Düsseldorfer Zelle

Als Düsseldorfer Zelle wird eine Gruppe von drei mutmaßlichen al-Qaida-Mitgliedern und einem weiteren Mann bezeichnet, der als Unterstützer ihrer terroristischen Vereinigung fungiert haben soll. Drei von ihnen wurden am 29. April 2011 nach Hinweisen des US-Auslandsgeheimdienstes NSA und einer Phase behördlicher Überwachung von der GSG 9 der Bundespolizei in ihren Wohnungen in der Witzelstraße 24 in Düsseldorf-Bilk[1] und in der Hustadt von Bochum-Querenburg[2] festgenommen, der vierte Mann wurde später gefasst. Die Gruppe soll geplant haben, durch einen Sprengstoffanschlag ein Massaker anzurichten. Ihr wurde vom 25. Juli 2012[3][4][5] bis zum 13. November 2014 vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf der Prozess gemacht.

Festnahme

Nach Angaben von Hans-Georg Maaßen, damals Präsident des BfV, waren die Pläne von der National Security Agency (NSA) der USA mit dem Überwachungsprogramm PRISM aufgedeckt worden.[4][6][7] Das Bundeskriminalamt setzte die Sonderkommission „Komet“ ein, hörte Telefone ab, installierte Abhörgeräte in Wohnungen und Trojanische Pferde auf Rechnern und las E-Mails der Verdächtigten.[8]

Die vier Männer waren im Jahr des Prozessbeginns zwischen 21 und 32 Jahre alt.[5] Kopf der Gruppe war der in Marokko geborene Abdeladim el-K., der 2001 in Bochum Mechatronik studiert hatte und 2009 zwangsweise exmatrikuliert worden war. Laut den Ermittlungen soll er ab Januar 2010 in einem Ausbildungslager von al-Qaida im Grenzgebiet von Pakistan und Afghanistan gewesen und von dort im Mai 2010 nach Deutschland zurückgekehrt sein.[8] Die weiteren drei Angeklagten waren der deutsch-marokkanischer Elektriker Jamil S., der deutsch-iranische Gymnasiast Amid C., der während der Untersuchungshaft das Abitur ablegte, und der Student Halil S., der in Bochum Maschinenbau studierte.[8] Der Hauptangeklagte, der Elektriker und der Gymnasiast wurden am 29. April 2011 verhaftet; die Identität des vierten Mannes, des Maschinenbau-Studenten Halil S., war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Er wurde am 8. Dezember 2011 von der GSG 9 der Bundespolizei in seinem Wohnheim in Bochum gefasst.[8][9]

Verfahren in erster Instanz

Die Bundesanwaltschaft warf den vier Angeklagten vor, in Deutschland einen „aufsehenerregenden Terroranschlag“ geplant zu haben.[4][8] Laut Anklageschrift, die sich auch auf in der Düsseldorfer Wohnung sichergestellte Utensilien stützte,[10] wollten sie einen „Sprengsatz mit Splitterwirkung in einer großen Menschenmenge zünden“;[11] nach dem Eintreffen von Rettungskräften sollte eine zweite Bombe gezündet werden.[11]

In seinem Urteil vom 13. November 2014 bekam der Hauptangeklagte Abdeladim el-K. wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat eine Haftstrafe von neun Jahren. Ebenfalls wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung wurden Jamil S. zu sieben Jahren und Amid C. zu fünfeinhalb Jahren verurteilt. Der vierte Angeklagte, Halil S., erhielt eine Gesamtfreiheitsstrafe von viereinhalb Jahren u. a. wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.[12] Da Amid C. und Halil S. den größten Teil ihrer Haftstrafen bereits in Untersuchungshaft verbracht hatten, kamen sie nach der Urteilsverkündung unter Auflagen auf freien Fuß.[13]

