De drei Vügelkens
De drei Vügelkens (Die drei Vögelchen) ist ein Märchen (ATU 707). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 96 (KHM 96) auf Plattdeutsch.
Inhalt
Drei Kuhhirtinnen am Köterberg, Schwestern, sehen den König mit zwei Ministern zur Jagd reiten und wollen unbedingt nur sie heiraten. Der König hört das und erfüllt ihren Wunsch, denn sie sind sehr hübsch. Er freit die älteste und schönste Schwester. Sie bekommen einen Sohn mit einem roten Stern, noch einen Sohn und eine Tochter. Doch leider ist der König jeweils grade verreist. Die Schwestern aber bekommen keine Kinder und werfen die Kinder in die Weser, wobei jeweils ein singender Vogel auffliegt. Dem König sagen sie, die Königin hätte junge Hunde und eine Katze geboren. Nach der dritten vermeintlichen Tiergeburt ist die Geduld des Königs am Ende: Er lässt seine Frau ins Gefängnis werfen.
Ein Fischer rettet die Kinder jeweils aus dem Fluss und da er und seine Frau kinderlos sind, nehmen sie sie auf. Die Kinder wachsen zusammen heran. Als der Älteste eines Tages von anderen Kindern von seinem Schicksal erfährt, geht er seinen leiblichen Vater suchen. Er begegnet einer alten Fischerin, die ihn über ein großes Wasser trägt. Nachdem er ein Jahr lang nicht zurückkehrt, folgt ihm der zweite Sohn. Auch ihn trägt die Fischerin über das Wasser. Nachdem auch er nicht zurückkehrt, möchte die Tochter ihre beiden Brüder suchen. Die Fischerin trägt auch sie hinüber. Da die Tochter freundlich zu der Fischerin ist, zeigt diese ihr den Weg. Noch dazu erhält sie von ihr eine Rute und den Rat, an einem großen schwarzen Hund schweigend, ohne zu lachen oder ihn anzusehen, vorüberzugehen. Weiterhin soll sie an der Schwelle eines Schlosses die Rute fallen lassen und geradewegs hindurchgehen. Dort wächst ein Baum aus einem alten Brunnen heraus. In seinen Zweigen hängt ein Vogel in einem Käfig. Diesen sowie ein Glas Wasser soll sie mitnehmen, denselben Weg wieder zurückgehen, die Rute wieder aufnehmen und auf dem Rückweg den Hund ins Gesicht schlagen. Auf dem Rückweg findet sie ihre Brüder, die erfolglos die halbe Welt durchsucht haben. Sie befolgt den Rat der Fischerin und schlägt mit der mitgenommenen Rute den Hund, der sich in einen schönen Prinz verwandelt. Er geht mit ihnen bis zum Wasser. Die Fischerin freut sich, dass alle wieder da sind, und trägt sie wieder hinüber. Danach verlässt sie den Fluss, denn sie ist nun auch erlöst. Bei ihrem Pflegevater, dem Fischer, angekommen, freuen sich alle über ihr Wiedersehen. Der Vogel im Käfig wird an die Wand gehängt.
Zufällig gehen der König und der zweite Sohn gleichzeitig auf die Jagd. Der König herrscht den Sohn an, wer ihm das Jagen erlaubt hätte und lässt sich von ihm zu dessen Pflegevater führen. Dieser erzählt dem König die ganze Geschichte. Das Vögelchen beginnt ein Lied zu singen, in welchem es die Missetat der Königsschwestern enthüllt. Daraufhin begeben sich alle zum Königsschloss, wo der König seine mittlerweile kranke und ausgezehrte Frau wieder frei lässt. Ihre Tochter heilt sie mit dem Wasser und heiratet den Prinzen. Die bösen Schwestern werden verbrannt.
Herkunft
Das Märchen steht in den Kinder- und Hausmärchen ab dem zweiten Teil der 1. Auflage 1815 (da Nr. 10) an Stelle 96 (es existiert auch eine Handschrift von Grimm und eine von Ludowine von Haxthausen). Grimms Anmerkung beschreibt den Köterberg, um den sechs Dörfer liegen, woher das Märchen stammt (laut einem Brief Wilhelm Grimms fragten sie einen Schäfer). Das „Helo! Helo!“ der Schwestern ist dort übliche Verständigung unter Hirten. Sie vergleichen Märchen bei Wolf, Meier, Pröhle und vor allem Die Geschichte der zwei neidischen Schwestern aus 1001 Nacht (Nacht 756) und Ancilotto Re di Prouino bei Straparola (4,3). Letzteres ähnelt auch la Belle-Etoile bei Aulnoy und ungarisch bei Gaal Nr. 16. Sie betonen die Unabhängigkeit der deutschen Überlieferung, die bald mehr mit der arabischen, bald mit der italienischen übereinstimmt. Der Vogel und die Lilie sind der unsterbliche Geist, vgl. KHM 9, 47, zum Wasser des Lebens vgl. KHM 97. Vgl. später in Bechsteins Deutsches Märchenbuch Nr. 65 Die Knaben mit den goldnen Sternlein.
Der Satz des Königs „Was Gott tut, das ist wohlgetan“, der in die Druckfassung eingefügt wurde, spielt laut Hans-Jörg Uther auf das so lautende Kirchenlied von Samuel Rodigast an.[1]
Im 19. Jahrhundert mündlich überlieferte Texte mit einem heilenden Vogel gehen wohl meist auf eine Fassung Christoph Wilhelm Günthers von 1787 zurück.[2]
Grimms Hinweis auf Wolf bezieht sich wahrscheinlich auf Die drei Königskinder. Es wurde auch unter diesem Titel verfilmt (Die drei Königskinder, 2019).
Literatur
- Jacob Grimm, Wilhelm Grimm: Kinder- und Hausmärchen. Mit einem Anhang sämtlicher, nicht in allen Auflagen veröffentlichter Märchen und Herkunftsnachweisen. Hrsg.: Henz Rölleke. 1. Auflage. Band 3: Originalanmerkungen, Herkunftsnachweise, Nachwort. Reclam, Stuttgart 1980, ISBN 3-15-003193-1, S. 186–188, 483–484.
- Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den „Kinder- und Hausmärchen“ der Brüder Grimm. Entstehung, Wirkung, Interpretation. De Gruyter, Berlin / New York 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 219–221.
Einzelnachweise
- Hans-Jörg Uther: Handbuch zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. de Gruyter, Berlin 2008, ISBN 978-3-11-019441-8, S. 219–221.
- Willem de Blécourt: Vogel, Pferd und Königstochter. In: Enzyklopädie des Märchens. Band 14, De Gruyter, Berlin/Boston 2014, ISBN 978-3-11-040244-5, S. 284.
Siehe auch
- Die symbolische Bedeutung der Zahl Drei in den Märchen.