Derviş Hızarcı
Derviş Hızarcı (* 1983 in Berlin) ist ein deutscher Experte zu den Themen Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung. Von August 2019 bis September 2020 war er der Antidiskriminierungsbeauftragte der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie.[1]
Leben
Derviş Hızarcı wuchs in Berlin-Neukölln auf, als Sohn einer türkischen Gastarbeiterfamilie, die 1969 aus Yozgat nach Berlin einwanderte. Er hat zwei Geschwister; sein älterer Bruder Abdullah-Akin Hızarcı ist seit 2015 Vorstandsmitglied[2] der Rechtsanwaltskammer Berlin. Nach seinem Lehramtsstudium in Berlin und Magdeburg und seinem Referendariat in Berlin-Lichtenberg wurde er Lehrer an der Carl-Von-Ossietzky-Gemeinschaftsschule in Berlin-Kreuzberg. Von 2011 bis 2015 war er Aufsichtsratsvorsitzender der Türkischen Gemeinde Berlin, wo er den Dialog mit der Jüdischen Gemeinde Berlin und der damaligen Vorsitzenden Lala Süsskind und später Gideon Joffe förderte. Von 2008 bis 2011 war er Mitarbeiter der Bildungsabteilung im Jüdischen Museum Berlin. Durch seine Arbeit dort entwickelte er ein breites Wissen zu Deutsch-Jüdischer Geschichte und zum Judentum. 2011 lernte er den Verein Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) kennen und leitet diesen als Vorstandsvorsitzender[3] seit 2015. In seiner Amtszeit wuchs der Verein von einer kleinen Nachbarschaftsinitiative zu einer national und international angesehenen Institution im Kampf gegen den Antisemitismus. Neben dem Anne Frank Zentrum und dem Kompetenzzentrum der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland ist die KIgA ein zentraler Akteur im Bereich der politischen Bildung in Deutschland.
Von 2013 bis 2016 war er Co-Koordinator des dort durchgeführten Turkish-Jewish Roundtable und Mitglied der Taskforce Antisemitismus des AJC Berlin. Von 2017 bis 2018 war Hızarcı Mitglied des Arbeitskreises gegen Antisemitismus der Berliner Staatssekretärin für bürgerschaftliches Engagement, Sawsan Chebli, zusammen mit Deidre Berger (damals Vorsitzende American Jewish Committee Berlin), Sigmount Königsberg (Antisemitismusbeauftragter der Jüdischen Gemeinde zu Berlin) und dem Grünen-Politiker Sergey Lagodinsky. Zudem war Hızarcı Mitglied einer internationalen Expertengruppe zu Antisemitismus der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Dabei wirkte er maßgeblich an der Entwicklung eines Leitfadens[4] für politische Entscheidungsträgerinnen zu Bildungsarbeit gegen Antisemitismus mit.
Im Jahr 2014 gründete Hızarcı mit Chaban Salih und Hakan Tosuner, dem Geschäftsführer des Avicenna-Studienwerkes, die gemeinnützige Gesellschaft empati. Diese ist vor allem bekannt durch die Durchführung des jährlichen Wettbewerbs zum Klassensprecher des Jahres in Berlin. Auch interreligiöser Dialog ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit bei empati: 2015 führte er einen Pilotdurchlauf des Projektes DialoWG durch, in dem Muslime und Juden gemeinsam in einer Wohngemeinschaft leben. Die empati führte auch Studien[5] für das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat durch, die in den 2. Antisemitismusbericht des Deutschen Bundestages einflossen.
Zur Feier des 25-jährigen Bestehens des United States Holocaust Memorial Museum in Washington, D.C. war Hızarcı als Ehrengast geladen.
Immer wieder nimmt Hızarcı in tagespolitischen Medien Stellung über Interviews und Beiträge, so in der Jüdischen Allgemeinen, der taz, Neues Deutschland, dem Tagesspiegel, der Süddeutschen Zeitung und anderen.
