexander Klee (Hrsg.): Emil Jakob Schindler – Poetischer Realismus. (Dieser Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung … von 27. September 2012 bis 13. Jänner 2013 im Belvedere, Wien). Hirmer, München 2012, ISBN 978-3-7774-2014-1.
Weblinks
- Literatur von und über Emil Jakob Schindler im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Eintrag zu Emil Jakob Schindler im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Werke von Emil Jakob Schindler in: Digitales Belvedere
- Emil Jakob Schindler in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
Einzelnachweise
- —n—: Schindler-Denkmal. In: Neue Freie Presse, Abendblatt, Nr. 11185/1895, 14. Oktober 1895, S. 4, oben links. (online bei ANNO).
- Hedwig Abraham (Red.): Emil Jakob Schindler. In: viennatouristguide.at, abgerufen am 9. November 2015.