Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe

Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) mit Sitz in Peine war ein auf Planung, Erkundung, Errichtung und Betrieb von Anlagen zur Sicherstellung und Endlagerung radioaktiver Abfälle spezialisiertes Unternehmen. Es wurde 1979 gegründet und ging 2017 zusammen mit der Asse-GmbH und Teilen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) in die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbh (BGE) über[2].

Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH
Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1979
Auflösung 2017
Auflösungsgrund Übergang in die BGE
Sitz Peine, Deutschland
Leitung Thomas Lautsch, Borries Raapke
Mitarbeiterzahl 897 (2012)[1]
Umsatz EUR 138,8 Mio. (2012)[1]
Branche Kerntechnik
Website www.dbe.de
BW

Hintergrund

Das Unternehmen betreute die Offenhaltung und Betriebsführung des Erkundungsbergwerks Gorleben, der Schachtanlage Konrad sowie die Betriebsführung und Vorbereitung der Stilllegung des Endlagers für radioaktive Abfälle in Morsleben (ERAM). Über die Tochter DBE Technology war das Unternehmen zudem mit Projekten rund um die Entsorgung radioaktiver Abfälle beauftragt.

Die DBE wurde 1979 als 100 % mittelbares, bundeseigenes Unternehmen gegründet[3] und im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesamt für Strahlenschutz, tätig. Dazu war es mit Sonderrechten ausgestattet. Rechtsgrundlage war §9a Abs. 3 Atomgesetz (AtG).[3] Das Unternehmen wurde schrittweise privatisiert: 1984 wurden deutsche Energieversorgungsunternehmen Gesellschafter, zunächst mit 25 % über die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK). 1990 übernahm die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS), deren Gesellschafter die deutschen Betreiber von Kernkraftwerken sind,[4] die Anteile der DWK und erhöhte ihren Anteil bis 2001 sukzessive auf 75 %. Nur noch 25 % des Kapitals gehörten der bundeseigenen Energiewerke Nord. Seit 2017 gehört die DBE zu 100 % der bundeseigenen Bundesgesellschaft für Endlagerung.[5]

DBE Technology

Die Ingenieurgesellschaft DBE Technology GmbH mit Sitz in Peine war ein 100-%-Tochterunternehmen der DBE. Sie wurde im Jahr 2000 gegründet und dient der Tätigkeit außerhalb der vom Bund übertragenen Aufgaben in nationalen und internationalen Projekten bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle.

Schwerpunkte der DBE Technology lagen in den Bereichen Endlagerung radioaktiver Stoffe, Entwicklung von Entsorgungsstrategien und Planung von Entsorgungsmaßnahmen, Bergbau, Kavernenbau, Tunnelbau und Tiefbau. Der Umsatz der Tochter betrug im Geschäftsjahr 2012 rund 6,7 Mio. Euro.[6] Am 21. Juni 2018 wurde die DBE Technology zur BGE Technology.[7]

Betreute Objekte

Salzstock Gorleben

Zur Untersuchung des Salzstockes Gorleben hinsichtlich seiner Eignung als Endlagerstandort für alle Arten radioaktiver Abfälle hatte die DBE seit 1979 ein geowissenschaftliches Programm abgewickelt. Aufgrund der Konsensvereinbarung vom Juni 2000 wurde für Gorleben ein Moratorium (Erkundungsunterbrechung) für einen Zeitraum von drei bis zehn Jahren vereinbart. Im Herbst 2020 teilte die Bundesgesellschaft für Endlagerung in ihrem "Zwischenbericht Teilgebiete" mit, dass der Salzstock Gorleben sich nicht für ein Endlager für hochradioaktive Abfälle eignet und das Bergwerk nicht weiter untersucht wird.

Geplantes Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle in der Schachtanlage Konrad

Im ehemaligen Eisenerzbergwerk Konrad (Schacht Konrad) wurde von 1976 bis 1982 ein Erkundungs- und Untersuchungsprogramm zur Eignungsaussage für die Endlagerung von radioaktiven Abfällen mit geringer Wärmeentwicklung durchgeführt. Das danach eingeleitete Planfeststellungsverfahren wurde am 22. Mai 2002 abgeschlossen. Nach letztinstanzlicher Bestätigung der Entscheidung für Konrad wurde mit der Errichtung der technischen Anlagen für die Endlagerung und die Einlagerungskammern begonnen. Eine erste Einlagerung war im Jahr 2008 für 2013 geplant.[8] Nach Meldung der DBE wurde 2010 von einer Fertigstellung und Inbetriebnahme nicht vor 2019 ausgegangen.[9] Die Staatsanwaltschaft Bochum und das Bundeskartellamt untersuchten 2013 den Verdacht einer Kartellbildung von Bergbauspezialfirmen zum Schaden von DBE nach einer behördlich genehmigten Ausschreibung.[10][11]

Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle Morsleben (ERAM)

