Datenspende

Die Datenspende – hier in Bezug auf Gesundheitsdaten – beinhaltet die freiwillige, auf Altruismus beruhende Zurverfügungstellung von persönlichen Gesundheitsdaten für Zwecke, die der Nutzer selbst bestimmen kann, z. B. für die wissenschaftliche Forschung.[1][2][3] Gesundheitsdaten stellen dabei ein sehr sensibles, höchst schützenswertes Gut dar, das strengen juristischen Regulierungen im Sinne des Gesundheitsdatenschutzes unterliegt.[4] Der Begriff wurde erstmals in Deutschland durch Dr. Matthieu-P. Schapranow, Hasso-Plattner-Institut im Rahmen einer Podiumsdiskussion anlässlich des Weltkrebstages 2016 verwendet[5]. Dabei wurde anhand des Beispiels onkologischer Erkrankungen ein Datenspendeausweis analog zum Organspendeausweis beschrieben, der zur (digitalen) Selbstverwaltung persönlicher Gesundheitsdaten sowie deren Nutzbarmachung, u. a. für Forschungszwecke, dienen soll.[6][7]

Die Sekundärnutzung gesundheitsrelevanter Daten sowie Erkenntnissen aus der klinischen, der epidemiologischen und der Versorgungsforschung bietet hierbei ein großes Potential für Gesundheitsversorgung, Forschung und Entwicklung.[8]

Begriffsdefinition

Die Datenspende, eine freiwillige Bereitstellung persönlicher Daten (hier bezogen auf Gesundheitsdaten), bezieht sich auf die freiwillige Bereitstellung oder das Teilen von persönlichen Gesundheitsdaten für Forschungszwecke oder zur Verbesserung von Gesundheitsdienstleistungen, ohne davon einen direkten persönlichen Nutzen oder Vorteil zu erhalten.[8][9] Gesundheitsdaten bezeichnen dabei entsprechend Art. 4 Nr. 15 DSGVO „personenbezogene Daten, die sich auf die körperliche oder geistige Gesundheit einer natürlichen Person, einschließlich der Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, beziehen und aus denen Informationen über deren Gesundheitszustand hervorgehen“.[10][11]

Der Begriff Spende impliziert dabei eine zumeist unentgeltliche Überlassung von Daten, wobei im Einzelfall auch eine Aufwandsentschädigung möglich ist.[12][9] Die Konstruktion der Datenspende, oft auch als Datenaltruismus[13] bezeichnet, wurde auf Vorschlag des Deutschen Ethikrates eingeführt.[8][14] Dieses Konzept erinnert dabei an die Systematik und den altruistischen Charakter der Organspende, indem es die freiwillige und selbstlose Überlassung persönlicher Informationen für das Gemeinwohl hervorhebt.

Datenspendebereitschaft

Die Bereitschaft der deutschen Bevölkerung zur Datenspende variiert, kann aber als relativ hoch bewertet werden.[2] So ergab eine im August 2019 durchgeführte Umfrage des Forschungsinstituts forsa Politik- und Sozialforschung GmbH eine grundsätzlich positive Haltung gegenüber einer Datenspende für die medizinische Forschung von 79 % der Befragten.[15]

Datenspende während der COVID-19-Pandemie

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie wurde sehr deutlich erkannt, dass medizinische Daten schnell und umfassend zur epidemiologischen Forschung verfügbar sein müssen.[16][17] Der Forschung standen u. a. Daten von Suchmaschinen (Infodemiologie[18][19]) oder dem deutschen Robert Koch-Institut (RKI)[20] bei Bedarf zur Verfügung.[21]

Darüber hinaus wurden Versuche unternommen, weitere Gesundheitsdaten direkt von der Bevölkerung zu erhalten.[22] Ein Beispiel dafür bildete die Corona-Datenspende-App[23][24] des RKI.[25][26][27][28]

Bessere Datenverfügbarkeit in der EU – Schaffung eines Europäischen Gesundheitsdatenraums (EHDS):

Die elektronische Patientenakte (ePA):

Das Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG):

Das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten – das Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG):

