Di-tert-butyldicarbonat

Di-tert-butyldicarbonat [im Labor umgangssprachlich auch Boc-Anhydrid (Boc2O) oder Diboc genannt] ist eine flüssige, chemische Verbindung, die strukturell sowohl zu den Estern als auch zu den Säureanhydriden gerechnet werden kann.

Strukturformel
Struktur von Di-tert-butyldicarbonat
Allgemeines
Name Di-tert-butyldicarbonat
Andere Namen
  • Bis(2-methyl-2-propanyl)dicarbonat (IUPAC)
  • Boc-Anhydrid
  • Diboc
  • Boc2O
  • Di-tert-butylpyrocarbonat
  • Pyrokohlensäuredi-tert-butylester
Summenformel C10H18O5
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff oder Flüssigkeit[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 24424-99-5
EG-Nummer 246-240-1
ECHA-InfoCard 100.042.021
PubChem 90495
ChemSpider 81704
Wikidata Q175718
Eigenschaften
Molare Masse 218,25 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,02 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

20–23 °C[1]

Siedepunkt

56–57 °C (0,7 hPa)[1]

Löslichkeit

nahezu unlöslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 226330315317318335
P: 210260280304+340+310305+351+338+310370+378[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Verwendung

Die hauptsächliche Verwendung von Di-tert-butyldicarbonat ist die Einführung der tert-Butyloxycarbonyl-Gruppe (Boc-Gruppe), einer der am häufigsten eingesetzten Schutzgruppen in der organischen Chemie. Es ist die meistgenutzte Chemikalie zum Schutz von Aminofunktionen bei chemischen Reaktionen, besonders in der Peptid- und Glycopeptidchemie.

Außerdem können mit Di-tert-butyldicarbonat primäre aliphatische und aromatische Amine, bei Anwesenheit katalytischer Mengen von 4-(Dimethylamino)pyridin (DMAP), in die entsprechenden Isocyanate überführt werden.[3]

Herstellung

Di-tert-butyldicarbonat wird weltweit nach zwei Verfahren hergestellt: Einerseits durch Umsetzung von Natrium- oder Kalium-tert-butylat mit Phosgen oder Phosgenderivaten und andererseits die katalytische Reaktion von Natrium-tert-butylat mit Kohlendioxid. Die Darstellung aus Kalium-tert-butanolat und Phosgen verläuft nach folgendem Schema:[4]

Synthese von Boc-Anhydride

Spaltung

Die Boc-Schutzgruppe kann – im Gegensatz zur Cbz-Schutzgruppe – bereits mittels verdünnter wässriger Säure (≈3 M HCl) via E1-Schritt abgespalten werden. Die Spaltungsprodukte sind CO2 und Isobuten, beide sind flüchtig und kontaminieren so das entschützte Amin nicht. Boc ist außerordentlich stabil gegenüber Basen, sogar gegenüber OH, da die Carbonylgruppe sterisch gehindert ist.[5]

Der Mechanismus der Spaltung:

Abspaltungsmechanismus der Boc-Schutzgruppe

Gefahren

Di-tert-butyldicarbonat ist beim Einatmen sehr giftig. Die LC50 bei Ratten ist 0,1 mg/L bei 4 h.[6]

Einzelnachweise

  1. Datenblatt Di-tert-butyldicarbonat bei Merck, abgerufen am 19. Januar 2011.
  2. Eintrag zu Di-tert-butyldicarbonat in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2018. (JavaScript erforderlich)
  3. Hans-Joachim Knölker, Tobias Braxmeier, Georg Schlechtingen: A Novel Method for the Synthesis of Isocyanates Under Mild Conditions. In: Angewandte Chemie International Edition in English. 34, 1995, S. 2497–2500, doi:10.1002/anie.199524971.
  4. Barry M. Pope, Yutaka Yamamoto, and D. Stanley Tarbell: Dicarbonic acid, bis(1,1-dimethylethyl) ester In: Organic Syntheses. 57, 1977, S. 45, doi:10.15227/orgsyn.057.0045; Coll. Vol. 6, 1988, S. 418 (PDF).
  5. Jonathan Clayden, Nick Greeves, Stuart Warren: Organic Chemistry. Oxford University Press; 2. Auflage, 2012, S. 558.
  6. Sigma Aldrich: Sigma Aldrich SDS. Abgerufen am 17. Dezember 2020.
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