Deborah (Händel)
Deborah (HWV 51) ist ein Oratorium in drei Teilen von Georg Friedrich Händel (Musik) mit einem Libretto von Samuel Humphreys. Die Uraufführung fand am 21. Februar 1733 im King’s Theatre am Haymarket in London statt.
Werkdaten | |
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Originaltitel: | Deborah |
Titelblatt des Librettos, London 1744 | |
Form: | Oratorium in drei Teilen |
Originalsprache: | Englisch |
Musik: | Georg Friedrich Händel |
Libretto: | Samuel Humphreys |
Literarische Vorlage: | Bibel, Buch der Richter |
Uraufführung: | 21. Februar 1733 |
Ort der Uraufführung: | King’s Theatre am Haymarket, London |
Ort und Zeit der Handlung: | Israel zur Zeit der Richter |
Personen | |
Handlung
Die Handlung des Oratoriums basiert auf Erzählungen der Bibel im 4. und 5. Kapitel des Buchs der Richter. Sie spielt an einem einzigen Tag. Nach zwanzigjähriger Fremdherrschaft der Israeliten durch die Kanaaniter sagt die Prophetin Deborah den Tod des gegnerischen Heerführers Sisera durch die Hand einer Frau voraus. Die Kanaaniter werden in einer Schlacht besiegt, und die Israelitin Jael tötet den schlafenden Sisera in seinem Zelt.
Erster Teil
Erste Szene (Nummern 1 bis 13). Die Ouvertüre beschreibt zunächst musikalisch den Konflikt zwischen Israeliten und Kanaanitern. Im Chor „Immortal Lord of earth and skies“ („Du Gott der Macht, du Gott der Kraft“[1]) bekräftigen die Israeliten ihr Vertrauen auf Gott. Die Richterin Deborah ernennt nun Barak, den Sohn des Abinoam, zum Feldherrn. Zum Sieg brauche er sich nur auf Gott zu verlassen und seiner Inspiration zu folgen. Der Chor bestätigt dies („Forbear thy doubts!“ / „Wirf ab die Scheu!“) und ruft zu den Waffen. Barak nimmt den Auftrag an. Nach einem weiteren Gebet um Gottes Hilfe prophezeit Deborah, dass der Anführer der Kanaaniter durch die Hand einer Frau umkommen werde. Barak lobt die Frauen, die den gleichen Ruhm verdienen wie die Männer.
Zweite Szene (Nummern 14 bis 17). Die Israelitin Jael tritt auf und bittet um ein Ende der Gewalt. Deborah sieht in einer Vision, wie Jael von Engeln umgeben und geschützt wird („Choir of angels, all around thee“ / „Rings umlagern Engelschaaren“). Sie werde durch ihre Tugend noch an diesem Tag zum Stolz ihres Geschlechts werden. Jael beschreibt ihre Freude in der Arie „To joy He brightens my despair“ („Er kehrt in Freude Angst und Pein“).
Dritte Szene (Nummern 18 bis 22). Abinoam ist stolz auf seinen Sohn Barak und rät ihm, sich sowohl auf den Sieg als auch auf den Tod vorzubereiten, sich tugendhaft zu verhalten und alles übrige dem Himmel zu überlassen. Barak ist bereit zum Kampf: „All danger disdaining, For battle I glow“ („Alle Gefahr verachtend brenne ich für die Schlacht“).
Vierte Szene (Nummern 23 bis 25). Ein Herold vom gegnerischen Lager Siseras erscheint und bietet Verhandlungen an. Barak weist ihn zurück. Die Israeliten sind jetzt zum Kampf gerüstet.
Fünfte Szene (Nummern 26 bis 28). Deborah und Barak drücken ihre Zuversicht aus. Der erste Teil endet mit einem hoffnungsvollen Dankgebet des Chores.
Zweiter Teil
Erste Szene (Nummer 25). Deborah, Barak, Abinoam, Jael und die Israeliten erwarten den Angriff Siseras auf dem Berg Tabor. Ein Chor israelitischer Priester und ein Chor von Baalspriestern des Gegners unterstützen jeweils ihre Leute.