Das AVATAR-Projekt, ein BMBF-Projekt zur Anonymisierung persönlicher Gesundheitsdaten durch Erzeugung digitaler Avatare:

Einzelnachweise

  1. Wiebke Lesch, Gesine Richter, Sebastian C. Semler: Daten teilen für die Forschung: Einstellungen und Perspektiven zur Datenspende in Deutschland. In: Datenreiche Medizin und das Problem der Einwilligung: Ethische, rechtliche und sozialwissenschaftliche Perspektiven. Springer, Berlin, Heidelberg 2022, ISBN 978-3-662-62987-1, S. 211–226, doi:10.1007/978-3-662-62987-1_11.
  2. Strech D, Kielsmansegg S, Zenker S, Krawczak M, Semler S: Wissenschaftliches Gutachten „Datenspende“ – Bedarf für die Forschung, ethische Bewertung, rechtliche, informationstechnologische und organisatorische Rahmenbedingungen. Hrsg.: Bundesministerium für Gesundheit, Berlin. Bd 1.1. Berlin 30. März 2020.
  3. Strech D, Kielsmansegg S, Zenker S, Krawczak M, Semler S: „Datenspende“ – Bedarf für die Forschung, ethische Bewertung, rechtliche, informationstechnologische und organisatorische Rahmenbedingungen. Abgerufen am 15. Januar 2024.
  4. Stiftung Datenschutz: Umgang mit besonderen Datenkategorien. Abgerufen am 9. Januar 2024.
  5. Hasso-Plattner-Institut: Krebsbehandlung: „Eigentumsfrage bei medizinischen Daten klären“. Abgerufen am 29. Januar 2024.
  6. Dr. Matthieu-P. Schapranow: Datenspendeausweis für mündige Bürger. In: Wiley (Hrsg.): Management & Krankenhaus. Band 35, Nr. 9, September 2016.
  7. Dr. Matthieu-P. Schapranow: Wie KI die Krebsbehandlung verbessert. In: pn Verlag (Hrsg.): Krankenhaus Technik + Management. März 2020, S. 1820.
  8. „Datenspende“ – Bedarf für die Forschung, ethische Bewertung, rechtliche, informationstechnologische und organisatorische Rahmenbedingungen. Abgerufen am 8. Januar 2024.
  9. Fruzsina Molnár-Gábor: Ausgestaltung der Einwilligung in die Datenspende für die Gesundheitsforschung. In: Datenschutz und Datensicherheit - DuD. Band 45, Nr. 12, 1. Dezember 2021, ISSN 1862-2607, S. 799–805, doi:10.1007/s11623-021-1540-0 (doi.org/10.1007/s11623-021-1540-0 [abgerufen am 11. Januar 2024]).
  10. Stiftung Datenschutz: Gesundheits­daten. Abgerufen am 11. Januar 2024.
  11. Art. 4 DSGVO – Begriffsbestimmungen. In: Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Abgerufen am 11. Januar 2024 (deutsch).
  12. Kerina H. Jones: Incongruities and Dilemmas in Data Donation: Juggling Our 1s and 0s. In: The Ethics of Medical Data Donation (= Philosophical Studies Series). Springer International Publishing, Cham 2019, ISBN 978-3-03004363-6, S. 75–93, doi:10.1007/978-3-030-04363-6_5 (springer.com [abgerufen am 9. Januar 2024]).
  13. Data Governance Act erklärt | Gestaltung der digitalen Zukunft Europas. Abgerufen am 12. Januar 2024.
  14. Ethikrat, Deutscher. "Big Data und gesundheit–Datensouveränität als informationelle Freiheitsgestaltung." Vorabfassung vom 30 (2017): 2017. In: https://www.ethikrat.org/fileadmin/Publikationen/Stellungnahmen/deutsch/stellungnahme-big-data-und-gesundheit.pdf. Abgerufen am 11. Januar 2024.
  15. Daten teilen für die Forschung: Einstellungen und Perspektiven zur Datenspende in Deutschland. Abgerufen am 31. Januar 2024.
