Ehrenamtskarte

Die Ehrenamtskarte (auch Ehrenamtspass genannt) ist in Deutschland ein persönliches Dokument, das als Nachweis für besonderes ehrenamtliches Engagement dient. In ähnlicher, teils überlappender Bedeutung werden auch die Begriffe Freiwilligenpass, Freiwilligenausweis, Ehrenamtsnachweis und Ehrenamtsbescheinigung verwendet. Ein solches Dokument kann beispielsweise durch den Staat, durch Bundesländer, Kommunen oder Freiwilligenagenturen vergeben werden.

Brief mit Ehrenamtskarte vom Landkreis Göttingen, 2023

Je nach der Art der Umsetzung kann damit eine Dokumentation der Art und des Umfangs der Tätigkeit, der dafür erforderlichen Fähigkeiten und etwaiger Qualifizierungsmaßnahmen verknüpft sein. Eine Ehrenamtskarte oder ein Freiwilligenausweis kann zudem bestimmte Vergünstigungen mit sich bringen, beispielsweise Ermäßigungen bei Fahrkarten oder beim Zugang zu Museen oder anderen öffentlichen Einrichtungen[1] oder Vergünstigungen bei Kooperationspartnern, etwa bei Unternehmen, Einrichtungen und weiteren Unterstützern.

Unterscheidung Ehrenamtskarte und Freiwilligenpass

Gesamtstaatlich wird zwischen dem Freiwilligenpass und der Ehrenamtskarte unterschieden: in manchen Bundesländer wird einerseits ein Freiwilligenpass (auch: Ehrenamtsnachweis) über die jeweiligen Verbände oder Organisationen als Urkunde an freiwillig Tätige vergeben, während zugleich viele Kommunen zusätzlich eine landesweit gültige Ehrenamtskarte an diejenigen verleihen, die sich in überdurchschnittlichem Maße engagiert haben.

Zudem vergibt die private Initiative Arbeitsgemeinschaft Deutschland eine bundesweite Ehrenamtscard. Diese können alle mindestens 16-jährigen Ehrenamtlichen erhalten, die mindestens drei Stunden pro Woche ehrenamtlich tätig sind, sofern keine Aufwandsentschädigung außer einer Erstattung von Kosten gezahlt wird und die Tätigkeit in Zusammenarbeit mit einem Verein oder Verband ausgeübt wird.[2]

Allgemein gesprochen dient eine solche Karte der Anerkennung des bürgerschaftlichen Engagements.[3]

Ein wesentlicher Teil der Projektarbeit bei der Einführung einer Ehrenamtskarte ist die Gewinnung von Kooperationspartnern, die bereit sind, Karteninhabern Vergünstigungen zu gewähren (auch „Akzeptanzstellen“ genannt).[4]

Umsetzung in Bundesländern und Kommunen

Die meisten Bundesländer bieten einen förmlichen Nachweis ehrenamtlicher Tätigkeit: Baden-Württemberg den Qualipass, Bayern den Ehrenamtsnachweis, Brandenburg den FreiwilligenPass, Hamburg den Hamburger Nachweis, Hessen und Niedersachsen den Kompetenznachweis, NRW den Engagementnachweis, Rheinland-Pfalz den Engagement- und Kompetenznachweis, Sachsen-Anhalt den Nachweis über bürgerschaftliches Engagement, Thüringen das Ehrenamtszertifikat.[5]

Mehrere Bundesländer Deutschlands haben zudem eine jeweils landesweit gültige Ehrenamtskarte eingeführt,[3] so insbesondere Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.[6] Dabei werden die Landes-Initiativen zur Ehrenamtskarte jeweils regional umgesetzt.[7]

Brandenburg beispielsweise vergibt einen Freiwilligen-Pass, mit dem das freiwillige bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement und die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen dokumentiert werden können. Zudem verleiht es seit 2013[8] die Ehrenamtskarte des Landes als besondere Auszeichnung an Bürger, die sich in Brandenburg seit drei Jahren im Umfang von mindestens 240 Stunden jährlich, oder auch seit fünf Jahren im Umfang von mindestens 120 Stunden jährlich, ehrenamtlich engagieren.[9][10]