Von August 2019 bis September 2020 war Hızarcı der Antidiskriminierungsbeauftragte der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Von September 2020 bis Februar 2022 war er Programmdirektor der Alfred Landecker Foundation im Bereich Demokratieförderung, Minderheitenschutz und Antisemitismusbekämpfung.[6] Seit Juli 2019 sitzt Hızarcı im Beratungskreis des Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein.[7] Seit 2018 ist Hızarcı außerdem Vorstandsmitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft religiös begründeter Extremismus (BAG RelEx e. V.). 2020 wurde er Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen im Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf.
2021 wurde Hızarcı von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Tag des Ehrenamtes die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland für Engagement in der Einwanderungsgesellschaft verliehen.[8]
Medienbeiträge, Texte und Interviews
- Tief in den Köpfen[9] im SPIEGEL am 24. Mai 2021
- Hassparolen am Arbeitsplatz, auf der Straße, an der Schule –Was können wir dagegen tun?[10] im SPIEGEL am 21. Mai 2021
- Erinnerungskultur im 21. Jahrhundert – „Auschwitz geht alle etwas an“[11] im Tagesspiegel am 27. Januar 2021
- »Du Jude« – Belastungsprobe Schule[12] in der Jüdischen Allgemeinen am 1. Oktober 2020
- Berlins Antidiskriminierungsbeauftragter geht – „Ich wünsche meiner Nachfolge Unbeugsamkeit“[13] im Tagesspiegel am 20. September 2020
- Streit um ein Stück Stoff – Wir brauchen ein wertschätzendes Verhältnis von Religionen[14] im Tagesspiegel am 29. August 2020
- Antisemitismus und Muslime – Ein Drahtseilakt zwischen rassistischer Zuschreibung und falscher Toleranz in Streitfall Antisemitismus – Anspruch auf Deutungsmacht und politische Interessen von Wolfgang Benz, Metropol Verlag[15]
- Hizarci: „Diskriminierung ist ein Problem der Lehrkräfte“[16], am 8. Februar 2020 bei der Berliner Morgenpost
- Gegen Diskriminierung an Berliner Schulen – "Lehrkräfte sind meine wichtigsten Verbündeten"[17], am 6. Dezember 2019 im Tagesspiegel
- Voller Einsatz für Toleranz[18], am 18. November 2019 im Neues Deutschland
- Lautstark für Vielfalt und Toleranz[19], am 11. Juli 2019 im Neues Deutschland
- Neuer Beauftragter für Diskriminierung – "Wir haben im Allgemeinen ein Diskriminerungsproblem"[20], am 10. Juli 2019 im Tagesspiegel
- Über deutsche Geschichte und Sufismus – "Mehrdeutigkeiten zuzulassen"[21], am 30. Juni 2019 in der taz
- Keiner sollte sich mit einer Kippa in Gefahr bringen[22], am 20. Februar 2019 in der WELT
- Türkischer Muslim kämpft gegen Judenhass: Dervis Hizarci auf dem Fußballfeld und im Konferenzsaal[23], am 28. Januar 2019 beim SWR
- Wir haben ein Antisemitismusproblem[24], am 13. Dezember 2018 im Neues Deutschland
- Vom guten Zusammenleben[25], am 5. Dezember 2018 in der Süddeutschen Zeitung
- Aufstehen gegen den Hass – Warum die muslimische Gesellschaft sich gegen Judenhass engagieren sollte[26], am 22. November 2018 bei der Jüdischen Allgemeinen
- Europe's Jews must reject far right "friends"[27], am 29. März 2018 in den Blogs der Times of Israel
- Religiöses Mobbing – "Was hast du gerade gesagt?"[28], am 28. März 2018 in der Süddeutschen Zeitung
Weblinks
Einzelnachweise
- Scheeres verliert ihren Antidiskriminierungsbeauftragten. Abgerufen am 9. September 2020.
