Eismayer (Film)

Eismayer ist ein österreichischer Spielfilm von David Wagner aus dem Jahr 2022 mit Gerhard Liebmann, Luka Dimić und Julia Koschitz. Die Premiere des Filmdramas erfolgte am 4. September 2022 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele von Venedig 2022, wo der Film in der unabhängigen Filmreihe Settimana Internazionale della Critica/Venice International Critics’ Week als bester Spielfilm ausgezeichnet wurde.[3][4]

Handlung

Vizeleutnant Charles Eismayer ist Ausbilder beim österreichischen Bundesheer, unter den Rekruten hat er den Ruf, einer der härtesten Ausbilder zu sein. Allerdings hat er ein gut gehütetes Geheimnis: Er ist homosexuell. Seine Liebe zu Männern lebt er im Verborgenen aus, auch seine Frau Christina und sein Sohn dürfen nichts davon wissen.

Eines Tages wird ihm der Rekrut Mario Falak zugeteilt, der offen mit seiner Homosexualität umgeht und Eismayers Autorität die Stirn bietet. Aus der anfänglichen Faszination füreinander wird bald Liebe. Eismayer outet sich daraufhin vor seiner Frau, die sich von ihm trennt und mit dem Sohn aus der Wohnung auszieht. Mario zieht an deren Stelle zu ihm.

Nachdem Eismayer an Lungenkrebs erkrankt ist, kümmert sich Mario um ihn. Charles gelingt es mit Marios Hilfe, den Krebs zu besiegen, und er kann wieder den Dienst in der Kaserne aufnehmen. Aufgrund seiner angeschlagenen Gesundheit wird ihm die Position des Ausbilders entzogen. Vor den Kameraden hält er seine Beziehung mit Mario weiterhin geheim.

Als Mario das Versteckspiel satt hat, macht er Charles einen Antrag und will sich mit ihm öffentlich verpartnern. Der lehnt den Antrag allerdings aus Angst um seinen Ruf ab, Mario will das aber nicht akzeptieren.[5]

Produktion

Die Dreharbeiten fanden an 30 Drehtagen von August bis Dezember 2021 statt.[6] Gedreht wurde in Wien, Niederösterreich, der Steiermark und Salzburg.[5][6][7][8]

Unterstützt wurde die Produktion vom Österreichischen Filminstitut, vom Filmfonds Wien, von Filmstandort Austria (FISA), vom Land Niederösterreich und von Cine Art (Land Steiermark). Beteiligt waren der Österreichische Rundfunk, das ZDF und Arte. Produziert wurde der Film von der österreichischen Golden Girls Filmproduktion (Produzenten Arash T. Riahi und Sabine Gruber).[5]

Die Kamera führte Serafin Spitzer, die Montage verantwortete Stephan Bechinger und das Casting Nicole Schmied. Das Kostümbild gestaltete Monika Buttinger, das Szenenbild Galleguillos Thiare und Caric Raphael, den Ton Claus Benischke-Lang, Nora Czamler, Atanas Tcholakov und Manuel Meichsner und das Maskenbild Nora Conradi und Julika Leiendecker.[9][5][6][7]

Hintergrund

2014 stieß Regisseur und Drehbuchautor David Wagner (* 1982) in einer österreichischen Tageszeitung auf einen Artikel über Vizeleutnant Charles Eismayer, der sich in einen Rekruten verliebt hatte, als homosexuell outete und ihm in Galauniform auf dem Kasernenhof das Ja-Wort gab.[5][10][11]

Wagner studierte damals an der Hamburg Media School Regie und entwickelte für eine Studienaufgabe aus Eismayers Geschichte das Drehbuch. Das Drehbuch entstand im Rahmen der Drehbuchwerkstatt München-Steiermark Jahrgang 2018–2019. Im Zuge seiner Recherche lernte er Charles Eismayer und Mario Falak persönlich kennen und führte mit den beiden Interviews, ebenso wie mit anderen von Eismayer ausgebildeten Rekruten.[5][12]