Die Schachtanlage Bartensleben (Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben) wurde 1970 aus zehn Salzbergwerken für eine Nachnutzung als Endlager für radioaktive Abfälle ausgewählt. Von 1971 an wurden bis zur Einstellung der Einlagerung im Jahre 1998 insgesamt 36.752 m³ radioaktive Abfälle und 6.621 Strahlenquellen endgelagert. Die Kosten für die Schließung der Grube werden auf 2,2 Milliarden Euro geschätzt.[12]

Kritik

Laut Kritikern beinhalteten die Verträge zur Entsorgung radioaktiven Abfall viele zugesicherte Privilegien, die aus der Zeit stammten, als das Unternehmen noch als Bundesunternehmen tätig war: sichere Umsätze mit garantierten Gewinnen, faktische Unkündbarkeit und Stillschweige-Klausel in einem geheimen Kooperationsvertrag. Als ab 1984 private Gesellschafter einstiegen, seien diese Verträge nicht geändert worden. Die Entsorgung beschere den vier großen Energiekonzernen E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall Europe daher angesichts der einseitigen Vertragslage eine hohe Rendite.[13][14] Die Kritiken gaben 2008 Anlass für eine parlamentarische Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.[3] Der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel forderte am 21. April 2009, die DBE in ein staatliches Unternehmen zurück zu überführen, weil er eine Verflechtung unterschiedlicher Interessen sah.

Trivia

Die Deutsche Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH (DBE) versuchte 1982 den Filmregisseur Rainer Boldt in den Vorbereitungen zu seinem Film „Im Zeichen des Kreuzes“ zu beeinflussen, der von einer Kontamination von Dorfbewohnern nach einem Verkehrsunfall handelt, in dem sie ihm schriftlich darüber informierte, dass der seinem Fernsehfilm „zugrunde liegende Zusammenhang und die sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht nur theoretisch ausgeschlossen werden können, sondern auch praktisch undenkbar sind“.[15] In der Folge versagten mehrere Behörden und Einrichtungen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene die z. T. bereits schon zugesagte Unterstützung der Dreharbeiten.

Bundesgesellschaft für Endlagerung

Im Dezember 2017 hat die bundeseigene Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) alle Aufgaben der DBE und zugleich auch die Aufgaben der Asse-GmbH übernommen.

Einzelnachweise

  1. Konzernabschluss zum 31. Dezember 2012; einsehbar bei www.unternehmensregister.de; Zugriff am 20. Februar 2014
  2. BGE: Pressemitteilung Fusion Asse GmbH und DBE mbH mit BGE mbH. Abgerufen am 28. Oktober 2019.
  3. Tätigkeit der Deutschen Gesellschaft zum Bau und Betrieb von Endlagern für Abfallstoffe mbH. (pdf; 117 kB) Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Anna Lührmann, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/11121. Deutscher Bundestag, 8. Dezember 2008, abgerufen am 25. Oktober 2013.
  4. GNS, Firmenwebseite: Gesellschafter (Memento vom 27. März 2013 im Internet Archive), aufgerufen 18. Oktober 2013
  5. Geschichte der GNS
  6. Einzelabschluss zum 31. Dezember 2012; einsehbar bei www.unternehmensregister.de; Zugriff am 25. Oktober 2013
  7. Aus DBE Technology wird BGE Technology. BGE, 28. Juni 2018, abgerufen am 28. Oktober 2019 (Pressemitteilung).
  8. Bis zum genehmigten Endlager ein langer Weg. In: Pressemitteilungen. Bundesamt für Strahlenschutz, 15. Mai 2008, archiviert vom Original am 11. November 2011; abgerufen am 1. April 2011.
  9. M. Bauchmüller: Atommüll-Endlager wird nicht rechtzeitig fertig. Atompolitik: Schacht Konrad. sueddeutsche.de, 23. September 2010, abgerufen am 1. April 2011.
  10. M. Bauchmüller: Kartell der Unterwelt. In: Süddeutsche Zeitung, 20. Dezember 2013, abgerufen am 4. Februar 2014
  11. Kartellabsprache bei Schacht Konrad. DBE prüft Klage auf Schadenersatz (Memento des Originals vom 22. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.paz-online.de. In Peiner Allgemeine Zeitung, 20. Dezember 2013, abgerufen am 4. Februar 2014
  12. Merkels Altlast. In: Der Spiegel. Nr. 43, 2008, S. 46–48 (online).
  13. Endlager: Atom-Multis verdienen am eigenen Müll. In: Panorama. ARD, 22. Juli 2010, abgerufen am 28. März 2011.
  14. „Die Energiekonzerne verdienen kräftig mit an dem Atommüll, den sie zum großen Teil selbst verursacht haben.“
  15. Lohn der Angst. In: Spiegel Online. Band 16, 18. April 1983 (spiegel.de [abgerufen am 22. Dezember 2019]).

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