- Abdullah-Akin Hızarcı. Abgerufen am 11. Juli 2019.
- KIGA – Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus – Impressum. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2019; abgerufen am 11. Juli 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- UNESCO, BDMIR, OSZE (Hrsg.): Mit Bildungsarbeit gegen Antisemitismus – Ein Leitfaden für politische Entscheidungsträger/-innen. 2018, ISBN 978-92-3000070-7, S. 107.
- adminempatie: Projekte. In: empati. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2019; abgerufen am 11. Juli 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- The Alfred Landecker Foundation. Abgerufen am 9. September 2020 (amerikanisches Englisch).
- Wichtiger Schritt im Kampf gegen Antisemitismus. Abgerufen am 17. Februar 2020.
- Ordensverleihung zum Tag des Ehrenamtes auf der Website des Bundespräsidenten, abgerufen am 3. Dezember 2021.
- Tobias Rapp, DER SPIEGEL: Tief in den Köpfen. Abgerufen am 25. Mai 2021.
- Wolf Wiedmann-Schmidt, Hannes Schrader, Tobias Rapp, Roman Lehberger, Annette Großbongardt, Katrin Elger, DER SPIEGEL: Antisemitismus in Deutschland: Was können wir dagegen tun? Abgerufen am 23. Mai 2021.
- „Auschwitz geht alle etwas an“. Abgerufen am 22. April 2021.
- Dervis Hizarci: »Du Jude« – Belastungsprobe Schule. 1. Oktober 2020, abgerufen am 22. April 2021.
- „Ich wünsche meiner Nachfolge Unbeugsamkeit“. (tagesspiegel.de [abgerufen am 22. April 2021]).
- Wir brauchen ein wertschätzendes Verständnis von Religionen. Abgerufen am 2. September 2020.
- Benz, Wolfgang 1941-: Streitfall Antisemitismus Anspruch auf Deutungsmacht und politische Interessen. Berlin, ISBN 978-3-86331-532-0.
- Susanne Leinemann: Dervis Hizarci über Schulen in Berlin: „Diskriminierung ist ein Problem der Lehrkräfte“. 8. Februar 2020, abgerufen am 17. Februar 2020.
- „Lehrkräfte sind meine wichtigsten Verbündeten“. Abgerufen am 17. Februar 2020.
- Jérôme Lombard: Voller Einsatz für Toleranz (neues deutschland). Abgerufen am 18. November 2019.
- Jérôme Lombard: Lautstark für Vielfalt und Toleranz (neues deutschland). Abgerufen am 11. Juli 2019.
- "Wir haben im Allgemeinen ein Diskriminierungsproblem". Abgerufen am 11. Juli 2019.
- Alke Wierth: Über deutsche Geschichte und Sufismus: „Mehrdeutigkeiten zuzulassen“. In: Die Tageszeitung: taz. 30. Juni 2019, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 11. Juli 2019]).
- Martin Niewendick: Antisemitismus: Dervis Hizarci über den Kampf gegen Diskriminierung. 20. Februar 2019 (welt.de [abgerufen am 11. Juli 2019]).
- Türkischer Muslim kämpft gegen Judenhass: Dervis Hizarci auf dem Fußballfeld und im Konferenzsaal | Leben | SWR2. 25. Januar 2019, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2019; abgerufen am 11. Juli 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Jérôme Lombard: »Wir haben ein Antisemitismusproblem« (neues deutschland). Abgerufen am 11. Juli 2019.
- Vom guten Zusammenleben. In: sueddeutsche.de. 2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 11. Juli 2019]).
- Dervis Hizarci: Aufstehen gegen den Hass. 22. November 2018, abgerufen am 11. Juli 2019.
- Europe’s Jews must reject far right ‘friends’. Abgerufen am 11. Juli 2019 (amerikanisches Englisch).
- Interview von Susanne Klein: "Was hast du gerade gesagt?" In: sueddeutsche.de. 2018, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 11. Juli 2019]).