Zweite Szene (Nummern 26 bis 49). Sisera fordert die Israeliten auf, sich zu unterwerfen („At my feet extended low“ / „Tief vor mir zum Staub gebeugt“). Deborah weist dies zurück, da Gott selbst sein Feind sei („In Jehova’s awful sight“ / „Vor Jehova ist die Pracht“). Es folgt ein Wortstreit zwischen Sisera und Barak über die die Macht ihrer Götter Jehova und Baal, der von den Chören der Baalspriester und der Israeliten sowie ihren jeweiligen Hohepriestern aufgenommen wird und den Höhepunkt der Handlung darstellt. Deborah warnt Sisera vor dem Zorn Gottes und schickt ihn und seine Leute fort. Barak und die Israeliten sind nun zum Kampf entbrannt: „The great King of Kings will aid us today“ („Der Herrscher der Welt, er befreit uns heut“).
Dritter Teil
Erste Szene (Nummern 50 bis 52). Nach einer großen militärischen Symphonie kehren die siegreichen Israeliten von der Verfolgung der Kanaaniter zurück. Die Baalspriester wurden gefangen genommen. Der Chor feiert mit den Worten „Now the proud insulting foe Prostrate in the dust lies low“ („Nun des bittern Todes Raub, Liegt der stolze Held im Staub“).
Zweite Szene (Nummern 53 und 54). Abinoam begrüßt erleichtert seinen Sohn Barak, der seine kriegerische Aufgabe erfüllt hat.
Dritte Szene (Nummern 55 bis 65). Jael überbringt die Nachricht, dass Sisera tot sei. Die Baalspriester beklagen ihren Anführer mit den Worten „Doleful tidings, how ye wound!“ („Weh, dahin ist unser Hort!“). Nach Baraks Aufforderung erzählt Jael nun, wie Sisera nach dem verlorenen Kampf in ihr Haus geflüchtet war. Nachdem sie ihn mit Milch erfrischt hatte, sei er eingeschlafen. Sie habe dann Nagel und Hammer ergriffen und ihn durch die Schläfe an den Boden genagelt. Eine triumphierende Arie („Tyrant, now no more we dread thee“ / „Wüthrich! nicht mehr scheut dies Land dich“) beendet ihren Bericht. Deborah und Barak rühmen ihre Tat. Das Oratorium endet in einem Jubelchor („Let our glad songs to Heav’n ascend“ / „Zum Himmel auf schall’ unser Chor“) mit einem „Alleluja“.
Entstehung
Zur Entstehungszeit des Oratoriums hatte Händel durch den Wettbewerb mit der Konkurrenz-Operngesellschaft Opera of the Nobility („Adelsoper“), die im Juni 1733 gegründet worden war, große finanzielle Probleme mit seinem Opernunternehmen. Diese sollten durch die Einführung groß angelegter englischsprachiger Oratorien gemildert werden, wozu der Erfolg von Esther im vorangegangenen Jahr ermutigte. Die Partitur von Deborah schuf Händel im Januar und Februar 1733 in großer Eile. Er verwendete dazu Teile früherer Werke. Das Oratorium ist daher ein sogenanntes Pasticcio. Es war bereits am 21. Februar fertiggestellt, so dass noch drei Wochen für die Proben blieben. Händels Hoffnung auf Erfolg war so groß, dass er für die szenische Uraufführung 1733 im Londoner Haymarket-Theater mit den damaligen Opernstars und hundert Mitwirkenden die Eintrittspreise für die Orchestersitze und die Logenplätze verdoppelte. Das führte zu öffentlichen Protesten und zum Widerstand der Abonnenten. Das Werk war beim Publikum beliebt, jedoch finanziell nur mäßig erfolgreich. Dennoch wurde es in den folgenden Jahren mehrfach wieder aufgeführt. Erst die Aufführung von Athalia in Oxford konnte die finanziellen Verluste wieder ausgleichen.
