Einfachheit
Einfachheit, auch Schlichtheit, ist ein Zustand, der sich dadurch auszeichnet, dass nur wenige Faktoren zu seinem Entstehen oder Bestehen beitragen, und dadurch, dass das Zusammenspiel dieser Faktoren durch nur wenige Regeln beschrieben werden kann. Damit ist Einfachheit das Gegenteil von Kompliziertheit. In der wissenschaftlichen Logik gilt das Prinzip, einen gegebenen Sachverhalt mit so wenigen Elementen wie möglich, somit unter möglichster Vermeidung unnötig komplexer Kausalketten zu erklären (Ockhams Rasiermesser). Andererseits kann Vereinfachung auch zu falschen Auffassungen von Sachverhalten führen, weshalb sie auch manipulativ oder zu Propagandazwecken eingesetzt werden können. Vereinfachung kann auch didaktische Gründe haben, um das Verständnis zu erleichtern.
Bewertung
Einfachheit kann sowohl positiv als auch negativ bewertet werden.
Einfachheit gilt als erstrebenswert, wenn mit wenigen Mitteln möglichst viel erreicht werden kann; siehe auch: Ökonomisches Prinzip. Dann ist sie ein Synonym für Minimalismus, Klarheit oder Simplizität (Weniger ist mehr). Antike Naturphilosophen forderten, dass eine wahre Theorie nicht nur schön (im Sinne einer logischen, in sich stimmigen Struktur) und gut (d. h. funktional und konkret umsetzbar) sein sollte, sondern auch einfach. Diese Ansicht vertrat auch Albert Einstein.
In der Musikästhetik der Vorklassik avancierte Einfachheit zum Kompositionsideal, das den überladenen barocken Stil ablöste. Die achttaktige Periode wurde zur Basiseinheit des kompositorischen Satzes. Auch im Liedschaffen wurde Einfachheit zum Ideal, das sich an einfach strukturierten Volksliedern orientierte. Die Neue Einfachheit ist ein vager Sammelbegriff für Kompositionen seit den späten 1970er Jahren, die sich nicht mehr an der artifiziellen Komplexität von Zwölftonmusik, Serialismus und Atonalität orientieren.
Gemälde der modernen Kunst zeichnen sich ebenso oft durch eine einfache Struktur aus. Hier gilt Einfachheit als ästhetisch (z. B. Komposition aus großen, einfarbigen Quadraten bei Mark Rothko).
Ferner streben viele moderne Menschen nach Einfachheit in der Lebensführung, also z. B. beim Essen oder im Urlaub als Kontrast zum oft als unübersichtlich komplex empfundenen modernen Alltags- und Berufsleben.
Andererseits gilt Einfachheit als schlecht, wenn in einem bestimmten Bereich Komplexität das Ideal ist. So mag ein einfacher Mensch von anderen als uninteressant oder sogar dumm empfunden werden.
In der Bildung gilt Einfachheit als notwendige Bedingung des Verständnisses, andererseits aber auch als Hindernis auf dem Weg zu einem angemessenen Verständnis.[1]
Siehe auch
Literatur
- Claudia Schmölders: Simplizität, Naivetät, Einfalt – Studien zur ästhetischen Terminologie in Frankreich und in Deutschland, 1674 - 1771. 1974, urn:nbn:de:kobv:11-100184000.
- Tyra Antonia Andersson: Einfachheit. In: Erbe und Auftrag 77 (2001), S. 506–512.
Weblinks
- Alan Baker: Simplicity. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
- Simon Fitzpatrick: Simplicity in the Philosophy of Science. In: J. Fieser, B. Dowden (Hrsg.): Internet Encyclopedia of Philosophy.
Einzelnachweise
- Leslie P. Steffe, Jerry Gale: Constructivism in Education. Routledge, 2012, ISBN 978-1-136-47608-2 (com.ph [abgerufen am 18. April 2019]).