Eduard Müller (Märtyrer)
Eduard Müller (* 20. August 1911 in Neumünster, Schleswig-Holstein; † 10. November 1943 in Hamburg) war ein deutscher römisch-katholischer Priester. Er wurde als einer der Lübecker Märtyrer hingerichtet. 2011 wurde er seliggesprochen.
Leben und Wirken
Eduard Müller stammte aus einer Familie mit sieben Kindern. Der Vater hatte die Familie früh verlassen; die Mutter versuchte, die Familie mit Gelegenheitsarbeiten zu ernähren. Eduard machte eine Tischlerlehre. Daneben war er in der katholischen Jugendbewegung aktiv. Sein Wunsch, Priester zu werden, wurde vom Neumünsteraner Kaplan Bernhard Schräder unterstützt; Schräder ermöglichte die Schulbildung Müllers, indem er Geldgeber organisierte. Auf sein Abitur bereitete sich Müller von 1931 bis 1935 im Spätberufenenseminar Clementinum vor. Nach dem Abitur studierte er in Münster Theologie. Sein Studium schloss er am 25. Juli 1940 ab.
Müller war auch Mitglied des Unitas-Verbands.[1]
Priesterweihe und Adjunkt
1940 empfing Eduard Müller die Priesterweihe. Am 27. August 1940 wurde er als Adjunkt an der Herz-Jesu Kirche in der Lübecker Innenstadt tätig. Sein Einsatzschwerpunkt war die Jugendseelsorge für Jugendliche ab 10 Jahre. Er war bei den Jugendlichen beliebt; das Angebot der Hitlerjugend, bei ihr mitzuarbeiten, schlug er jedoch aus. Der ehemalige Kohlenkeller unter der Herz-Jesu-Kirche wurde 1941 unter seiner Anleitung ausgebaut zum Jugendraum. Dieser ist heute Krypta und Gedenkraum. Weiter betreute er in der Straße Parade den Gesellenkreis mit jüngeren und älteren Männern.[2] Müller war eher unpolitisch; über die Unvereinbarkeit von Nationalsozialismus und Christentum war er sich dennoch im Klaren.
Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Müller und seine Mitbrüder Johannes Prassek und Hermann Lange sowie der evangelisch-lutherische Pastor Karl Friedrich Stellbrink hörten den deutschsprachigen Dienst des englischen Rundfunks, was seit 1939 vom NS-Regime durch gesetzliche Maßnahmen wie die Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen unter Strafe gestellt war. Müller beteiligte sich auch an der Vervielfältigung und Verteilung von Predigten des Bischofs Clemens August Graf von Galen, der von 1933 bis 1946 Bischof von Münster war und sich gegen die Tötung sogenannten „lebensunwertes Lebens“ durch die Nationalsozialisten wandte. Zudem liefen bei Gruppenabenden in der Herz-Jesu-Kirche offene Diskussionen über die Sinnlosigkeit des Krieges.
Hinrichtung
Nachdem am 7. April 1942 zunächst der evangelische Pastor Karl Friedrich Stellbrink festgenommen wurde, wurden in den nächsten Wochen auch die drei katholischen Geistlichen Eduard Müller, Johannes Prassek und Hermann Lange verhaftet sowie 18 Laien. Müller wurde am 22. Juni 1942 verhaftet. Die vier Geistlichen wurden etwa ein Jahr später, im Juni 1943, vom 2. Senat des Volksgerichtshofes, der aus Berlin angereist kam, wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung“, „Wehrkraftzersetzung“, „Vergehen gegen das Rundfunkgesetz“ und das „Heimtückegesetz“ zum Tode verurteilt; die mitangeklagten Laien erhielten Zuchthausstrafen. Eduard Müller schrieb nach der Urteilsverkündigung folgende Worte: „So habe ich die Erwartung und Hoffnung, dass ich in keinem Stück werde zuschanden werden, sondern dass in allem Freimut, wie immer, auch jetzt Christus an meinem Leibe verherrlicht werde, sei es durch Leben, sei es durch Tod. Denn für mich ist das Leben Christus und das Sterben Gewinn.“[3]
Das Todesurteil wurde am 10. November 1943 im Gefängnis Holstenglacis in Hamburg (heute Untersuchungshaftanstalt Hamburg) durch Scharfrichter Friedrich Hehr[4] mit dem Fallbeil vollstreckt.
Gedenken
2003 wurde ein Verfahren zur Seligsprechung der Lübecker Märtyrer, darunter Eduard Müller, eingeleitet. Am 1. Juli 2010 gab das vatikanische Pressebüro bekannt, dass Papst Benedikt XVI. den Präfekten der Kongregation für Heiligsprechungen autorisiert habe, ein entsprechendes Dekret „in Geltung zu setzen“ und das Seligsprechungsverfahren abgeschlossen sei.[5] Die Seligsprechung Müllers und der beiden weiteren katholischen Geistlichen fand am 25. Juni 2011 vor der Herz-Jesu-Kirche in Lübeck statt. Dabei wurde auch des Protestanten Stellbrink gedacht.[6][7]
Literatur
- Martin Thoemmes: Eduard Müller. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Neumünster 2000, S. 272–273.
- Peter Voswinckel: Geführte Wege: Die Lübecker Märtyrer in Wort und Bild. Kevelaer 2010, ISBN 978-3-7666-1391-2.
- Martin Thoemmes: „Sag niemals drei, sag immer vier“. Das Gedenken an die Lübecker Märtyrer von 1943 bis heute. Ansgar, Hamburg 2012, ISBN 978-3-932379-93-2.
- Ann-Helena Schlüter: ''Frei wie die Vögel: Die Helden von Lübeck – Eine Erzählung gegen das Vergessen'', SCM Hänssler Verlag (23. August 2018), ISBN 3-7751-5865-0, ISBN 978-3-7751-5865-7
- Martin Thoemmes, Art.: Seliger Adjunkt Eduard Müller, in: Helmut Moll (Hrsg. im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz), Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, Paderborn u. a. 1999, 8. erweiterte und aktualisierte Auflage 2024, Bd. I, S. 324–327.
Weblinks
- Kurzbiografie der Gedenkstätte Deutscher Widerstand
- Porträt mit Vita beim Erzbistum Hamburg
- Joachim Schäfer: Eduard Müller im Ökumenischen Heiligenlexikon, zuletzt aktualisiert am 30. August 2015
Einzelnachweise
- Christof Beckmann, Wir sind Brüder in Unitas, Ausgabe 4/2023, S. 22ff.
- Brigitte Templin und Ingaburgh Klatt: „Lösch mir die Augen aus ...“ – Leben und gewaltsames Sterben der vier Lübecker Geistlichen in der Zeit des Nationalsozialismus. Sonderdruck: Herausgeber Burgkloster zu Lübeck/Amt für Kultur der Hansestadt Lübeck, Lübeck 1994, S. 37–40.
- Zitat in dieser Form beim Weblink Erzbistum Hamburg.
- Ökumenischer Widerstand endete unter dem Fallbeil auf www.evangelisch.de
- Presseamt des Heiligen Stuhls, Bulletin Nr. 436/2010 vom 1. Juli 2010 (italienisch)
- Neue Kirchenzeitung vom 19. September 2010 (38), Hamburg
- Tausende bei Seligsprechung von Nazi-Widerständlern in Lübeck (Memento vom 17. Juli 2011 im Internet Archive) In: Lübecker Nachrichten online vom 25. Juni 2011