  16. Sekundärnutzung von Patientinnen- und Patienten-Daten zu Forschungszwecken in Deutschland – Anmerkungen des Arbeitskreises medizinischer Ethikkommissionen der Bundesrepublik Deutschland e.V. (AKEK). In: https://www.akek.de/wp-content/uploads/Stellungnahme-EHDS_V7.1.pdf. Arbeitskreis medizinischer Ethikkommissionen der Bundesrepublik Deutschland e.V. (AKEK), abgerufen am 12. Januar 2024.
  17. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Dateninfrastruktur: Ein Baustein gegen COVID-19. 12. März 2021, abgerufen am 10. Januar 2024.
  18. Gunther Eysenbach: Infodemiology and Infoveillance: Framework for an Emerging Set of Public Health Informatics Methods to Analyze Search, Communication and Publication Behavior on the Internet. In: Journal of Medical Internet Research. Band 11, Nr. 1, 27. März 2009, ISSN 1438-8871, S. e11, doi:10.2196/jmir.1157, PMID 19329408 (10.2196/jmir.1157 [abgerufen am 9. Januar 2024]).
  19. Artur Strzelecki, Anne Meinzenbach, Michael Zieger: Infodemic and infodemiology in public health: Similarities and differences. In: Healthcare Analytics. Band 4, 1. Dezember 2023, ISSN 2772-4425, S. 100243, doi:10.1016/j.health.2023.100243 (sciencedirect.com [abgerufen am 11. Januar 2024]).
  20. RKI - Coronavirus SARS-CoV-2 - ARE-Wochenbericht, Pandemieradar, frühere COVID-19-Wochenberichte. Abgerufen am 10. Januar 2024.
  21. Edgar Steiger, Tobias Mussgnug, Lars Eric Kroll: Causal graph analysis of COVID-19 observational data in German districts reveals effects of determining factors on reported case numbers. In: PLOS ONE. Band 16, Nr. 5, 27. Mai 2021, ISSN 1932-6203, S. e0237277, doi:10.1371/journal.pone.0237277, PMID 34043653 (plos.org [abgerufen am 10. Januar 2024]).
  22. Oliver Amft, Luis Ignacio Lopera Gonzalez, Paul Lukowicz, Sizhen Bian, Paul Burggraf: Wearables to Fight COVID-19: From Symptom Tracking to Contact Tracing. In: IEEE Pervasive Computing. Band 19, Nr. 4, 1. Oktober 2020, ISSN 1536-1268, S. 53–60, doi:10.1109/mprv.2020.3021321 (doi.org/10.1109/mprv.2020.3021321 [abgerufen am 9. Januar 2024]).
  23. Monika Urban: „Toll. Ich bin froh dabei zu sein“. Studie zur Spende digitaler Körperdaten in der Corona-Krise. In: ZQF – Zeitschrift für Qualitative Forschung. Band 22, Nr. 2, 18. Februar 2022, ISSN 2196-2138, S. 224–241, doi:10.3224/zqf.v22i2.04 (doi.org/10.3224/zqf.v22i2.04 [abgerufen am 9. Januar 2024]).
  24. Dirk Brockmann: Corona-Datenspende | News & Analysen. Abgerufen am 31. Januar 2024.
  25. RKI - Coronavirus SARS-CoV-2 - Corona-Datenspende 2.0. Abgerufen am 10. Januar 2024.
  26. RKI - Coronavirus SARS-CoV-2 - Datenerhebung der Corona-Datenspende-App endet zum 31.12.2022. Abgerufen am 10. Januar 2024.
  27. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: RKI: Mehr als eine halbe Million Teilnehmer bei „Datenspende“-App. 6. Mai 2020, abgerufen am 11. Januar 2024.
  28. Marc Wiedermann, Annika H Rose, Benjamin F Maier, Jakob J Kolb, David Hinrichs, Dirk Brockmann: Evidence for positive long- and short-term effects of vaccinations against COVID-19 in wearable sensor metrics. In: PNAS Nexus. Band 2, Nr. 7, Juli 2023, ISSN 2752-6542, doi:10.1093/pnasnexus/pgad223, PMID 37497048 (doi.org/10.1093/pnasnexus/pgad223 [abgerufen am 11. Januar 2024]).

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