In Baden-Württemberg können Jugendliche ein Beiblatt zum Schulzeugnis erhalten; erwachsene Ehrenamtliche erhalten auf Wunsch einen sogenannten Qualipass, in dem sie alle Nachweise über ihre ehrenamtlichen Aktivitäten, Projekte, Initiativen, Fortbildungen und Praxiserfahrungen eintragen lassen können.[11][12]

In Bayern vergeben Organisationen, die durch einen von Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege Bayern initiierten Trägerkreis dazu autorisiert sind,[13] den „Ehrenamtsnachweis Bayern“ – eine Urkunde, in der der Zeiteinsatz, Tätigkeitsbereiche, Fähigkeiten und Fortbildungen dokumentiert sind.[12] Zudem wurde 2011 die Ehrenamtskarte eingeführt; diese wurde von den 71 Landkreisen und 25 kreisfreien Städten bisher (Stand: 2014) nur in 68 umgesetzt.[14] Zu den Gründen der Zurückhaltung zählt die Kritik, die Karte biete zu wenig tatsächlichen Nutzen, die Mindestjahresstundenzahl sei willkürlich gesetzt und schaffe eine Zwei-Klassen-Gesellschaft der Ehrenamtlichen, und der Verwaltungsaufwand für die Prüfung der Anträge koste die Kommunen mehr als die 5.000 Euro Anschubfinanzierung, die sie vom Land für die Umsetzung erhalten können.[14][15]

Die Bundesländer Bremen und Niedersachsen kooperieren, so dass ihre jeweilige Ehrenamtskarte in beiden Ländern Gültigkeit hat (siehe auch: Bremer Ehrenamtskarte und Niedersächsische Ehrenamtskarte).

In Nordrhein-Westfalen engagieren sich mehr als fünf Millionen Menschen ehrenamtlich, von denen 27.000 die Ehrenamtskarte haben. Im März 2015 stellte Ministerin Ute Schäfer die 2008 auf den Weg gebrachte App Ehrensache.NRW vor, mit der die mit der Ehrenamtskarte verbundenen Vergünstigungen mobil eingesehen werden können.[16][17]

In einigen Kommunen wird die Ehrenamtskarte zusätzlich ohne weitere Anspruchsprüfung an alle diejenigen verliehen, die eine Jugendleitercard (JuLeiCa) haben. Die JuLeiCa ist ein bundesweit einheitlicher Qualifizierungs- und Legitimationsausweis für mindestens 16-jährige, die ehrenamtlich für einen Träger der Jugendhilfe tätig sind und sich – in der Regel durch die Absolvierung eines Gruppenleiter-Grundkurses und eines Erste-Hilfe-Kurses – für die Aufgabe als Jugendleiter qualifiziert haben. Sie dient zugleich, wie auch die Ehrenamtskarte, der Anerkennung des ehrenamtlichen Engagements und dem Zugang zu bestimmten Vergünstigungen.[18]

Zudem wird die Ehrenamtskarte vereinzelt ohne weitere Anspruchsprüfung auch an Mitglieder von Rettungsdiensten und Freiwilligen Feuerwehren verliehen.[14]

Ähnliche Initiativen in anderen Ländern

Österreich

Der Österreichische Freiwilligenpass erlaubt, jede im Rahmen von gemeinnützigen Organisationen, Vereinen, Initiativen, Selbsthilfegruppen oder Institutionen in Österreich geleistete Freiwilligenarbeit in Form eines Freiwilligennachweises zu dokumentieren, ebenso wie die Fähigkeiten, die der Freiwillige für seinen Einsatz benötigt.[19]

Schweiz

Im Jahr der Freiwilligen 2001 wurde der Schweizerische Sozialzeit-Ausweis als Instrument zur Anerkennung und Förderung von Freiwilligenarbeit in der Schweiz geschaffen. Er hat die Form einer persönlichen Arbeitsmappe und dient dazu, Erfahrungen und Kompetenzen, die bei freiwilligem Einsatz erworben werden, zur Geltung zu bringen.[20]

Europaweite Initiative

Im Rahmen des Europäischen Jahrs der Freiwilligentätigkeit 2011 regte Martin Kastler, der damals Europaparlamentarier war, die Einführung eines europäischen „Ehrenamts-Pass“ an. Dieser sollte als Nachweis für Freiwilligentätigkeit und dabei erworbene Kompetenzen dienen, in Analogie zum bestehenden EuroPass für Auszubildende.[21]