„Full Metal Jacket auf schwul“ überschreibt Filmjournalist Dieter Oßwald seine Premieren-Kritik von Venedig und prognostiziert: „Es wäre kaum überraschend, wenn nach „Große Freiheit (2021)“ nun der „Eismayer“ von Österreich ins kommende Oscar-Rennen geschickt wird.“[13]

Veröffentlichung

Der Film wurde im Dezember 2021 in der Sektion Work in Progress für in Post-Produktion befindliche Projekte beim Les Arcs Film Festival vorgestellt.[14]

Die Premiere des Filmdramas erfolgte am 4. September 2022 im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele von Venedig 2022, wo der Film in die unabhängige Filmreihe Settimana Internazionale della Critica/Venice International Critics’ Week eingeladen wurde.[9][15][5]

In der Schweiz wurde der Film ab dem 27. September 2022 im Rahmen des Zurich Film Festivals vorgestellt, wo der Film in den Fokus-Wettbewerb eingeladen wurde.[16]

Am 23. und 24. Oktober 2022 wurde der Film auf der Viennale gezeigt.[17] Der österreichische Kinostart war am 28. Oktober 2022.[5] Am 1. Juni 2023 soll der Film in die deutschen Kinos kommen.[18]

Rezeption

Christoph Reiser meinte auf outnow.ch, dass der Film primär von der Performance seines Hauptdarstellers lebe, der sich in Hochform präsentiere. Eismayer habe aber auch viele witzige und erschreckende, fast brutale Momente. Und dennoch bleibe Platz für die Liebesgeschichte. Leider dauere der Film nur eineinhalb Stunden, unterhalte dafür in jeder der knapp 90 Minuten.[19]

Matthias Greuling befand in der Wiener Zeitung, dass Regisseur Wagner dank seiner hervorragenden Besetzung mit Gerhard Liebmann und Luka Dimić ein überaus stimmiges Porträt eines Mannes gelinge, der mit sich selbst hadert. Wagner setze die Geschichte der beiden mit viel Gefühl um und arbeite sehr anschaulich heraus, in welchem Dilemma Eismayer steckt. Zugleich sei der Film auch die Abrechnung mit einem antiquierten Männerbild.[20]

Dominik Kamalzadeh schrieb auf DerStandard.at, dass Liebmanns Darstellung, die zwischen machistischer Überzeichnung und jäh aufreißender Verletzlichkeit changiere, eine der großen Stärken des Films sei.[21] Etliche Leser der Zeitung kritisierten allerdings, dass der reale Eismayer Rekruten schlecht behandelt und mitunter sogar in den Selbstmord getrieben habe und daher kein filmisches Denkmal verdiene.[22]

Marian Wilhelm meinte in der Kleinen Zeitung, dass die zackige Soldaten-Welt der 1990er-Jahre geschickt als Kontrast zu den emotionalen inneren Kämpfen des Protagonisten fungiere, die sich nicht mit Härte lösen lassen. Die Darsteller, allen voran Gerhard Liebmann und Luka Dimić, überzeugten. Und auch die visuelle Umsetzung von Serafin Spitzer habe Kinoformat.[23]

Stefan Grissemann bezeichnete die Produktion im Nachrichtenmagazin profil als geradlinigen, ökonomisch inszenierten Film mit schnörkellosem visuellen Stil und trockenem Witz. Das bemerkenswerte Erstlingswerk von David Wagner setze anstatt auf Genreklischees auf Ambivalenz und Unberechenbarkeit und sei eindeutig kein Wiener Full Metal Jacket. Sexualitätspolitisch, ethisch und ästhetisch erscheine Wagners Film sehr zeitgemäß.[24]

Auszeichnungen und Nominierungen

Internationale Filmfestspiele von Venedig 2022

  • Auszeichnung als bester Spielfilm der Settimana Internazionale della Critica (David Wagner)[3][4]
  • Nominierung für den Queer Lion