Die Gerichtsverhandlungen zu dem Staatsschutzverfahren, die einem Hochsicherheitsgebäude des Oberlandesgerichts stattfanden, gingen über 163 Tage und bildeten damit – abgesehen vom NSU-Prozess – den bis dato aufwendigsten und längsten „Terrorprozess“ in Deutschland.[14]

Zweite Instanz

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Verteidiger der vier Angeklagten haben Revision eingelegt.[15] Die Verteidigung übernahmen die Rechtsanwältin Boos und die Rechtsanwälte Potzler und Pausch für den Angeklagten El-K., die Rechtsanwälte Strittmatter und Hagmann für den Angeklagten Jamil S.; Rechtsanwalt Eisel und Rechtsanwältin Dr. Lederer für den Angeklagten Amid C., die Rechtsanwälte Jäger und Weckmüller für den Angeklagten Halil S.

Künstlerische Rezeption

Der 2021 erschienene Roman Punktlandung von Ute-Christine Krupp basiert auf der Geschichte der „Düsseldorfer Zelle“.

Einzelnachweise

    1. Terrorverdächtiger lebte in der Witzelstaße: Die Spuren von Al Qaida in Bilk., Artikel vom 2. Mai 2011 im Portal rp-online.de, abgerufen am 10. August 2013
    2. Terror-Festnahme in der Bochumer Hustadt. (Memento des Originals vom 30. August 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.derwesten.de, Artikel vom 2. Mai 2011 im Portal derwesten.de, abgerufen am 10. August 2013
    3. Oberlandesgericht Düsseldorf: Nr. 20/2012 „Düsseldorfer Zelle“: Prozess beginnt am 25.07.2012. In: www.olg-duesseldorf.nrw.de. Abgerufen am 16. Juni 2016.
    4. Helene Bubrowski: Fahndungserfolg dank der NSA. In: faz.net vom 27. Juli 2013, abgerufen am 5. August 2013
    5. Bombenbauer auf Einkaufstour im Baumarkt, Welt online vom 15. November 2012, abgerufen am 5. August 2013
    6. Jörg Diehl: Düsseldorfer Qaida-Prozess: Dienstreise zum Terrorscheich, Spiegel Online vom 23. Juli 2013, abgerufen am 5. August 2013
    7. Prism sorgt für Wirbel in Al-Kaida-Prozess. Artikel vom 23. Juli 2013 im Portal berliner-zeitung.de, abgerufen am 10. August 2013
    8. Wolf Schmidt: Im Grillanzünder fehlte das Hexamin, taz online vom 21. Juli 2012, abgerufen am 5. August 2013
    9. „Brüder, lasst uns die Arbeit zu Ende führen!“ Artikel vom 8. Dezember 2011 im Portal welt.de, abgerufen am 10. August 2013
    10. Bombenlabor zwischen Zahnpasta und Klopapier. Artikel vom 15. Mai 2012 im Portal sueddeutsche.de, abgerufen am 10. August 2013
    11. Düsseldorfer Zelle hatte angeblich Ex-KSK-Chef im Visier@1@2Vorlage:Toter Link/www.afp.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., Agence France-Presse vom 2. August 2012, abgerufen am 5. August 2013
    12. Terrorismus: Hohe Haftstrafen in Prozess gegen Qaida-Anhänger. Artikel vom 13. November 2014 im Portal spiegel.de, abgerufen am 11. Dezember 2015
    13. Al-Kaida-Anhänger zu langen Haftstrafen verurteilt. Artikel vom 13. November 2014 im Portal handelsblatt.com, abgerufen am 11. Dezember 2015
    14. Urteil im Al-Kaida-Prozess um die „Düsseldorfer Zelle“ (Memento des Originals vom 22. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.derwesten.de. Artikel vom 13. April 2014 im Portal derwesten.de, abgerufen am 11. Dezember 2015
    15. Düsseldorfer Al-Kaida-Zelle: Revision vor Bundesgerichtshof. In: Westdeutsche Zeitung. 17. November 2014, abgerufen am 16. Juni 2016.
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