Gestaltung
Das Libretto des Oratoriums schrieb Händels Angestellter Samuel Humphreys. Dieser hatte zuvor die englischen Übersetzungen der im King‘s Theatre aufgeführten italienischen Opern ausgeführt und bei der Überarbeitung des Textes der Neufassung von Esther mitgewirkt. Der biblische Text aus dem Buch der Richter wurde von ihm weiterentwickelt. Das betraf insbesondere die Rollen von Baraks Vater Abinoam, des kanaanitischen Herolds und des israelitischen Volks. Jael ist hier nicht die Frau des Keniters Heber, sondern eine Gefährtin Deborahs.
Für die Musik von Deborah verwendete Händel Teile früherer Werke. Es ist also ein sogenanntes Pasticcio. Einzelne Sätze stammen aus der Brockes-Passion (1716), aus Il trionfo del Tempo e del Disinganno (1707), dem Dixit Dominus (1707), der dramatischen Kantate Aci, Galatea e Polifemo (1708) und der Ode for the Birthday of Queen Anne (1713). Die drei Schlusschöre basieren auf den Anthems, so auch der Eingangschor „Immortal Lord of earth and skies“, der dem Chandos Anthem Nr. 9 „O praise the Lord with one consent“ von 1717/18 entspricht.
Auffällig ist der große Aufwand in der Besetzung. So sind einige der Chöre achtstimmig (doppelchörig), und es gibt groß angelegte Orchestereffekte mit Trompeten und Pauken. Das Orchester sieht neben den Oboen- und Streicher-Ensembles drei Waldhörner, drei Trompeten mit Pauken und zwei Orgeln vor. Zum Oboen-Ensemble gehören hier zwei Fagotte. Bei den Streichern sind die Violinen gelegentlich dreifach und die Violen zweifach geteilt.
Aufführungsgeschichte und Diskografie
Im Uraufführungsjahr 1733 wurde das Werk insgesamt sechsmal in London aufgeführt und anschließend auch in Oxford gegeben. In den folgenden Jahren wurde es mehrfach wieder aufgeführt. Die letzte Aufführung zu Händels Lebzeiten fand 1756 im Covent Garden Theatre statt. Die Besetzung der Uraufführung war:
- Deborah – Anna Maria Strada del Pó (Sopran)
- Barak – Senesino (Altkastrat)
- Abinoam und Hohepriester der Israeliten – Antonio Montagnana (Bass)
- Sisera – Francesca Bertolli (Alt)
- Jael und eine Israelitische Frau – Celeste Gismondi (Sopran)
Inzwischen gibt es mehrere CD-Aufnahmen des Werks:[2]
- Hyperion 66841 (1994): Choir of New College, Oxford, Salisbury Cathedral Choristers, King’s Consort London, Leitung: Robert King mit Yvonne Kenny (Deborah), James Bowman (Barak), Michael George (Albinoam), Catherine Denley (Sisera), Susan Gritton (Jael), Adrian Peacock (Israelischer Priester), Colin Campbell (Baal-Priester) und Mark Milhofer (Herold).
- Naxos 554785-87 (2001): Barockorchester Frankfurt, Junge Kantorei, Leitung: Joachim Carlos Martini mit Elisabeth Scholl (Deborah), Natacha Ducret (Jael), Lawrence Zazzo (Barak), Ewa Wolak (Sisera), Knut Schoch (Herold) und Jelle S. Draijer (Abinoam, Priester). Bei dieser Aufnahme handelt es sich um einen Live-Mitschnitt.
Literatur
- Hans Joachim Marx: Händels Oratorien, Oden und Serenaten: ein Kompendium, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1998, ISBN 3-525-27815-2.
Weblinks
- Deborah, HWV 51: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
- Partitur als Digitalisat in der Händel-Werkausgabe von Friedrich Chrysander (1869).
- Englisches Libretto als Volltext bei der Universität Stanford, abgerufen am 9. September 2014.
- Begleittext mit Libretto in französisch, englisch und deutsch zur CD von Hyperion, abgerufen am 9. September 2014.
- Begleittext zur CD von Naxos, abgerufen am 23. Januar 2023.
Einzelnachweise
- Deutsche Fassung des Librettos, wie sie in Chrysanders Ausgabe abgedruckt ist.
- Diskografie bei Allmusic, abgerufen am 9. September 2014.