Filmfestival Max Ophüls Preis 2023

  • Nominierung für den Wettbewerb Spielfilm[25]
  • Max Ophüls Preis: Preis der Filmkritik[26]
  • Publikumspreis[26]

Romyverleihung 2023

  • Nominierung in der Kategorie Beliebtester Schauspieler Film (Gerhard Liebmann)[27]
  • Nominierung in der Kategorie Bester Film Kino[28]
  • Auszeichnung in der Kategorie Beste Musik (Eva Klampfer)[29]

Thomas-Pluch-Drehbuchpreis 2023

  • Nominierung für den Hauptpreis und den Spezialpreis der Jury (David Wagner)

Diagonale 2023

  • Diagonale-Schauspielpreis (Gerhard Liebmann)[30]

Österreichischer Filmpreis 2023[31]

  • Nominierung in der Kategorie Bester Spielfilm (David Wagner, Arash T. Riahi, Sabine Gruber)
  • Auszeichnung in der Kategorie Bester männlicher Darsteller (Gerhard Liebmann)
  • Auszeichnung in der Kategorie Beste männliche Nebenrolle (Luka Dimić)
  • Auszeichnung in der Kategorie Bestes Drehbuch (David Wagner)
  • Auszeichnung in der Kategorie Beste Musik (Eva Klampfer)
  • Nominierung in der Kategorie Bester Schnitt (Stephan Bechinger)
  • Nominierung in der Kategorie Beste Tongestaltung (Claus Benischke-Lang, Nora Czamler, Atanas Tcholakov und Manuel Meichsner)

Der Papierene Gustl 2022

  • Auszeichnung als bester österreichischer Film[32]

Deutscher Schauspielpreis 2023

  • Auszeichnung in der Kategorie Dramatische Hauptrolle (Gerhard Liebmann)[33][34]

Filmfestival Kitzbühel 2023

  • Auszeichnung für die beste österreichische Regie (David Wagner)[35]