Einzelnachweise

  1. Der Bundesfreiwilligendienst – Oft gestellte Fragen. Frage: „Welche Leistungen erhalte ich im Freiwilligendienst?“ / Abschnitt „Freiwilligenausweis“. Abgerufen am 7. April 2015.
  2. AGD Ehrenamtscard: Informationen zur Ehrenamtscard. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. April 2015; abgerufen am 7. April 2015.
  3. Nationaler Aktionsplan zur Umsetzung des Zweiten UN-Weltaltenplans, Madrid 2002 und der UNECE-Regionalen Implementierungsstrategie, Berlin, 2002. Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, abgerufen am 21. März 2024. S. 39.
  4. Martina Wegner (mit Sarah Baumann, Ewgenia Boger, Karola Schober und Annabel Zettl): Studie zur Umsetzung und Nutzung der Bayerischen Ehrenamtskarte. Evaluationsergebnisse. Februar 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. September 2015; abgerufen am 8. April 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stmas.bayern.de Abschnitt „4.3. Akzeptanzstellen/Kooperationspartner“, S. 12–18; Abschnitt „5. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen aus der qualitativen Befragung“, S. 34–35.
  5. Bürgerschaftliches Engagement in Bibliotheken. Ein Handbuch für das Ehrenamts-Management. Stand: Mai 2011. Abschnitt „8. Motivation und Anerkennung“. Deutscher Bibliotheksverband e.V., archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 23. September 2015; abgerufen am 8. April 2014.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bibliotheksverband.de
  6. Ehrenamtskarte bietet Ehrenamtlichen Rabatte und andere Vergünstigungen. 3. Juni 2014, abgerufen am 7. April 2015.
  7. Claudia Pinl: Ehrenamt: Neue Erfüllung - Neue Karriere. Wie sich Beruf und Öffentliches Ehrenamt verbinden lassen; Möglichkeiten, Wege, Perspektiven, Walhalla Fachverlag, 2010, ISBN 978-3-8029-2517-7. S. 162.
  8. Eckpunkte für die Ehrenamtskarte des Landes Brandenburg. Wertige Anerkennung intensiver Engagement- und Freiwilligentätigkeiten durch Unternehmen, Geschäfte und Institutionen im Land Brandenburg. 7. Mai 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. September 2015; abgerufen am 7. April 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stk.brandenburg.de
  9. FreiwilligenPass des Landes Brandenburg. Staatskanzlei Brandenburg, abgerufen am 7. April 2015.
  10. Ehrenamtskarte des Landes Brandenburg. Staatskanzlei Brandenburg, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Mai 2015; abgerufen am 7. April 2015.
  11. Anerkennung des Ehrenamtlichen Engagements - Möglichkeiten in Baden-Württemberg. In: Landesportal Ehrenamt, Baden-Württemberg. Abgerufen am 7. April 2015.
  12. Der Ehrenamtsnachweis Bayern. In: Website „Ehrenamtsnachweis Bayern“. Abgerufen am 8. April 2015.
  13. Der Trägerkreis. In: Website „Ehrenamtsnachweis Bayern“. Abgerufen am 8. April 2015.
  14. Ulrike Osman: Für mehr Anerkennung. In: Kreisbote. merkur-online.de, 9. Oktober 2014, abgerufen am 8. April 2015.
  15. Ehrenamtskarte wird abgelehnt. Kritik an willkürlicher Festlegung der Voraussetzung für Erwerb der Karte. Augsburger Allgemeine, 19. Januar 2012, abgerufen am 8. April 2015.
  16. Ministerin Schäfer stellt App zur Ehrenamtskarte NRW vor. Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen (MFKJKS NRW), 9. März 2015, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 26. März 2015; abgerufen am 8. April 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mfkjks.nrw.de
  17. Die App zur Ehrenamtskarte NRW. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 20. April 2015; abgerufen am 8. April 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.ehrensache.nrw.de
  18. FAQs. In: www.juleica.de. Abgerufen am 7. April 2015.
  19. Freiwilligenarbeit in Österreich. In: www.freiwilligenarbeit.de. Abgerufen am 7. April 2015.
  20. Freiwilligenarbeit in der Schweiz. In: www.freiwilligenarbeit.de. Abgerufen am 7. April 2015.
  21. Parlamentarische Anfragen. Betrifft: Europäisches Jahr für Freiwilligentätigkeit — Ehrenamtsausweis. Europaparlament, abgerufen am 7. April 2015.
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