Günter-Rohrbach-Filmpreis 2023

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für Eismayer. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 238244).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. Alterskennzeichnung für Eismayer. Jugendmedien­kommission.
  3. „Eismayer“ in Venedig ausgezeichnet. In: ORF.at. 10. September 2022, abgerufen am 10. September 2022.
  4. Collateral awards of the 79th Venice Film Festival. In: labiennale.org. 10. September 2022, abgerufen am 10. September 2022 (englisch).
  5. Presseheft: Eismayer. In: Österreichisches Filminstitut. Abgerufen am 27. Juli 2022.
  6. Eismayer. In: Österreichisches Filminstitut. Abgerufen am 27. Juli 2022.
  7. Eismayer bei crew united, abgerufen am 27. Juli 2022.
  8. Lisa Trompisch: Eismayer: Die wahre Liebesgeschichte eines Ausbilders und seines Rekruten kommt ins Kino. In: Kurier.at. 3. Februar 2022, abgerufen am 27. Juli 2022.
  9. Eismayer. In: sicvenezia.it. Abgerufen am 27. Juli 2022 (englisch).
  10. Johanna Hager: Schwule Soldaten: Gehasst. Geliebt. Geheiratet. In: Kurier.at. Abgerufen am 26. Juli 2022.
  11. Lisa Trompisch: Der Film "Eismayer" kommt ins Kino: Wenn zwei Soldaten sich ineinander verlieben. In: Kurier.at. 28. August 2022, abgerufen am 28. August 2022. In einem Interview, das die Autorin des Kurier-Artikels 2022 mit Eismayer und seinem Partner geführt hat, sprechen die beiden über ihr Leben.
  12. Venedig 2022: Auszeichnung für Drehbuchwerkstatt! – Drehbuchwerkstatt München. Abgerufen am 27. September 2022 (deutsch).
  13. Dieter Oßwald: "Full Metal Jacket" auf schwul: "Eismayer" am Lido. Abgerufen am 5. September 2022 (deutsch).
  14. Les Arcs Film Festival: Work in Progress. In: lesarcs-filmfest.com. Abgerufen am 27. Juli 2022 (englisch).
  15. Ben Dalton: Venice Critics’ Week to open with drag queen drama ‘Three Nights A Week’, unveils full selection. In: screendaily.com. 25. Juli 2022, abgerufen am 27. Juli 2022 (englisch).
  16. Eismayer. In: zff.com. Abgerufen am 8. September 2022.
  17. Eismayer. In: viennale.at. Abgerufen am 11. Oktober 2022.
  18. Starttermine Deutschland. In: insidekino.com. Abgerufen am 17. Dezember 2022.
  19. Filmkritik: Abmarsch! In: outnow.ch. 6. Oktober 2022, abgerufen am 7. Oktober 2022.
  20. Matthias Greuling: "Eismayer": Harte Schale. In: Wiener Zeitung. 26. Oktober 2022, abgerufen am 27. Oktober 2022.
  21. Dominik Kamalzadeh: Coming-out-Film "Eismayer": Zerbrechen des Männlichkeitspanzers. In: DerStandard.at. 27. Oktober 2022, abgerufen am 28. Oktober 2022.
  22. Filmforum: Wie hat Ihnen "Eismayer" gefallen?, 21. November 2022.
  23. Marian Wilhelm: "Eismayer": Der Vizeleutnant outet sich. In: Kleine Zeitung. 26. Oktober 2022, abgerufen am 28. Oktober 2022.
  24. Stefan Grissemann: „Eismayer“ von David Wagner: Wehrpflicht. In: profil.at. 29. Oktober 2022, abgerufen am 29. Oktober 2022.
  25. Wettbewerb Spielfilm. In: ffmop.de. Abgerufen am 15. Dezember 2022.
  26. Ophüls Preis: Clara Sterns "Breaking the Ice" räumt ab. In: Salzburger Nachrichten/APA/dpa. 28. Januar 2023, abgerufen am 29. Januar 2023.
  27. ROMY 2023: Gerhard Liebmann, nominiert als Beliebtester Schauspieler Film. In: Kurier.at. 12. Februar 2023, abgerufen am 13. Februar 2023.
  28. Georg Leyrer: KURIER ROMY: Das sind die Nominierten für die Branchen-Preise 2023. In: Kurier.at. 30. Juli 2023, abgerufen am 31. Juli 2023.
  29. Georg Leyrer: Die Sieger der Branchen-ROMY: Ohne sie gäbe es weder Film noch Fernsehen. In: Kurier.at. 9. September 2023, abgerufen am 9. September 2023.
  30. Der Publikumspreis geht an Katharina Mücksteins "Feminism WTF". In: Kleine Zeitung. 26. März 2023, abgerufen am 26. März 2022.
  31. Österreichischer Filmpreis 2023: Alle Nominierungen im Überblick. In: VOL.at. 20. April 2023, abgerufen am 20. April 2023.
  32. Österreichs Filmkritiker: "Everything Everywhere" ist 2022 bester Film. In: film.at. 31. Mai 2023, abgerufen am 31. Mai 2023.
  33. Uwe Mantel: Die Nominierungen für den Deutschen Schauspielpreis 2023. In: dwdl.de. 21. Juni 2023, abgerufen am 21. Juni 2023.
  34. Deutscher Schauspielpreis für den Grazer Gerhard Liebmann in "Eismayer". In: DerStandard.at. 15. September 2023, abgerufen am 16. September 2023.
  35. Doku „Edelweiss“ beim Filmfestival Kitzbühel zu bester Produktion gewählt. In: Tiroler Tageszeitung/APA. 27. August 2023, abgerufen am 27. August 2023.
  36. Tobias Kessler: Diese acht Filme sind für den Neunkircher Günter Rohrbach Filmpreis nominiert. In: saarbruecker-zeitung.de. 11. September 2023, abgerufen am 11. September 2023.
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